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Deutscher Bundestag 18/7250 Unterrichtung

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<strong>Deutscher</strong> <strong>Bundestag</strong> – <strong>18</strong>. Wahlperiode – 67 – Drucksache <strong>18</strong>/<strong>7250</strong><br />

dass das Bundesministerium der Verteidigung in seiner<br />

Stellungnahme zum Jahresbericht 2014 klargestellt<br />

hat, die ursprüngliche Absicht, das bestehende<br />

medizinische Fachspektrum einzuschränken<br />

oder zu reduzieren, sei aufgegeben worden.<br />

Aufgrund des geschilderten Personalmangels in den<br />

Bundeswehrkrankenhäusern können diese ihre Kapazitäten<br />

sowohl bei der Bettenbelegung als auch bei<br />

den Operationsleistungen nicht voll ausschöpfen. Darunter<br />

leiden Soldatenpatienten, wenn sie auf Behandlungstermine<br />

länger warten müssen oder in eine zivile<br />

Einrichtung weiterverwiesen werden. Auch die Langzeiterkrankungen<br />

einer erheblichen Anzahl des klinischen<br />

Fachpersonals, insbesondere bei den Pflegekräften,<br />

sind ein ernstzunehmendes Signal der Überlastung<br />

als Folge von Personalmangel. Die zugesagte<br />

Aufstockung des klinischen Personalkörpers<br />

muss deshalb umgehend realisiert werden.<br />

Die Soldatenarbeitszeitverordnung, die zum 1. Januar<br />

2016 in Kraft getreten ist, berücksichtigt die besonderen<br />

Arbeitszeiten im Sanitätsdienst durch Ermöglichung<br />

einer Ausnahmeregelung von der Regelarbeitszeit,<br />

etwa für Operationsteams. Die tatsächlichen<br />

Folgen der Einführung der Arbeitszeitverordnung auf<br />

den Klinikbetrieb werden sich erst in der Praxis zeigen.<br />

Notwendig ist die Einführung einer automatisierten<br />

Zeiterfassung. Bislang verfügen Bundeswehrkrankenhäuser<br />

lediglich über ein reines Zeiterfassungssystem<br />

ohne Möglichkeit der Abrechnung von<br />

Arbeitszeiten, zum Beispiel zur Berechnung der<br />

Überstundenvergütung. Ein solches Tool für die Personaleinsatzplanung<br />

ist aber für die Bundeswehrkrankenhäuser<br />

besonders wichtig. Das Klinikpersonal<br />

wird häufig aus dienstlichen Gründen die gesetzlich<br />

festgelegte Höchstarbeitszeit nicht einhalten können,<br />

so dass ein erhöhter Abrechnungsbedarf besteht.<br />

Die Einführung des von der Bundeswehr ausgewählten<br />

Krankenhausinformationssystems NEXUS für<br />

Krankenhäuser ist noch nicht abgeschlossen. Krankenhausmitarbeiter<br />

klagen trotz einer mehrjährigen<br />

Projektphase immer noch über Probleme bei der<br />

Anwendung. Sie kritisieren zeitintensive Verschlüsselungen,<br />

zu wenig geschultes Personal für die Datenpflege<br />

und den Mangel an Schulungen. Außerdem ist<br />

eine zentrale Patientendatenspeicherung wegen ungelöster<br />

datenschutzrechtlicher Probleme nicht möglich.<br />

Insoweit ist die Einführung einer elektronischen<br />

Gesundheitsakte noch in weiter Ferne. Auch der klinikübergreifende<br />

Datenaustausch ist nicht möglich.<br />

Einsatzbedingte psychische Erkrankungen<br />

Der Umgang der Bundeswehr mit psychischen Schädigungen<br />

von Soldatinnen und Soldaten aufgrund<br />

traumatischer Ereignisse in den Auslandseinsätzen,<br />

wie zum Beispiel Anpassungsstörungen oder posttraumatische<br />

Belastungsstörungen, wurde in allen<br />

Berichten der letzten Jahre kritisch beurteilt. Zu<br />

begrüßen ist deshalb, dass die Bundeswehr in den<br />

Bereichen der Prävention und Therapie psychischer<br />

Erkrankungen erhebliche Anstrengungen unternimmt.<br />

Sie hat mittlerweile ein breit gefächertes psychosoziales<br />

Hilfsangebot für geschädigte Soldatinnen<br />

und Soldaten sowie ihre Angehörigen und für Hinterbliebene<br />

der im Dienst ums Leben gekommenen Bundeswehrangehörigen<br />

etabliert. Zahlreiche Hilfs- und<br />

Beratungsmöglichkeiten werden darüber hinaus von<br />

der Bundeswehr nahestehenden privaten Initiativen,<br />

Institutionen, Selbsthilfeorganisationen und Vereinen<br />

angeboten, die über das Psychosoziale Netzwerk der<br />

Bundeswehr verbunden sind. In diesem Netzwerk<br />

arbeiten Truppenärzte, Sozialarbeiter, Militärseelsorger<br />

und Truppenpsychologen zusammen. Zurzeit<br />

bestehen unter diesem Dach etwa 70 bis 80 regionale<br />

Netzwerke. Dennoch ist die psychiatrische und psychotherapeutische<br />

Versorgung der Soldatinnen und<br />

Soldaten mit psychischen Belastungen und Erkrankungen<br />

immer noch nicht ausreichend.<br />

Die Herausforderung besteht darin, den komplexen<br />

Behandlungsbedarf einsatzbedingter psychischer<br />

Schädigungen noch besser zu berücksichtigen. Mangels<br />

anderer statistisch begründbarer Erkenntnisse<br />

muss nach wie vor von den Ergebnissen der 2012 von<br />

der FU Dresden erstellten sogenannten Dunkelzifferstudie<br />

ausgegangen werden. Danach begeben sich<br />

nur zehn bis 20 Prozent der einsatzbedingt psychisch<br />

erkrankten Soldatinnen und Soldaten innerhalb eines<br />

Jahres in Behandlung, während der große Rest<br />

zunächst nicht erkannt wird und keine professionelle<br />

Hilfe in Anspruch nimmt. Ausgehend von einer<br />

zunehmend verbesserten Aufklärung und Entstigmatisierung<br />

psychischer Erkrankungen ist ein wachsender<br />

Versorgungsbedarf zu erwarten.<br />

Im Berichtsjahr sind 235 Soldatinnen und Soldaten<br />

erstmalig wegen einer einsatzbedingten posttraumatischen<br />

Belastungsstörung untersucht, behandelt oder<br />

begutachtet worden. Im Jahr 2014 lag diese Zahl noch<br />

bei 204. Die Anzahl der Behandlungskontakte, das ist<br />

die Summe der Erstversorgung Neuerkrankter und<br />

der Wiedervorstellungen Erkrankter, beträgt im Jahr<br />

2015 bezogen auf posttraumatische Belastungsstörungen<br />

1.750. Im Jahr zuvor waren es 1.697 Behandlungskontakte.<br />

Die Entwicklung in den letzten Jahren<br />

deutet darauf hin, dass die Erkrankungen auch an<br />

Schwere zugenommen haben, woraus längere<br />

Behandlungszeiten resultieren. Unterschätzt wurde<br />

nach den Feststellungen der Dunkelzifferstudie bislang<br />

auch das Risiko anderer einsatzbezogener psychischer<br />

Störungen außer posttraumatischen Belastungsstörungen,<br />

wie Angststörungen, Depressionen<br />

und erhöhte Alkoholabhängigkeit.

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