27.10.2015 Aufrufe

2015-01: TOP Magazin Dortmund | FRÜHJAHR

Weltmeister! Welttrainer! – Interview mit Jogi Löw c.t.c. – Mit Patrick Ovomoyela im „Carlos“ Tatort Dortmund zu negativ? Gespräch mit einem der „Macher“ Stöckeln will gelernt sein: Schule für High-Heel-Trägerinnen

Weltmeister! Welttrainer! – Interview mit Jogi Löw
c.t.c. – Mit Patrick Ovomoyela im „Carlos“
Tatort Dortmund zu negativ? Gespräch mit einem der „Macher“
Stöckeln will gelernt sein: Schule für High-Heel-Trägerinnen

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

GLOSSE<br />

WAS IST EINE RUHRPOTTPFLANZE?<br />

Seitdem wir in <strong>Dortmund</strong> unseren eigenen See haben, nutze ich jede Gelegenheit, um auswärtige Besucher dorthin zu führen. So verbrachte<br />

ich auch letzte Woche mit einer Kundin aus Köln die Mittagspause am Phönixsee, unter dem Vorwand, uns Bewegung verschaffen zu<br />

wollen. 3,2 km – das ist genug Zeit, um stolz auf die großzügigen Villen mit Seeblick, die passenden Edelkarossen davor und den Segelclub<br />

hinzuweisen und vor allem, um die Geschichte von der wunderbaren Metamorphose eines Stahlwerks zu einem modernen Wohn-und<br />

Freizeitparadies zu erzählen. Von der roten Flamme im Himmel vor meinem Kinderzimmerfenster, von der Werksbesichtigung im Studium<br />

und von den Waggons mit glühender Schlacke, die noch vor ein paar Jahren durch meinen Garten rumpelten.<br />

ähnlichen Worten. Dabei geht es meist<br />

um unser großes Herz, das am rechten<br />

Fleck sitzt, welches wir auf der Zunge tragen,<br />

das man hinter einer manchmal ruppigen<br />

Schale findet, das uns menschlich<br />

macht und liebenswert. Außerdem geht<br />

es um Loyalität, Ehrlichkeit und Verlässlichkeit<br />

und um unsere große Klappe,<br />

mit der wir zuweilen etwas bollerig, einfache,<br />

aber wichtige Wahrheiten verteilen.<br />

Bodenständig aber unprätentiös.<br />

Damit kann ich gut leben. Also ja. Ich<br />

bin eine Ruhrpottpflanze. Aber von<br />

Glanz und Glamour keine Spur. Unser<br />

Gold ist eben immer noch schwarz.<br />

Thomas-Birne auf der Kulturinsel, Am Kai in <strong>Dortmund</strong> Foto: © Frank Vincentz<br />

Die Besucherin sieht nicht sehr beeindruckt<br />

aus. Schließlich sagt sie: „Du<br />

bist eine echte Ruhrpottpflanze, was?“<br />

„Klar!“ antwortete ich freudestrahlend.<br />

Zunächst. Dann wurde ich nachdenklich.<br />

Was meint sie damit? Ich weiß. Der See<br />

ist klein, die Villen stehen eng beieinander<br />

und die Segelbötchen sind auch<br />

nichts zum Angeben. Ruhrpottpflanze.<br />

Das klingt nicht gerade wie ein Kompliment.<br />

Und irgendwie von gestern. Dabei<br />

trage ich doch Business-Kostüm statt<br />

Kittelschürze und fahre Mini-Cabrio<br />

statt mich auf dem Beifahrersitz eines<br />

tiefergelegten Opel Mantas zu räkeln.<br />

Was ist eigentlich eine Ruhrpottpflanze?<br />

Ein Gewächs des Ruhrgebiets.<br />

Aber woran erkennt man sie?<br />

Was macht sie aus? Weil Wikipedia das<br />

auch nicht weiß, ging ich der Sache<br />

am nächsten Tag mit einer spontanen<br />

Befragung auf den Grund.<br />

DAS HERZ AM RECHTEN FLECK<br />

So erfuhr ich, dass Nicht-Einheimische<br />

beim Thema Ruhrgebiet tatsächlich<br />

vor allem an hässliche Innenstädte und<br />

alkoholisierte Arbeitslose denken. Die<br />

Menschen hier seien fröhlich, aber laut<br />

und anstrengend und im Grunde eher<br />

schlicht. Als ich von „schmutziger Provinz“<br />

las oder von „in den Achtzigern<br />

steckengebliebenen Kleinbürgern“,<br />

wollte ich frustriert aufgeben. Aber<br />

dann meldeten sich Menschen, die hier<br />

Familie oder Freunde haben, solche, die<br />

eine Zeitlang selbst im Pott lebten oder<br />

hierher verpflanzt wurden. Sie beschreiben<br />

die Menschen im Ruhr gebiet alle mit<br />

THOMAS-BIRNE<br />

Am Ende des Seerundgangs konnte ich<br />

bei der Kölner Besucherin dann doch<br />

noch einige Punkte gutmachen. Denn<br />

natürlich gibt es Sushi am See und<br />

unsere Pommes kommen mit getrüffelter<br />

Rahmsauce vom Sternekoch. Plötzlich<br />

stößt sie jedoch Schreie des Entzückens<br />

aus und läuft auf die Halbinsel. „Das ist<br />

ja toll! Was ist das? Das gefällt mir sehr.“<br />

Sie läuft um die Thomas-Birne herum,<br />

staunt, betrachtet, berührt sie – und liest<br />

das Schild. „TOLL! Das ist ja ein echtes<br />

Gerät. Ich dachte das sei Kunst. Irre. So<br />

ein schönes Objekt. Und es ist richtig<br />

im Einsatz gewesen.“<br />

Ich sage: „Nun ja, ich sag ja, wir haben<br />

hier Stahl gekocht.“ Der Thomas-Konverter<br />

glänzt in der Sonne. Und die<br />

Ruhrpottpflanze strahlt.<br />

Tanja H. Finke-Schürmann<br />

Fragologin<br />

FRAGOLOGIE<br />

Fachbetrieb für Kommunikation und geheime<br />

Superkräfte | Marketing · Coaching · Text<br />

38 <strong>TOP</strong>

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!