Deutscher Bundestag 18/7250 Unterrichtung
1807250
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Drucksache <strong>18</strong>/<strong>7250</strong> – 64 – <strong>Deutscher</strong> <strong>Bundestag</strong> – <strong>18</strong>. Wahlperiode<br />
8 Sanitätsdienst und Gesundheit von Soldatinnen<br />
und Soldaten<br />
Personalsituation im Sanitätsdienst<br />
Seit Jahren ist der Sanitätsdienst der Bundeswehr personell<br />
unterbesetzt. In den Fachgebieten der Humanmedizin<br />
wurde im Jahr 2015 insgesamt ein Personalfehl<br />
von knapp 300 Fachärzten errechnet. Um die<br />
Unterbesetzung im klinischen Bereich zumindest zum<br />
Teil aufzufangen, mussten der Personalpool des<br />
Ergänzungspersonals Einsatz ausgeschöpft und<br />
Assistenzärzte im letzten Weiterbildungsjahr sowie<br />
zivile Vertragsärzte eingesetzt werden. Bei der Regeneration<br />
in diesen Fachbereichen ist eine leicht positive<br />
Tendenz erkennbar. Zurückzuführen ist die Entwicklung<br />
auf die erhöhten Studienplatzkapazitäten<br />
und das gestiegene Bewerberaufkommen für die Einstellung<br />
als Sanitätsoffiziersanwärter.<br />
Dies zeigt, dass der Sanitätsdienst als Arbeitgeber<br />
jedenfalls bei angehenden Ärzten durchaus attraktiv<br />
ist. Weniger erfolgreich war dagegen die gewünschte<br />
Anwerbung voll ausgebildeter Fachärzte. Ein weiteres<br />
Problem ist, dass mehr als zehn Prozent der Sanitätsoffiziere<br />
jährlich nach erfolgreichem Abschluss<br />
des Studiums nachträglich den Dienst verweigern.<br />
Die jüngste Entwicklung der Antragstellungen deutet<br />
hier zwar auf einen leichten Rückgang hin. Dennoch<br />
führen die Kriegsdienstverweigerungen zu Lücken in<br />
der truppenärztlichen Versorgung.<br />
Bei der Übernahme zum Berufssanitätsoffizier konnte<br />
der Ergänzungsbedarf wie im Vorjahr nicht in allen<br />
Fachgebieten gedeckt werden. Neben mangelnder<br />
Qualifikation der Bewerber muss davon ausgegangen<br />
werden, dass das Dienstverhältnis eines Berufssoldaten<br />
nicht für alle Sanitätsoffiziere attraktiv und damit<br />
erstrebenswert ist. Ohne die konsequente Durchführung<br />
der Maßnahmen des laufenden Attraktivitätsprogramms<br />
für den Sanitätsdienst werden die Personalengpässe<br />
nicht behoben werden können.<br />
Ein wesentliches Attraktivitätsmerkmal ist die im<br />
Gesetz zur Steigerung der Attraktivität des Dienstes<br />
in der Bundeswehr verankerte Fortzahlung der seit<br />
2009 gewährten Zulage für Rettungsmediziner und<br />
Fachärzte, die im Auslandseinsatz benötigt werden.<br />
Allerdings hat das Bundesministerium der Verteidigung<br />
es erneut abgelehnt, weitere Personengruppen,<br />
wie Sanitätsoffiziere Zahnarzt/Oralchirurg, Apotheker<br />
und Veterinäre in die Zulagengewährung einzubeziehen.<br />
Es entsteht der Eindruck, dass die ausgeschlossenen<br />
Berufsgruppen, die ebenfalls an Auslandseinsätzen<br />
teilnehmen, gegenüber den Sanitätsoffizieren<br />
Arzt als weniger unterstützungswürdig<br />
betrachtet werden. Dies ist nicht sachgerecht.<br />
Obwohl der tatsächliche Personalbedarf im klinischen<br />
Bereich durch das geänderte höherwertige und dem<br />
zivilen Bedarf angepasste Aufgabenspektrum der<br />
Bundeswehrkrankenhäuser zwischenzeitlich deutlich<br />
gestiegen ist, wurden bisher keine weiteren Stellen<br />
für das klinische Personal eingerichtet. Zu begrüßen<br />
ist, dass die bislang unzureichende klinische<br />
Personalausstattung nun endlich zur Kenntnis genommen<br />
worden ist und das Bundesministerium der Verteidigung<br />
150 neue Arztstellen für die Besetzung in<br />
den Bundeswehrkrankenhäusern zugesagt hat.<br />
Trotz der Verpflichtungs- und Bindungsprämien, die<br />
nach dem Gesetz zur Steigerung der Attraktivität des<br />
Dienstes in der Bundeswehr gewährt werden können,<br />
bleibt die Stellenbesetzung für Assistenz- und Pflegepersonal<br />
eine große Herausforderung. Bei den medizinischen<br />
Assistenzberufen (Sanitätsfeldwebel mit<br />
und ohne Portepee) besteht nach wie vor Personalmangel.<br />
Bei den Laufbahngruppen der Sanitätsfeldwebel<br />
fehlen rund zehn Prozent. Bei den Feldwebeln<br />
mit spezifischen Fachverwendungen (zum Beispiel<br />
bei Rettungsassistenten/Notfallsanitätern oder Anästhesie-/Operations-Pflegern)<br />
konnte wie in den Vorjahren<br />
der Bedarf nur zu etwa zwei Dritteln abgedeckt<br />
werden. Darüber hinaus sind in den Bundeswehrkliniken<br />
nicht hinreichend Assistenz- und Pflegekräfte<br />
in der Personalstruktur eingeplant, um die<br />
erhöhten qualitativen medizinischen Leistungsanforderungen<br />
des modernen Klinikbetriebs rund um die<br />
Uhr erfüllen zu können. Deshalb sollten, wie bei den<br />
Sanitätsoffizieren Arzt, auch in diesen Laufbahngruppen<br />
neue Stellen geschaffen werden.<br />
Die Konkurrenz am Arbeitsmarkt wird die Bundeswehr<br />
ohne weitergehende attraktivitätssteigernde<br />
Maßnahmen, vor allem durch erhöhte finanzielle<br />
Anreize für Assistenz- und Pflegekräfte, etwa mittels<br />
besonderer Zulagen, nicht gewinnen können. Das<br />
Pilotprojekt einer Krankenpflegeschule beim Bundeswehrkrankenhaus<br />
Ulm ist nur ein kleiner Schritt, um<br />
zumindest für eine interne Regeneration des Pflegepersonals<br />
zu sorgen.<br />
Das Bundesministerium der Verteidigung hat bestätigt,<br />
dass die personelle Situation des Sanitätsdienstes<br />
vor dem Hintergrund des regional unterschiedlichen<br />
Bewerberaufkommens und der gleichzeitigen Notwendigkeit<br />
bundesweit zu besetzender Dienstposten<br />
im Sanitätsdienst in Zusammenhang mit der Realisierung<br />
des Anspruchs der Vereinbarkeit von Familienbeziehungsweise<br />
Privatleben und Dienst eine große<br />
Herausforderung bleibt. Die von der Bundesministerin<br />
der Verteidigung angewiesene Erarbeitung einer<br />
neuen Personalstrategie soll dieser Herausforderung<br />
begegnen.<br />
Dazu muss auch ein Konzept zur Kompensation familienbedingter<br />
Vakanzen gehören, die aufgrund des<br />
hohen Frauenanteils den Sanitätsdienst besonders<br />
belasten. Familienbedingte Freistellungen gehen<br />
regelmäßig zu Lasten des dienstleistenden Personals,