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Deutscher Bundestag 18/7250 Unterrichtung

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<strong>Deutscher</strong> <strong>Bundestag</strong> – <strong>18</strong>. Wahlperiode – 35 – Drucksache <strong>18</strong>/<strong>7250</strong><br />

er anfängt mit Gebeten und Gesängen, gebt mir rechtzeitig<br />

Bescheid.“ Der Petent empfand diese Bemerkung<br />

nachvollziehbar als ehrverletzend. In seiner Absehensverfügung<br />

stellte der zuständige Disziplinarvorgesetzte<br />

kein Dienstvergehen fest und belehrte den<br />

Stabsfeldwebel lediglich, zukünftig mit besonderer<br />

Sorgfalt seine Äußerungen abzuwägen. Diese Bewertung<br />

ist vor dem Hintergrund bemerkenswert, dass der<br />

Offizier in der Absehensverfügung richtigerweise<br />

feststellte, dass „die Menschenwürde des Staatsbürgers<br />

in Uniform in den Streitkräften des 21. Jahrhunderts<br />

ein in höchstem Maß zu achtendes und<br />

bewahrendes Gut ist“. Insoweit ist die Nichtfeststellung<br />

eines Dienstvergehens fragwürdig.<br />

Auch der Erfolg der Grundausbildung hängt stark<br />

mit gutem Führungsverhalten der Ausbilder zusammen.<br />

Mit Beginn ihrer Dienstzeit sollen die Soldatinnen<br />

und Soldaten in der Grundausbildung die wesentlichen<br />

militärischen Grundfertigkeiten erlernen. Dieser<br />

Ausbildungsabschnitt stellt für manche einen<br />

nicht unerheblichen Einschnitt in ihrem Leben dar.<br />

Rekrutinnen und Rekruten sind fernab des Elternhauses,<br />

wohnen in der Kaserne in einer Gemeinschaftsunterkunft<br />

und sehen sich in einigen Fällen bislang<br />

ungewohnten sportlichen Anforderungen gegenüber.<br />

Die Grundausbildung ist fordernd, sie darf aber nicht<br />

überfordern. Eine Überforderung ist mit den Grundsätzen<br />

der Inneren Führung nicht vereinbar. Das gilt<br />

ebenso für eine menschenunwürdige, demütigende<br />

und ehrverletzende Behandlung von Rekrutinnen und<br />

Rekruten durch Ausbilder. Solche Ausbilder begehen<br />

nicht nur ein Dienstvergehen, sie zerstören damit ihre<br />

Autorität. Das innere Gefüge in der Truppe und das<br />

damit verbundene Vertrauensverhältnis von den Untergebenen<br />

zu den Vorgesetzten können nachhaltig<br />

beschädigt werden.<br />

Beispielsweise beklagten drei Soldatinnen den Ablauf<br />

ihrer Grundausbildung in ihrer gemeinsamen Einheit.<br />

Die Ermittlungen bestätigten in Teilen die Beanstandungen.<br />

Bei der Waffenausbildung waren für jede<br />

fehlerhafte Handhabung der Waffe unberechtigterweise<br />

Liegestütze durchzuführen. Soldatinnen und<br />

Soldaten wurden mit Ausdrücken wie „Kadaver runter“<br />

angesprochen. Bei einem Eingewöhnungsmarsch<br />

wurde nicht ausreichend Rücksicht auf die individuelle<br />

Leistungsfähigkeit der Rekrutinnen und Rekruten<br />

genommen. Sie mussten in den ersten Tagen der<br />

Grundausbildung das Laufen und Joggen in den neu<br />

empfangenen Kampfstiefeln durchführen. Zwei<br />

Rekrutinnen schieden bereits nach wenigen Tagen<br />

aus dem Dienst der Bundeswehr aus. Dieser Fall belegt<br />

die Vermutung, dass Rekrutinnen und Rekruten,<br />

die bewusster Überforderung oder inakzeptablen<br />

Ausbildungsmethoden durch ihre Ausbilder ausgesetzt<br />

sind, sich gleich zu Beginn ihrer Dienstzeit für<br />

ein frühzeitiges Verlassen der Bundeswehr entscheiden.<br />

Äußeres Erscheinungsbild<br />

Im Berichtsjahr sind zu der am 1. Februar 2014 in<br />

Kraft getretenen Zentralen Dienstvorschrift „Das<br />

äußere Erscheinungsbild der Soldatinnen und Soldaten<br />

der Bundeswehr“ nur noch wenige Beschwerden<br />

eingegangen.<br />

Die ursprüngliche Regelung in dieser Dienstvorschrift,<br />

wonach sichtbare Tätowierungen grundsätzlich<br />

abzudecken seien, hatte im Vorjahr zu zahlreichen<br />

Eingaben geführt und wurde im Dezember<br />

2014 vom Bundesministerium der Verteidigung mit<br />

einer Handlungshilfe für Vorgesetzte modifiziert. Die<br />

Verpflichtung zur Abdeckung gilt jetzt nicht mehr<br />

während des Dienstes innerhalb militärischer Bereiche,<br />

militärischer Sicherheitsbereiche, auf Schiffen<br />

und Booten der Marine sowie an Bord von Luftfahrzeugen<br />

des Bundes. Bei Veranstaltungen mit Außenwirkung<br />

beziehungsweise mit öffentlichem Charakter<br />

– wie feierlichen Gelöbnissen, Tagen der offenen<br />

Tür, Truppenbesuchen – ist die geltende Vorschrift<br />

dagegen weiter in vollem Umfang anzuwenden. Die<br />

Handlungshilfe hat in der Bundeswehr offenkundig<br />

zu einer Befriedung in dieser Frage geführt.<br />

Die wenigen Eingaben in diesem Bereich betrafen<br />

Befehle zur Rasur und zum Haarschnitt. Hier konnten<br />

jedoch keine Verletzungen der Grundrechte der<br />

Soldaten festgestellt werden. Soweit die für das<br />

Wachbataillon des Bundesministeriums der Verteidigung<br />

geltende Sonderregelung kritisiert wird, nach<br />

der das Tragen von Bärten grundsätzlich nicht gestattet<br />

ist, wird dies nachvollziehbar mit dem repräsentativen<br />

Auftrag des Wachbataillons und der damit einhergehenden<br />

Notwendigkeit eines einheitlichen Gesamtbildes<br />

begründet.<br />

Bürokratie<br />

Viele Soldatinnen und Soldaten monieren eine zunehmende<br />

Überregulierung und Bürokratisierung ihres<br />

Arbeitsalltags, die diesen erschwert und zuweilen<br />

auch den primären Auftrag in den Hintergrund rücken<br />

lässt. Hierzu werden nachfolgend einzelne Beispiele<br />

aus dem Truppenalltag genannt, die für sich genommen<br />

das Problem jedoch nur anreißen können, denn<br />

es ist vielschichtiger, als es mit Einzelfällen zu belegen<br />

wäre. Überbordende Bürokratie und fehlende Flexibilität<br />

als Grundproblem in der Bundeswehr finden<br />

sich auch in weiteren Kapiteln des Berichts.<br />

Kompaniefeldwebel verbringen mittlerweile einen<br />

erheblichen Teil ihrer Arbeitszeit mit der Bearbeitung<br />

von Personalangelegenheiten und ähnlich gelagerten<br />

Verwaltungstätigkeiten. Während in der Vergangen-

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