2015-01: TOP Magazin Dortmund | FRÜHJAHR
Weltmeister! Welttrainer! – Interview mit Jogi Löw c.t.c. – Mit Patrick Ovomoyela im „Carlos“ Tatort Dortmund zu negativ? Gespräch mit einem der „Macher“ Stöckeln will gelernt sein: Schule für High-Heel-Trägerinnen
Weltmeister! Welttrainer! – Interview mit Jogi Löw
c.t.c. – Mit Patrick Ovomoyela im „Carlos“
Tatort Dortmund zu negativ? Gespräch mit einem der „Macher“
Stöckeln will gelernt sein: Schule für High-Heel-Trägerinnen
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Kultur<br />
WENN DAS<br />
LEBEN IM<br />
SANDE<br />
VERLÄUFT<br />
Jens-Daniel Herzog inszeniert<br />
den „Rosenkavalier“<br />
Nein, es gab sie nie wirklich, die Überreichung<br />
der silbernen Rose zur Brautwerbung,<br />
aber sie passt so gut in das Wien<br />
nach 1740, dass der „kleine Schwindel“,<br />
den Librettist Hugo von Hofmannsthal<br />
sich da erlaubt hat, gar nicht auffällt.<br />
In der <strong>Dortmund</strong>er Inszenierung des „Rosenkavalier“<br />
setzt Hausherr Jens-Daniel<br />
Herzog weniger auf die Liebesgeschichte<br />
zwischen Sophie und Octavian denn<br />
auf die Geschichte der Octavian liebenden<br />
Feldmarschallin, die das Alter kommen<br />
fühlt: „Die Zeit, die ist ein sonderbar<br />
Ding“, erkennt sie im ersten Akt, in<br />
dem noch alles in rechter Ordnung ist,<br />
während sie den im Bühnenvordergrund<br />
befindlichen Sand durch ihre Hände rinnen<br />
lässt: Das schöne Bett, in dem sie<br />
mit Octavian eine vermutlich stürmische<br />
Liebesnacht unter einem blinkenden<br />
Sternenhimmel verbracht hat, wird<br />
eingerahmt von barocker Schlafzimmerpracht<br />
à la Louis XIV.<br />
DIE WELT IN SCHIEFLAGE<br />
Doch im Verlauf der Aufführung gerät<br />
die schöne Welt der Feldmarschallin in<br />
Schieflage: Schon im zweiten Akt, der<br />
anscheinend die noch unfertige Wohnung<br />
der angehenden Brautleute Ochs<br />
und Sophie zeigt, kippt die Situation<br />
bedenklich, die (noch heilen) Versatzstücke<br />
des Bühnenbildes aus dem ersten<br />
Akt (von Mathis Neidhardt) sind hinter<br />
dem modernen Interieur der neuen<br />
Wohnung zu erkennen. Im „Beissl“ im<br />
dritten Akt ist das Ganze dann um 90<br />
Grad gedreht, der vorherige Schlafzimmerboden<br />
geborsten, die Wände mehr<br />
als heruntergekommen … die Welt der<br />
Marschallin existiert nicht mehr. Erst<br />
ganz am Ende sieht sich der Zuschauer<br />
mit der ersten Szene wieder konfrontiert:<br />
Das schmucke Barock-Bett unter<br />
dem Sternenhimmel indes teil Octavian<br />
nunmehr mit Sophie ... Das Konzept Herzogs<br />
ist gut ausgedacht, scheitert aber<br />
bisweilen an der bühnentechnischen<br />
Umsetzung: Ob der Zuschauer die feinen<br />
Details erkennt, etwa die Tatsache, dass<br />
alles im Sande versinkt, bleibt fraglich.<br />
RASENDES TEMPO<br />
Ebenso fraglich ist leider (wieder einmal)<br />
die musikalische Umsetzung der<br />
Oper durch Generalmusikdirektor Gabriel<br />
Feltz und die <strong>Dortmund</strong>er Philharmoniker:<br />
Bereits in der Ouvertüre legt<br />
der GMD ein rasendes Tempo vor, das<br />
den Musikern kaum Zeit lässt, die wunderbaren<br />
Phrasen zu artikulieren, und<br />
auch die Sängerinnen und Sänger – von<br />
beachtlicher Qualität, wie man Herzog<br />
immer wieder bescheinigen muss – haben<br />
ob der Tempi und des bisweilen dadurch<br />
bedingten unpräzisen Spiels häufig<br />
Probleme, den Text deutlich zu artikulieren.<br />
Das trifft nicht nur auf die ausgezeichnete<br />
Emily Newton als Marschallin<br />
zu, die (man hat sie als „Roxy“ in „Roxy<br />
und ihr Wunderteam“ als Operettendiva<br />
im Ohr) eine wirklich überzeugende,<br />
vielleicht ein wenig zu junge und hübsche<br />
Marschallin gestaltet, sondern auch auf<br />
Ashley Thouret als Sophie: Mit leichter,<br />
silbriger Höhe und einem sehr präsenten,<br />
ausgezeichnetem Piano präsentiert<br />
sie diese Partie. Und sogar ein Karl-Heinz<br />
Lehner hat da Probleme, als Ochs den typisch<br />
österreichischen Klang, der ihm als<br />
Landsmann unzweifelhaft liegt, über die<br />
Rampe zu bringen. Der Bassist ist stimmlich<br />
für Rolle wie geschaffen: kultiviert,<br />
aber durchaus fähig, auch einmal zu „poltern“.<br />
Optisch hingegen kann man sich<br />
eher nicht vorstellen, warum Sophie dieses<br />
schöne Mannsbild – von dem unflätigen<br />
Benehmen abgesehen – so ganz und<br />
gar ablehnt …<br />
Wunderbar gelingt Ileana Mateescu die<br />
Rolle des Octavian: Der recht großen,<br />
hübschen Sängerin scheint die Rolle nicht<br />
nur äußerlich auf den Leib geschneidert,<br />
sondern sie erfüllt sie mit warmem, brustigem<br />
Mezzo voll und ganz. Dass sie im<br />
dritten Akt Ochs züchtigt wie eine Domina<br />
ist ein fraglicher, aber nicht uninteressanter<br />
Einfall der Regie.<br />
FAZIT: AUF JEDEN FALL SEHENSWERT!<br />
Text: Martina Lode-Gerke<br />
Fotos: Thomas Jauk, Stage Picture<br />
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