Deutscher Bundestag 18/7250 Unterrichtung
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<strong>Deutscher</strong> <strong>Bundestag</strong> – <strong>18</strong>. Wahlperiode – 27 – Drucksache <strong>18</strong>/<strong>7250</strong><br />
Grundlage des allseits akzeptierten und als gerecht<br />
empfundenen Rotationserlasses.<br />
Das Bundesministerium der Verteidigung muss sich<br />
allerdings vorhalten lassen, viel zu spät reagiert zu<br />
haben und offensichtlich nicht vorbereitet gewesen zu<br />
sein, obwohl die rechtliche Problematik des Rotationserlasses<br />
hinlänglich bekannt war.<br />
Beurteilungswesen<br />
Das Beurteilungswesen bleibt bei den Personalangelegenheiten<br />
der Soldatinnen und Soldaten ein ebenso<br />
herausgehobenes wie kritikbehaftetes Thema. Das<br />
zeigen erneut zahlreiche Eingaben, in denen teilweise<br />
massive Kritik hinsichtlich des Verfahrens, zum Beispiel<br />
wegen zu später Vorlage der Beurteilung durch<br />
den Beurteiler oder einer ausbleibenden Stellungnahme<br />
durch den Zweitbeurteiler geübt wird. Daneben<br />
werden Inhalt und Ergebnis der konkreten Beurteilung<br />
häufig beanstandet.<br />
Beurteilungen sind das zentrale Auswahlmittel für die<br />
Personalführung und -steuerung sowie die maßgebliche<br />
Grundlage für den individuellen Werdegang der<br />
Soldatinnen und Soldaten. Aus Artikel 33 Absatz 2<br />
Grundgesetz folgt, dass auch Beförderungen nach<br />
dem Leistungsgrundsatz, nämlich nach den Kriterien<br />
Eignung, Befähigung und fachliche Leistung, erfolgen<br />
müssen. Auf dieser Grundlage sind durch die<br />
nachgeordneten Vorschriften im Beamten- und Soldatenrecht<br />
sowie insbesondere durch eine stark ausdifferenzierte<br />
Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte<br />
in der Bundeswehr komplexe, teilweise überbürokratisierte<br />
Beurteilungsverfahren entstanden, die<br />
eine Vielzahl potentieller Fehlerquellen enthalten.<br />
Hinzu kommt, dass jedes Beurteilungsverfahren systemimmanente<br />
Widersprüche und Interessengegensätze<br />
überwinden muss.<br />
Der Arbeitgeber beziehungsweise der Beurteiler will<br />
und muss eine Leistungsauswahl/Bestenauslese treffen.<br />
Der zu Beurteilende will im Hinblick auf die<br />
Bedeutung der Beurteilung für seine weitere Karriere<br />
die möglichst beste Note erhalten und neigt dazu,<br />
seine Leistungen im Vergleich zu anderen regelmäßig<br />
höher einzuschätzen, als es den objektiven Gegebenheiten<br />
entspricht. Der Beurteiler ist mit der Aufgabe<br />
der Bestenauswahl und der Pflicht, angesichts von<br />
strengen Quotenvorgaben viele Soldatinnen und Soldaten<br />
nicht deren Erwartungen entsprechend beurteilen<br />
zu können, überfordert. Viele Soldatinnen und<br />
Soldaten werden daher – bei Überschreitung der vorgeschriebenen<br />
Quoten – „zu gut“ beurteilt.<br />
Das hat zur Folge, dass Beurteiler im Laufe der Zeit<br />
immer mehr beste Noten vergeben oder die Quote<br />
zwar eingehalten wird, aber durch die Beurteiler<br />
ergebnisorientiert, beispielsweise um einen Statuswechsel<br />
zu ermöglichen, beurteilt wird. Damit aber<br />
verliert das Auswahl- und Leistungssystem der Beurteilung<br />
seine eigentliche Funktion, weil es so allenfalls<br />
noch eingeschränkt auswertbar ist. Auch die<br />
Bundeswehr sieht sich mit diesen Problemen konfrontiert.<br />
Derzeit wird deshalb daran gearbeitet, das<br />
bestehende Beurteilungssystem, das die oben<br />
beschriebenen Symptome zeigt, zu reformieren oder<br />
möglicherweise ein neues Beurteilungssystem aufzulegen.<br />
Aus Eingaben und Gesprächen geht hervor, dass im<br />
Rahmen des bestehenden Beurteilungssystems mittlerweile<br />
in einigen Dienststellen, die vorgegebenen<br />
Quotierungen massiv unterlaufen werden und die<br />
Noten stark nach oben und im sehr guten und guten<br />
Bereich über die vorgegebenen Prozentziffern weit<br />
hinausgehen. Es wird aber auch berichtet, dass Beurteiler<br />
ihre Bestnoten ausschließlich für diejenigen<br />
Soldatinnen und Soldaten vorhalten, die in das<br />
Dienstverhältnis eines Berufssoldaten übernommen<br />
werden sollen.<br />
Bei allem Verständnis für die Schwierigkeit, ein<br />
gerechtes, transparentes und praktikables Beurteilungssystem<br />
zu etablieren, erscheint es bemerkenswert,<br />
wie schnell das bestehende Beurteilungssystem<br />
offensichtlich wieder an die Grenzen der Praktikabilität<br />
gelangt ist. Die Beurteiler sowie deren Vorgesetzte<br />
und die militärische Führung insgesamt haben<br />
die Zügel in einem Maße schleifen lassen, dass der<br />
Zielrichtung des Beurteilungssystems nicht mehr<br />
gerecht wird. Das Beurteilungswesen muss funktionieren,<br />
weil es sowohl für die zu Beurteilenden als<br />
auch für die Personalführung von immenser Bedeutung<br />
ist. Deshalb ist nachdrücklich darauf hinzuwirken,<br />
dass entweder ein überarbeitetes, effektives<br />
neues Beurteilungssystem rasch eingeführt oder das<br />
bestehende Verfahren stringent eingehalten wird.<br />
Personalführung<br />
Das Bundesamt für das Personalmanagement der<br />
Bundeswehr mit seinen über 3.000 militärischen und<br />
zivilen Dienstposten bündelt erstmals in der<br />
Geschichte der Bundeswehr die Bereiche der Personalgewinnung,<br />
Personalentwicklung und Personalausgliederung<br />
in einem Amt. Zwei Jahre nach seiner<br />
Errichtung Ende 2013 im Rahmen der Neuausrichtung<br />
der Bundeswehr wird das Amt einer ersten Evaluation<br />
mit einer sich voraussichtlich anschließenden<br />
teilweisen Neustrukturierung unterzogen. Die konkreten<br />
Ergebnisse der Evaluierung bleiben abzuwarten.<br />
Die daraus zu ziehenden Konsequenzen für die<br />
Struktur des Amtes sind sensibel und transparent für<br />
alle Betroffenen umzusetzen. Dies gilt umso mehr im<br />
Hinblick auf die weiter steigenden Anforderungen an<br />
das Bundesamt für das Personalmanagement der Bundeswehr<br />
und seine Beschäftigten.