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2015-01: TOP Magazin Dortmund | FRÜHJAHR

Weltmeister! Welttrainer! – Interview mit Jogi Löw c.t.c. – Mit Patrick Ovomoyela im „Carlos“ Tatort Dortmund zu negativ? Gespräch mit einem der „Macher“ Stöckeln will gelernt sein: Schule für High-Heel-Trägerinnen

Weltmeister! Welttrainer! – Interview mit Jogi Löw
c.t.c. – Mit Patrick Ovomoyela im „Carlos“
Tatort Dortmund zu negativ? Gespräch mit einem der „Macher“
Stöckeln will gelernt sein: Schule für High-Heel-Trägerinnen

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Kultur<br />

LEIBESÜBUNGEN IN DER<br />

SCHOTTERWÜSTE<br />

„ELEKTRA“ IM DORTMUNDER SCHAUSPIELHAUS<br />

Die Geschichte der Königstochter Elektra, Tochter des Königs Agamemnon von Mykene und der Klytämnestra, die, folgt man der<br />

griechischen Mythologie, ihrem Bruder Orest half, die Blutrache an ihrer Mutter und an ihrem Stiefvater zu planen und schließlich<br />

zu vollziehen, ist zunächst durch Homer überliefert, bei dem die Figur noch Laodike hieß. Schon in der Antike wurde ihre Geschichte<br />

von Sophokles (als „Elektra“ um 410 v. Chr.), von Aischylos (als „Das Opfer am Grabe“) und von Euripides (wiederum unter dem<br />

Namen „Elektra“) dramatisiert. Die neuzeitliche Fassung von Hugo von Hofmannsthal diente später als Vorlage zum Libretto für<br />

Strauss‘ gleichnamige Oper (1909 in Dresden uraufgeführt). Ebenso verfasste Gerhard Hauptmann eine „Elektra“; der Existentialist<br />

Jean-Paul Sarte verwendete den Mythos in seinem Drama „Die Fliegen“, und auch Jean Giraudoux nahm sich des Stoffes an.<br />

Tirade über Politik war der laute Tonfall<br />

der Textverständlichkeit wenig zuträglich.<br />

Bettina Lieder und Merle Wasmuth<br />

ersetzen als „Chor der Landmädchen“<br />

auf teilweise witzige Weise den Chor der<br />

griechischen Tragödie, dürfen aber zwischendurch<br />

auch tanzen wie die Derwische.<br />

(Warum, bleibt wohl auch dem geneigten<br />

Zuschauer verborgen.) Peer Oscar<br />

Musinowski als Orest sowie Frank<br />

Genser als Bauer und Henker blieben<br />

eher unauffällig, während Carlos Lobos<br />

seinen großen Auftritt als Pylades am<br />

Schluss vor dem heruntergefahrenen eisernen<br />

Vorhang hatte, wo er eine Tirade<br />

auf die Schlechtigkeit von Welt, Politik,<br />

Kunst, Literatur und alles Mögliche halten<br />

durfte: „Alles Scheiße!“<br />

„ELEKTRA“ ZUM X-TEN ...<br />

Eigentlich genug der Bearbeitungen,<br />

möchte man meinen, doch im <strong>Dortmund</strong>er<br />

Schauspielhaus setzt man derzeit auf<br />

eine weitere Bearbeitung durch den hauseigenen<br />

Dramaturgen Alexander Kerlin,<br />

dessen Version die eigentliche Geschichte<br />

allerdings nur peripher erahnen lässt:<br />

Man trifft Elektra zu Beginn vor dem papiernen<br />

„Vorhang“, Leibesübungen machend,<br />

die auch im Laufe der weiteren<br />

Handlung eine Rolle spielen sollen und<br />

Akteuren sowie Musikern stets kleine,<br />

aus dem am Boden befindlichen Schotter<br />

aufsteigende Wölkchen bescheren sollen.<br />

Natürlich meinen Dramaturg und Regisseur<br />

(Paolo Magelli) nicht ohne zeitgenössische<br />

Anspielungen auf Pegida, Charlie<br />

Hebdo und anderes auszukommen – alles<br />

indes wird allenfalls halbherzig hinzugefügt,<br />

von einer organischen Einbindung in<br />

den Stoff kann kaum die Rede sein.<br />

ÜBERZEUGENDE SCHAUSPIELER<br />

Die angeblich nach Motiven von Richard<br />

Strauss entstandene Musik von<br />

Paul Wallfisch bläst den Zuschauern teilweise<br />

das Trommelfell aus den Ohren<br />

und hat mit der Oper von Strauss ebensowenig<br />

oder -viel zu tun wie die erzählte<br />

Geschichte Ähnlichkeiten mit dem<br />

ursprünglichen Elektra-Stoff erkennen<br />

lässt, hin und wieder hört man Anklänge<br />

an Manfred Trojahns 2<strong>01</strong>1 in Amsterdam<br />

uraufgeführter Oper „Orest“.<br />

Recht überzeugend sind die schauspielerischen<br />

Leistungen: Da ist allen voran<br />

Caroline Hanke als Elektra zu nennen, die<br />

die zerrissene Figur mit außergewöhnlicher<br />

Bühnenpräsenz und recht viel Einfühlungsvermögen<br />

erfüllt. Ihr wie auch<br />

Friederike Tiefenbacher als Klytämnestra<br />

hätte man aber hin und wieder auch leisere<br />

Töne gewünscht, vor allem in ihrer<br />

Stimmt auf den Abend bezogen auf jeden<br />

Fall, dem ist nichts mehr hinzuzufügen<br />

außer der Frage: Wenn Literatur, Theater,<br />

Kunst etc. „sch...e“ sind, warum macht<br />

man dann heute noch Theater?<br />

Text: Martina Lode-Gerke<br />

Fotos: Birgit Hupfeld<br />

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