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Deutscher Bundestag 18/7250 Unterrichtung

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<strong>Deutscher</strong> <strong>Bundestag</strong> – <strong>18</strong>. Wahlperiode – 59 – Drucksache <strong>18</strong>/<strong>7250</strong><br />

Über diese erwähnte Regelung hinaus gibt es weitere<br />

Instrumente zur Abfederung der Belastungen durch<br />

Pflege und Betreuung von Angehörigen. Positiv zu<br />

erwähnen ist hier der Fall eines Soldaten, der sich<br />

wegen der Ablehnung eines Antrages auf vorzeitige<br />

Zurruhesetzung an den Wehrbeauftragten gewandt<br />

hatte. Hintergrund des Antrags war die schwere<br />

Erkrankung seiner Ehefrau und deren absehbar<br />

begrenzte Lebenszeit. In Anwendung der Zentralen<br />

Dienstvorschrift A-2640/22 (Nummer 305) „Vereinbarkeit<br />

von Familie und Dienst in den Streitkräften“,<br />

wonach es möglich ist, die dienstliche Tätigkeit für<br />

einen vorübergehenden Zeitraum in das familiäre<br />

Umfeld des Soldaten zu verlegen, wurde letztendlich<br />

eine Lösung gefunden. Durch die Entscheidung des<br />

hierfür zuständigen Disziplinarvorgesetzten konnte<br />

der Soldat seine Ehefrau unterstützen und bis zum<br />

regulären Dienstzeitende und damit auch ohne Versorgungsnachteile<br />

im Dienst verbleiben.<br />

Ein weiteres Mittel zur Unterstützung von Soldatinnen<br />

und Soldaten mit pflegebedürftigen Angehörigen<br />

stellt der Anfang Juni 2015 unterzeichnete Rahmenvertrag<br />

über „Serviceleistungen zur besseren Vereinbarkeit<br />

von Beruf und Familie – Familienservice“ dar.<br />

Seit dem 1. Juli 2015 ist der ElternService der Arbeiterwohlfahrt<br />

für zunächst vier Jahre im Rahmen der<br />

Pilotstandorte Bonn, Koblenz, Munster, Schortens<br />

und Wilhelmshaven für die Erbringung von Beratungs-<br />

und Vermittlungsleistungen zur Betreuung von<br />

Kindern sowie für pflegebedürftige Angehörige<br />

zuständig. Der Wehrbeauftragte begrüßt diese Angebote.<br />

Sie sollten möglichst weitreichend in der Truppe<br />

kommuniziert werden.<br />

In einer Reihe von Eingaben baten Petenten wegen<br />

der Häufung von Krankheitsfällen im familiären<br />

Umkreis dringend um heimatnahe Versetzung. Als<br />

Grundlage für die Entscheidung holt die Personalführung<br />

zunächst eine Stellungnahme zum Vorliegen<br />

schwerwiegender persönlicher Gründe beim Beratenden<br />

Arzt der Bundeswehr ein. Die Anerkennung dieser<br />

Gründe wird häufig in derartigen Fällen jedoch<br />

versagt, wenn die jeweiligen Erkrankungen der Angehörigen<br />

für sich allein betrachtet die Vorrausetzungen<br />

nicht erfüllen, zum Beispiel bei getrennten Haushalten.<br />

Wenn mehrere Betreuungs- beziehungsweise<br />

Unterstützungsfälle vorliegen, sollte aber gerade die<br />

durch die Häufung entstehende Belastung gesehen<br />

und gesondert bewertet werden. Sie sollte Grundlage<br />

für eine Empfehlung der Anerkennung von schwerwiegenden<br />

persönlichen Gründen durch den Beratenden<br />

Arzt sein können. Dies würde die Entscheidung<br />

für den Personalführer, der einer solchen Empfehlung<br />

zwar nicht zwingend folgen muss, diese aber für die<br />

Entscheidung heranzieht, vereinfachen.<br />

Hilfsweise kann in derartigen Fällen auch eine truppendienstliche<br />

Lösung, beispielweise eine heimatnahe<br />

Kommandierung, die Situation für den Petenten<br />

erleichtern. Eine solche sollte in jedem Einzelfall stets<br />

durch die Vorgesetzten sorgfältig geprüft werden.<br />

Dies ist in nachfolgendem Fall nicht geschehen.<br />

Ein Oberfeldwebel bat den Wehrbeauftragten um<br />

Unterstützung seines Wunsches auf heimatnahe Versetzung.<br />

Der Soldat pendelte täglich rund 140 Kilometer<br />

einfache Strecke zwischen Wohn- und Dienstort,<br />

um sich die Pflege der im Nachbarhaus lebenden<br />

erkrankten Mutter gemeinsam mit seinem Vater zu<br />

teilen, der ebenfalls als Pendler täglich rund 70 Kilometer<br />

zu seinem Arbeitsplatz zurücklegen musste.<br />

Das Bundesamt für das Personalmanagement der<br />

Bundeswehr lehnte den Antrag des Soldaten auf heimatnahe<br />

Versetzung ab. Diese sei trotz Anerkennung<br />

der Pflegestufe der Mutter nur bei Vorliegen eines<br />

schwerwiegenden persönlichen Grundes zu gewähren.<br />

Die Unterstützung des Sohnes bei der Pflege der<br />

Mutter sei aber lediglich dann als solcher zu werten,<br />

wenn der Vater aufgrund eigener Erkrankung an der<br />

Pflege seiner Ehefrau gehindert sei, berufliche Abwesenheiten<br />

des Vaters fänden hierbei keine Berücksichtigung.<br />

Durch Billigung seines Antrags auf Verkürzung<br />

der Dienstzeit schied der Soldat vorzeitig aus<br />

der Bundeswehr aus, um sich auf diesem Weg der<br />

Pflege der Mutter besser widmen zu können. Durch<br />

eine großzügigere Auslegung des vorhandenen<br />

Ermessensspielraumes bei der Anerkennung schwerwiegender<br />

persönlicher Gründe wäre nach Auffassung<br />

des Wehrbeauftragten eine heimatnahe Versetzung<br />

und damit ein Verbleib des Soldaten im Dienst<br />

möglich gewesen. Auf die von der Bundeswehr angestrebte<br />

bessere Vereinbarkeit von Familien- beziehungsweise<br />

Privatleben und Dienst wirft dieser Fall<br />

kein gutes Licht.<br />

Die Anerkennung von schwerwiegenden persönlichen<br />

Gründen bei zu betreuenden Angehörigen hängt<br />

maßgeblich von der Zuerkennung einer Pflegestufe<br />

ab. Nicht berücksichtigt wird hier die Tatsache, dass<br />

der Unterstützungsbedarf vor Anerkennung der Pflegestufe<br />

häufig höher und intensiver ist, da nach Anerkennung<br />

der Pflegestufe Hilfe von entsprechend ausgebildetem<br />

Personal in Anspruch genommen werden<br />

kann. Auch dieser Gedanke sollte bei der Einzelfallprüfung<br />

mit einfließen und gegebenenfalls zur Anerkennung<br />

von schwerwiegenden persönlichen Gründen<br />

mit der Folge der heimatnahen Versetzung führen.<br />

Jedenfalls sollten lange Bearbeitungszeiten derartiger<br />

Anträge auf heimatnahe Versetzung oder auf<br />

Anerkennung von schwerwiegenden persönlichen<br />

Gründen, wie sie zum Teil beklagt wurden, auf jeden<br />

Fall vermieden werden.

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