Deutscher Bundestag 18/7250 Unterrichtung
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Drucksache <strong>18</strong>/<strong>7250</strong> – 52 – <strong>Deutscher</strong> <strong>Bundestag</strong> – <strong>18</strong>. Wahlperiode<br />
Der in der Attraktivitätsagenda eingeschlagene Kurs,<br />
die Karrierewege der Soldatinnen und Soldaten zu<br />
flexibilisieren, indem Auflagen für den Verwendungsaufbau<br />
gesenkt und bestimmte Verwendungen<br />
nicht mehr zwingend vorgeschrieben werden, ist richtig.<br />
Dies gilt insbesondere für Spezialisten. Die Idee,<br />
durch weniger Versetzungen Kompetenzen am Standort<br />
zu belassen und damit vom Erhalt der fachlichen<br />
Erfahrung zu profitieren, sorgt letztlich auch für eine<br />
Professionalisierung der Streitkräfte.<br />
Daher ist die bereits umgesetzte Agendamaßnahme,<br />
militärisches Führungspersonal auf Dienstposten mit<br />
Disziplinarbefugnis grundsätzlich für drei Jahre zu<br />
binden, ein Schritt in die richtige Richtung. Diese<br />
Maßnahme verringert zum einen die Versetzungshäufigkeit,<br />
führt aber gleichzeitig zu mehr Kontinuität<br />
und damit zu einem höheren Maß an Effizienz im<br />
betreffenden Aufgabenbereich. Da diese Argumente<br />
ebenfalls für andere Verwendungen des Führungspersonals,<br />
etwa in Ämtern, zutreffen, sollte überlegt<br />
werden, die Stehzeit-Regelung auf diese Verwendungen<br />
auszuweiten. Das Vorhaben, die Anzahl der<br />
Dienstposten, die sowohl militärisch als auch zivil<br />
besetzt werden können, zu erhöhen und mehr Dienstposten<br />
ohne feste Zuordnung zu Uniformträgerbereichen<br />
zur Verfügung zu stellen, kann ebenfalls die heimatferne<br />
Versetzungshäufigkeit verringern.<br />
Planbarkeit von Versetzungen und Umzügen<br />
Ein weiteres Ziel ist es, ab 2016 zwei feste Versetzungstermine<br />
einzurichten. Diese Maßnahme soll<br />
künftig die Planbarkeit nicht zu vermeidender Umzüge<br />
für Soldatinnen und Soldaten erleichtern. Zusammen<br />
mit der dann vorgeschriebenen vorherigen<br />
Schutzfrist von sechs Monaten wird die Maßnahme<br />
den Betroffenen einen nicht unerheblichen Zugewinn<br />
an Planungssicherheit und Verlässlichkeit bringen.<br />
Denn es besteht dann die Verpflichtung der Personalführung,<br />
die geplante Versetzung spätestens sechs<br />
Monate vor dem Termin mitzuteilen. Inwieweit sich<br />
diese Maßnahmen kurz- und mittelfristig praktisch<br />
umsetzen lassen, bleibt abzuwarten. Nach derzeitiger<br />
Praxis wird selbst die bisher vorgeschriebene nur<br />
dreimonatige Schutzfrist in vielen Fällen unterschritten.<br />
Bereits im Vorfeld werden aus der Truppe die beiden<br />
geplanten Versetzungstermine 1. April und 1. Oktober<br />
kritisiert. Hier sollen allerdings auch individuelle<br />
Lösungen möglich sein. Gerade Soldatinnen und<br />
Soldaten mit schulpflichtigen Kindern befürchten, zu<br />
zusätzlichem Pendeln gezwungen zu sein, da die<br />
genannten Termine mit dem Beginn eines Schuljahres<br />
beziehungsweise eines Schulhalbjahres nicht übereinstimmten.<br />
In diesem Zusammenhang ist positiv zu bewerten,<br />
dass das Bundesministerium der Verteidigung bei der<br />
Fortschreibung der Maßnahmen der Agenda die Bitte<br />
des Wehrbeauftragten in seine weiteren Überlegungen<br />
einfließen lassen will, bei der Kultusministerkonferenz<br />
dafür zu werben, an geeigneten Standorten<br />
Schulen mit einem bundeseinheitlichen Rahmenlehrplan<br />
einzurichten, um Schulwechsel der Kinder bei<br />
Versetzungen zu erleichtern.<br />
Versetzungsbedarf resultiert oftmals aus der Notwendigkeit,<br />
freigewordene Dienstposten nachzubesetzen,<br />
deren Inhaber wegen Erreichens der Altersgrenze<br />
oder des Endes der Verpflichtungszeit ausscheiden.<br />
Das kann zu jedem Zeitpunkt der Fall sein. Die Festlegung<br />
von zwei jährlich festen Versetzungsterminen<br />
erfordert daher eine Koordination mit den Zeitpunkten<br />
der Zurruhesetzung der ausscheidenden Soldatinnen<br />
und Soldaten, um Vakanzen auf den nachzubesetzenden<br />
Dienstposten zu vermeiden. Deshalb müssen<br />
Regelungen gefunden werden, die die Versetzungsund<br />
Zurruhesetzungszeitpunkte der Soldatinnen und<br />
Soldaten in Einklang bringen. Dies scheint bei den<br />
Berufssoldaten weniger schwierig als bei den Zeitsoldaten,<br />
da schon nach jetziger Gesetzeslage bei den<br />
Berufssoldaten vom Dienstherrn ein späterer Zurruhesetzungstermin<br />
festgelegt werden kann.<br />
Die ab Mitte 2017 geplante Dienstposteninformationsbörse,<br />
die nicht über die offenen, sondern über<br />
sämtliche Stellen und Verwendungsmöglichkeiten im<br />
In- und Ausland informiert und Interessierten ermöglichen<br />
soll, individuelle Verwendungswünsche aktiv<br />
auf der Plattform anzumelden, wird ein Novum in der<br />
Personalführung der Bundeswehr sein. Inwieweit die<br />
Börse über die bloßen Informationsmöglichkeiten<br />
hinaus Einfluss auf konkrete Personalmaßnahmen<br />
haben wird, hängt letztlich von der technischen<br />
Umsetzung und vor allem der Vernetzung mit den<br />
zuständigen Stellen im Bundesamt für das Personalmanagement<br />
der Bundeswehr ab. Denn nur wenn die<br />
angemeldeten Verwendungswünsche auch systematisch<br />
ausgewertet werden können – was wiederum mit<br />
der Kapazität und damit der Zahl der durch den Personalführer<br />
zu verwaltenden Soldatinnen und Soldaten<br />
zusammenhängt –, kann die Börse den gewünschten<br />
Effekt erzielen.<br />
Alles in allem scheinen die genannten Planungsvorhaben<br />
und bereits umgesetzten Maßnahmen in<br />
vielen Fällen geeignet, die militärischen Karrieren zu<br />
regionalisieren und Versetzungen zu reduzieren. Sie<br />
sind im Sinne der besseren Vereinbarkeit von Familien-<br />
beziehungsweise Privatleben und Dienst zu<br />
begrüßen.