Deutscher Bundestag 18/7250 Unterrichtung
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<strong>Deutscher</strong> <strong>Bundestag</strong> – <strong>18</strong>. Wahlperiode – 51 – Drucksache <strong>18</strong>/<strong>7250</strong><br />
6 Vereinbarkeit von Familien- beziehungsweise<br />
Privatleben und Dienst<br />
Die gleichbleibend hohe Anzahl der Eingaben im<br />
Bereich der Vereinbarkeit von Familien- beziehungsweise<br />
Privatleben und dem Dienst in der Bundeswehr<br />
zeigt die Bedeutung dieses Themas für Soldatinnen<br />
und Soldaten. Das Bundesministerium der Verteidigung<br />
ist sich dieser Relevanz bewusst. Es hat erkannt,<br />
dass die Zukunft der Bundeswehr auch davon<br />
abhängt, eine ausgewogene Balance zwischen den<br />
besonderen Anforderungen, die der Soldatenberuf<br />
stellt, und den familiären und persönlichen Bedürfnissen<br />
der Soldatinnen und Soldaten zu schaffen. Mit der<br />
Attraktivitätsagenda wurden hierzu Maßnahmen in<br />
die Wege geleitet.<br />
Viele Eingaben im Jahr 2015 zeigten, dass bei manchen<br />
Soldatinnen und Soldaten die Erwartung nach<br />
einem unmittelbaren Wirksamwerden der Maßnahmen<br />
besteht. Enttäuschung macht sich in Sätzen wie<br />
„die hochgepriesene Attraktivitätsoffensive entpuppt<br />
sich mal wieder als leere Versprechung“ breit. Ein<br />
langjähriger Soldat fragt sich: „Besitzt dieses Konzept<br />
nur Gültigkeit für neu anzuwerbende Kameraden<br />
und bleiben bereits verpflichtete Zeit- oder Berufssoldaten<br />
dabei gar außen vor?“ Teils wird auch sehr massive<br />
Kritik am Fortbestand des Prinzips der jederzeitigen<br />
Versetzbarkeit von Soldatinnen und Soldaten<br />
geübt. Es stehe im krassen Widerspruch zur Vereinbarkeit<br />
von Familien- beziehungsweise Privatleben<br />
und Dienst.<br />
Das Prinzip der jederzeitigen Versetzbarkeit stand im<br />
Rahmen der Attraktivitätsagenda zu keinem Zeitpunkt<br />
zur Disposition. Bundesweite Mobilität und die<br />
Bereitschaft, sich für bestimmte Zeiten an andere,<br />
möglicherweise heimatferne Standorte versetzen oder<br />
kommandieren zu lassen, gehören zu den Kernforderungen,<br />
die an den Soldatenberuf gestellt werden.<br />
Versetzungen und die damit einhergehende Herausforderung<br />
der unterschiedlichsten Arbeitsfelder,<br />
gegebenenfalls verbunden mit einer persönlichen Förderung,<br />
machen für zahlreiche Soldatinnen und Soldaten<br />
durchaus auch einen Teil der Attraktivität dieses<br />
Berufes aus. Andererseits greifen Versetzungen<br />
mit Ortswechsel oft tief in den persönlichen Lebensbereich<br />
der Soldatinnen und Soldaten sowie ihrer<br />
Familien ein.<br />
Belastungen durch tägliches oder wöchentliches<br />
Pendeln<br />
Hauptanliegen in gut einem Drittel der Eingaben zur<br />
Vereinbarkeit von Familien- beziehungsweise Privatleben<br />
und Dienst ist der Wunsch nach einer heimatnahen<br />
Versetzung oder einem heimatnahen Verbleib.<br />
Neben familiären Erwägungen spielt hier bei vielen<br />
Soldatinnen und Soldaten die Überlegung, aufgrund<br />
der häufigen dienstlichen Abwesenheiten das Privatleben<br />
an einem Lebensmittelpunkt zu konzentrieren,<br />
eine zentrale Rolle.<br />
Denn nach wie vor pendelt ein großer Teil der Soldatinnen<br />
und Soldaten, die nicht an ihrem Heimatort<br />
Dienst tun können. Nach der 2014 veröffentlichten<br />
Studie des Zentrums für Militärgeschichte und Sozialwissenschaften<br />
der Bundeswehr (ZMSBw) mit<br />
dem Titel „Ergebnisse der repräsentativen Bundeswehrumfrage<br />
zur Vereinbarkeit von Dienst und Privat-<br />
beziehungsweise Familienleben“ bilden<br />
Wochenendpendler, die aus familiären Gründen nicht<br />
umgezogen sind, mit einem Anteil von fast 40 Prozent<br />
die größte Pendlergruppe. Ein Drittel bezeichnete sich<br />
als Tagespendler. Das Pendeln stellt sowohl eine<br />
finanzielle als auch eine mentale Belastung dar. Die<br />
monetäre Belastung trifft besonders jüngere Soldatinnen<br />
und Soldaten, während die mentale Belastung<br />
häufig von älteren Soldatinnen und Soldaten genannt<br />
wird.<br />
Das Wochenendpendeln wird von den Soldatinnen<br />
und Soldaten als eine der größten Belastungen des<br />
Dienstes empfunden. In den Eingaben an den Wehrbeauftragten<br />
spiegelt sich diese Erkenntnis wider.<br />
Durch das Wochenendpendeln ist es nicht nur schwierig,<br />
Kinderbetreuung und die Pflege von Angehörigen<br />
zu regeln, sondern es bleiben auch soziale Kontakte<br />
auf der Strecke.<br />
Eine vertiefende empirische Untersuchung zu den<br />
Auswirkungen des dienstlichen Pendelns auf das<br />
Familien- und Privatleben stellt fest, dass Wochenend-<br />
wie auch Tagespendler, ebenso wie ihre Partner,<br />
vermehrt auf Freizeitaktivitäten verzichten. Gerade<br />
dieser Verzicht wirke sich insgesamt negativ auf die<br />
Zufriedenheit in verschiedenen Bereichen des Lebens<br />
aus. Auch führten die beruflichen Belastungen bei den<br />
Pendlern immer wieder zu Spannungen im Privatund<br />
Familienleben. Unter den Wochenendpendlern<br />
sind nach dieser Untersuchung häufig jüngere Soldatinnen<br />
und Soldaten anzutreffen, für die das Pendeln<br />
es besonders erschwert, einen Partner oder eine Partnerin<br />
zu finden beziehungsweise langfristig an sich zu<br />
binden.<br />
Reduzierung von Versetzungen<br />
Da die aufgezeigten belastenden Faktoren sich insgesamt<br />
auch auf die Zufriedenheit mit der Bundeswehr<br />
als Arbeitgeber auswirken, können sie negative<br />
Effekte auf die Arbeitsleistung haben. Im Rahmen der<br />
Attraktivitätsagenda ist daher richtigerweise die Notwendigkeit<br />
erkannt worden, Versetzungen zum<br />
Wohle der Soldatenfamilien und im Interesse der<br />
Bundeswehr als Arbeitgeber zu reduzieren sowie das<br />
Pendeln zu minimieren.