Deutscher Bundestag 18/7250 Unterrichtung
1807250
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Drucksache <strong>18</strong>/<strong>7250</strong> – 62 – <strong>Deutscher</strong> <strong>Bundestag</strong> – <strong>18</strong>. Wahlperiode<br />
7 Frauen in der Bundeswehr<br />
Erhöhung des Frauenanteils<br />
Im Vergleich zum Vorjahr ist die Anzahl der Frauen<br />
in der Bundeswehr im Berichtszeitraum von <strong>18</strong>.923<br />
auf 19.284 wieder leicht gestiegen. Dies ist ein Frauenanteil<br />
von knapp elf Prozent (Sanitätsdienst knapp<br />
39 Prozent). Im Vergleich dazu liegt beispielsweise<br />
der Anteil der Frauen in den Streitkräften Norwegens<br />
bei 17 Prozent, in der französischen Armee bei 15<br />
Prozent und in den Streitkräften der Vereinigten Staaten<br />
von Amerika bei ebenfalls 15 Prozent. Der Frauenanteil<br />
bei den Berufssoldatinnen und -soldaten<br />
beträgt 4,4 Prozent, bei den Soldatinnen und Soldaten<br />
auf Zeit waren es Ende des Berichtsjahres 13,5 Prozent<br />
und 13,9 Prozent bei den Freiwillig Wehrdienstleistenden.<br />
Damit bleibt der Frauenanteil in den deutschen<br />
Streitkräften nach wie vor hinter dem im Soldatinnen-<br />
und Soldatengleichstellungsgesetz vorgegebenen<br />
Anteil von 15 Prozent (im Sanitätsdienst von<br />
50 Prozent) zurück. Erfreulich ist der Anstieg der Bewerberinnen<br />
von 15 auf 17 Prozent im ersten Halbjahr<br />
2015 im Vergleich zum Vorjahr.<br />
Es muss jedoch noch mehr getan werden, um Frauen<br />
für die Bundeswehr zu gewinnen und in der Bundeswehr<br />
zu halten. Basis für die Personalgewinnung der<br />
Bundeswehr ist längst nicht mehr exklusiv die männliche<br />
Hälfte der Bevölkerung.<br />
Seitdem in Folge eines Urteils des Europäischen<br />
Gerichtshofes aus dem Jahr 2000 die Streitkräfte für<br />
Frauen im Jahr 2001 vollständig geöffnet wurden, hat<br />
sich in Sachen Gleichstellung in der Bundeswehr<br />
zwar einiges getan. Dennoch sind Frauen in vielen<br />
Bereichen, zum Beispiel in den Kampftruppen oder<br />
in den Spezialkräften, nach wie vor stark unterrepräsentiert.<br />
Das macht es für die männlichen Kameraden<br />
nicht leicht, es als Normalität anzuerkennen, dass<br />
Frauen und Männer gemeinsam dienen.<br />
Dem hinlänglich bekannten Vorbehalt, die mangelnde<br />
körperliche Leistungsfähigkeit von Frauen<br />
führe zum Verlust der Kampfkraft der Armee und<br />
könne im Einsatz tödliche Konsequenzen haben, kann<br />
nicht zugestimmt werden. Im militärischen Dienst ist<br />
nicht allein physische Stärke ausschlaggebend, sondern<br />
auch die psychische Verfassung, Führungsstärke<br />
und nicht zuletzt technische Fähigkeiten. Die generell<br />
geforderten physischen Standards, zum Beispiel das<br />
Gewicht des Marschgepäcks, sollten auf den Prüfstand<br />
gestellt werden und zwar für Frauen und Männer<br />
gleichermaßen. Dabei muss untersucht werden,<br />
welche Anforderungen an die körperliche Leistungsfähigkeit<br />
im Hinblick auf den technischen Fortschritt<br />
zur Aufgabenerfüllung wirklich notwendig sind.<br />
Damit verbunden ist auch die Frage, wie bestehende<br />
Technik weiter verbessert werden kann. Im Übrigen<br />
sind für unterschiedliche Dienstposten auch unterschiedliche<br />
Voraussetzungen und Fähigkeiten erforderlich.<br />
Nicht jede Soldatin und jeder Soldat muss für<br />
alle Verwendungen gleichermaßen befähigt sein. Und<br />
tatsächlich ist es auch niemand, weder Mann noch<br />
Frau.<br />
In Führungspositionen der Bundeswehr sind Frauen<br />
nach wie vor deutlich unterrepräsentiert. Insoweit<br />
können weibliche Interessenten dort auch keine guten<br />
beruflichen Entwicklungsmöglichkeiten für sich<br />
erkennen. Die Problematik ist bekannt und führte zur<br />
Bildung eines neuen Stabselements „Chancengleichheit“<br />
im Bundesministerium der Verteidigung, das<br />
mit der übergreifenden Steuerung und Koordinierung<br />
der Herstellung von Chancengerechtigkeit in der Karriere<br />
zwischen den Geschlechtern beauftragt ist.<br />
Unter der Leitung einer Oberstärztin wird seit Mai<br />
2015 zunächst ein Lagebild erstellt. Dazu werden vor<br />
allem valide Zahlen gesammelt. Auf der Grundlage<br />
des Lagebildes soll eine Ursachenanalyse durchgeführt<br />
werden, aus der Maßnahmen und Initiativen zur<br />
Chancengerechtigkeit entwickelt werden.<br />
Aus dem bislang vorliegenden Zahlenmaterial können<br />
nur Tendenzen abgelesen werden. Danach scheint<br />
es, dass Teilzeitbeschäftigte unabhängig vom<br />
Geschlecht tendenziell schlechter beurteilt werden als<br />
Vollzeitbeschäftigte. Tatsache ist jedoch, dass mehr<br />
Frauen als Männer in Teilzeit beschäftigt sind. Außerdem<br />
gibt es die Tendenz, dass Frauen bei gleicher<br />
Leistungsbewertung wie Männer in der Förderperspektive,<br />
also in der Beurteilung, welche Karriere den<br />
Frauen zugetraut wird, schlechter abschneiden. Möglicherweise<br />
trauen Vorgesetzte Frauen, wenn sie sich<br />
in der Familiengründungsphase befinden, weniger zu.<br />
Eingeschränkte Versetzungs- und Verwendungsmöglichkeiten<br />
können so zu einer schlechteren Förderperspektive<br />
führen. Die Tendenzen bedürfen noch weiterer<br />
Untersuchungen. Diese wird der Wehrbeauftragte<br />
mit besonderem Interesse begleiten.<br />
Neben der Frage möglicher Benachteiligung bei Beförderungen<br />
muss auch dem Problem nachgegangen<br />
werden, dass zu wenige Frauen den Antrag auf Übernahme<br />
in das Dienstverhältnis eines Berufssoldaten<br />
stellen, obwohl die Voraussetzungen dafür vorliegen.<br />
Beispielsweise finden sich unter den <strong>18</strong>.300 Angehörigen<br />
der 1. Panzerdivision 1.012 Soldatinnen, aber<br />
von diesen sind nur 33 Berufssoldatin.<br />
In Eingaben und Gesprächen wird dem Wehrbeauftragten<br />
als ein Grund, nicht Berufssoldatin werden zu<br />
wollen, die mangelnde Vereinbarkeit des Dienstes mit<br />
dem Familienleben genannt. Soldatinnen berichten,<br />
Schwangerschaft, Mutterschutz und Elternzeit hätten<br />
beispielsweise negative Auswirkungen auf den<br />
Ablauf ihrer Ausbildung, weil unter anderem während<br />
der Ausbildung eine Teilzeitbeschäftigung nicht