Deutscher Bundestag 18/7250 Unterrichtung
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<strong>Deutscher</strong> <strong>Bundestag</strong> – <strong>18</strong>. Wahlperiode – 71 – Drucksache <strong>18</strong>/<strong>7250</strong><br />
haben, aber einer vergleichbaren Belastung ausgesetzt<br />
waren, ist nach dem Verordnungstext ebenfalls<br />
möglich. Allerdings werden Einsatzteilnehmer, die<br />
beispielsweise an der Untersuchung beziehungsweise<br />
Öffnung von Massengräbern im ehemaligen Jugoslawien<br />
beteiligt waren, oder solche, die durch Waffengewalt<br />
bedroht wurden und ihr Leben dadurch gefährdet<br />
sahen, nicht in diese Vermutungsregelung einbezogen.<br />
Diese Auslegungspraxis ist zu hinterfragen.<br />
Psychische Erkrankungen, die später als fünf Jahre<br />
nach Beendigung einer besonderen Auslandsverwendung<br />
auftreten, werden von der Verordnung ausdrücklich<br />
nicht erfasst. Diese Fünfjahresfrist greift zu<br />
kurz, wie Fälle ausgeschiedener ehemaliger Einsatzteilnehmer,<br />
zum Beispiel aus dem ehemaligen Jugoslawien,<br />
zeigen. Bei diesen sind erst nach über fünf<br />
Jahren psychische Symptome aufgetreten. Es ist deshalb<br />
zu empfehlen, auch diese Fälle in die Einsatzunfallverordnung<br />
aufzunehmen.<br />
Schwerbehinderung bei Soldatinnen und Soldaten<br />
In der Bundeswehr leisten derzeit rund 700 körperlich<br />
und seelisch schwerbehinderte Soldatinnen und Soldaten<br />
Dienst, darunter auch Einsatzgeschädigte. Ein<br />
Großteil von ihnen wird in Kommandobehörden und<br />
Ämtern verwendet. Die Bundeswehr ist für Schwerbehinderte<br />
ein attraktiver Arbeitgeber, weil vielfache<br />
Unterstützungs- und Integrationsangebote bestehen.<br />
Auf gesundheitliche Beeinträchtigungen wird bei der<br />
Dienstgestaltung und bei der Personalplanung<br />
und -entwicklung weitgehend Rücksicht genommen.<br />
Schon vor Inkraftsetzung des Aktionsplans zur Umsetzung<br />
der UN-Behindertenrechtskonvention am<br />
22. April 2015 wurde die Teilhabe Schwerbehinderter<br />
am Dienst in der Bundeswehr gefördert.<br />
Allerdings gibt es auch noch ungelöste Probleme. So<br />
fehlen konzeptionelle Vorgaben zur Einstufung von<br />
Dienstposten als schwerbehindertengeeignet. Des<br />
Weiteren gibt es außerhalb der Einsatzversorgung<br />
keine gesicherte Möglichkeit für eine gewünschte<br />
Weiterverwendung von Soldatinnen und Soldaten auf<br />
Zeit, die infolge eines Dienstunfalls eine Schwerbehinderung<br />
erlitten haben. Die Bundeswehr sollte<br />
auch hier ihrer Fürsorgeverantwortung gerecht werden.<br />
Stand der Radarstrahlenproblematik<br />
Die sogenannte Radarstrahlenproblematik ist seit<br />
nunmehr 15 Jahren Thema von Auseinandersetzungen<br />
in Beschädigungsverfahren ehemaliger Soldaten,<br />
die in der Zeit von 1960 bis 1985 Kontakt mit Radargeräten<br />
hatten (Radartechniker und Unterstützungspersonal).<br />
Geschädigte müssen bis heute ihre Entschädigungsansprüche<br />
in äußerst komplexen Verwaltungsverfahren<br />
mit zeitaufwändigen Sachverhaltsermittlungen<br />
und der Prüfung konkurrierender Risikofaktoren<br />
(zum Beispiel Nikotingenuss) geltend machen<br />
und häufig nach einer Ablehnung in langjährigen<br />
Gerichtsverfahren weiter verfolgen. Diese bleiben<br />
zum großen Teil ohne Erfolg, da Gerichte die<br />
behördliche Anerkennungspraxis bislang überwiegend<br />
bestätigten. Erst in jüngster Vergangenheit<br />
haben mehrere Gerichte im Rahmen der Beweiswürdigung<br />
zugunsten Geschädigter entschieden und deutlich<br />
die nicht zufriedenstellende Mitarbeit der Bundeswehrverwaltung<br />
kritisiert. In rund 240 Fällen sind<br />
ehemalige Radarsoldaten bereits verstorben.<br />
Einige verstarben während der noch laufenden<br />
Gerichtsverfahren und ohne ihre Krankheit als Strahlenschädigung<br />
anerkannt zu bekommen. Wegen des<br />
hohen Alters und der schweren Erkrankung vieler<br />
Betroffener ist zu befürchten, dass solche Fälle zunehmen<br />
werden. Noch immer sind über 50 derartige<br />
Sachverhalte vor Gerichten anhängig.<br />
Die Anerkennungspraxis für Geschädigte beruht bislang<br />
auf den Expertenfeststellungen der vom Verteidigungsausschuss<br />
des Deutschen <strong>Bundestag</strong>es 2002<br />
eingesetzten Radarkommission. Diese empfahl nach<br />
dem damaligen wissenschaftlichen Stand zur Strahlenbelastung<br />
nur bösartige (maligne) Tumore und<br />
Katarakte (Grauer Star) als „qualifizierende Erkrankungen“<br />
in Wehrdienstbeschädigungsverfahren anzuerkennen,<br />
ohne einen konkret nachweisbaren Kausalzusammenhang<br />
zwischen der Tätigkeit an einem<br />
Radargerät und der späteren Erkrankung zu verlangen.<br />
Bei anderen Krankheitsbildern wurde keine ausreichende<br />
Wahrscheinlichkeit für die Verursachung<br />
durch Radargeräte gesehen. Unter Berücksichtigung<br />
dieser Empfehlungen konnten bislang lediglich etwa<br />
30 Prozent der Beschädigtenverfahren positiv<br />
beschieden werden.<br />
Zu kritisieren ist, dass die Bundeswehrbehörden<br />
beziehungsweise die bisher für ehemalige Soldaten<br />
zuständigen Versorgungsverwaltungen der Länder<br />
bis heute an diesen Empfehlungen festgehalten haben,<br />
ohne neue wissenschaftliche Erkenntnisse zur Strahlenbelastung<br />
überhaupt in Betracht zu ziehen. Auch<br />
die sachdienlichen Vorschläge der Interessenvertretung<br />
der Erkrankten und des Bundes zur Unterstützung<br />
Radargeschädigter zur Lösung der noch offenen<br />
Fragen in der Radarstrahlenthematik wurden vom<br />
Bundesministerium der Verteidigung nicht aufgegriffen.<br />
Mitte 2015 hat sich der Petitionsausschuss des<br />
Deutschen <strong>Bundestag</strong>es der Radarstrahlenthematik<br />
angenommen und eine Petition an das Bundesministerium<br />
der Verteidigung überwiesen, mit dem<br />
Ziel, eine begünstigte Beweiserleichterung für alle<br />
geschädigten ehemaligen Radarsoldaten in Versorgungsverfahren<br />
zu erreichen. Das Ministerium sollte