Transgourmet Spezial Mehrwert - spezial_mehrwerte_2016.pdf
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DIALOG<br />
In Deutschland gibt es<br />
eine Vertrauenskrise.<br />
Quellen und wollen sicher sein bei<br />
dem, was sie selbst konsumieren oder<br />
ihrer Familie vorsetzen. Dabei ist es<br />
gerade um die Sicherheit bei Lebensmitteln<br />
in Deutschland gut bestellt. In<br />
den letzten fünf Jahren wurden im<br />
Schnitt jährlich gerade einmal 100 Lebensmittelwarnungen<br />
über den Twitter-Kanal<br />
von www.lebensmittelwarnung.de<br />
veröffentlicht. Die Seite wird<br />
vom Bundesamt für Verbraucherschutz<br />
und Lebensmittelsicherheit<br />
betrieben. „Das Vertrauen in die deutsche<br />
Lebensmittelindustrie ist durchaus<br />
zufriedenstellend und liegt weit<br />
vor dem gegenüber der Automobilund<br />
Bankenbranche“, weiß Jens Krüger,<br />
der für den Verein Lebensmittelwirtschaft<br />
im vergangenen Jahr Verbraucher<br />
befragte, wie es um ihre Meinung<br />
zu unterschiedlichen Branchen<br />
bestellt ist. „Wir haben allerdings<br />
prinzipiell in Deutschland eine Vertrauenskrise,<br />
was auch mit der Digitalisierung<br />
zu tun hat.“ Durch eine „Wiki“-isierung<br />
des Wissens gibt es zu viele,<br />
auch widersprüchliche Informationen.<br />
Damit wird es immer<br />
schwieriger, zu einer fundierten Meinung<br />
zu gelangen. Krüger ist überzeugt,<br />
dass der Verbraucher heute nur<br />
noch der Stiftung Warentest als neutraler<br />
Quelle vertraut. Direkt danach<br />
Der Weg zum Vertrauen<br />
Die Führungsebene muss engagiert vorangehen und<br />
nach innen und außen ein Vorbild sein.<br />
Unternehmen sollten verbindlich, schnell, freundlich und<br />
kompetent mit Input von außen umgehen.<br />
Im ständigen Optimierungsprozess das eigene Verhalten<br />
und das der Mitarbeiter auf den Prüfstand stellen.<br />
Immer die Mitarbeiter mit ins Boot holen, um bei Kritik<br />
professionell reagieren zu können.<br />
Zulieferkette samt Lieferpartner so gut wie möglich<br />
kennen und Risikomanagement vorbereiten und mit<br />
gesamtem Team absprechen.<br />
Transparenz gegenüber den Kunden zeigen, z. B. mit<br />
Lieferanten-Fibel (Profil der Partner) oder Storytelling.<br />
Kommunikationskanäle wie Social-Media-Einträge im<br />
Blick behalten und bei Kritik sofort besonnen reagieren.<br />
Smartphones schnell gezückt<br />
Jeder Fünfte googelt beim Einkauf<br />
29<br />
Jahre 14-18<br />
26<br />
19-29<br />
Quelle: BMEL – Ernährungsreport 2016<br />
22<br />
30-44<br />
Unternehmen spüren<br />
Veränderungsdruck.<br />
45-59<br />
kommen Freunde und Bekannte. Diese<br />
Einschätzung teilen auch die Studien<br />
Ketchum Food 2020 und das Edelman-Trust-Barometer.<br />
„Im Bereich<br />
Lebensmittel und Ernährung haben<br />
wir in Deutschland 80 Millionen Experten.<br />
Das Thema betrifft jeden Einzelnen“,<br />
sagt Ulrich Helzer, Leiter des<br />
Corporate-Affairs-Geschäfts bei<br />
Edelman.ergo. Ein großer Teil sei jedoch<br />
beim Vertrauen noch nicht festgelegt,<br />
sondern wäge je nach gesellschaftlicher<br />
und medialer Diskussion<br />
ab.<br />
Beim Spiel der medialen Diskussion<br />
sind die Gastronomen bisher aktiver<br />
als die Lebensmittelindustrie. Restaurants<br />
konnten in den vergangenen<br />
Jahren über das unmittelbare Feedback<br />
auf Portalen wie Yelp oder Tripadvisor<br />
die Auswirkungen einer einzelnen<br />
harschen Kritik am eigenen<br />
Leib spüren. Sie haben den Dialog mit<br />
den Kunden aufgenommen und reagieren<br />
inzwischen professionell mit<br />
entsprechenden Gegenmaßnahmen.<br />
In diesem Punkt hinkt die Industrie<br />
noch hinterher. Die Zeiten sind vorbei,<br />
dass Kunden zwar vorher befragt<br />
werden, man die Produkte jedoch<br />
dann hinter verschlossenen Türen<br />
nach Gutdünken entwickelt – in der<br />
selbstbewussten Überzeugung, dass<br />
sich diese mit dem richtigen Marketing<br />
schon verkaufen lassen. „Die Industrie<br />
muss lernen, zuzuhören – und<br />
tut das an vielen Stellen auch schon.<br />
Ich erlebe das als echten Veränderungswillen,<br />
weil alle eben auch den<br />
Veränderungsdruck spüren“, berichtet<br />
Krüger und ergänzt: „Hersteller<br />
hören auf Konsumenten heute nicht<br />
nur über Marktforschung und Trendstudien,<br />
sondern auch über eigens dafür<br />
kreierte Plattformen und Verbraucherbeiräte.<br />
Von dort kommen die Innovationen!“<br />
Eine enge Kooperation<br />
zwischen Gastronomie und Lebensmittelhersteller<br />
wird immer wichtiger,<br />
um den Informationsbedarf der<br />
Kundschaft stillen zu können –<br />
schließlich steigt von Tag zu Tag der<br />
Anspruch, die gewünschten Informationen<br />
sofort, mundgerecht und auf<br />
dem Silbertablet(t) zu erhalten.<br />
Laut Krüger könnte es durchaus noch<br />
Dekaden dauern, bis das in der Branche<br />
durchweg gelebt wird. Ob der<br />
Zeitgeist allerdings so geduldig sein<br />
wird, bleibt fraglich. Zu leicht kann<br />
dieser Wissensdrang jederzeit in eine<br />
Vorwurfhaltung kippen: Unternehmen,<br />
die nicht aus eigenem Antrieb<br />
ihre Lieferketten und Produktionsstätten<br />
transparent darstellen und den<br />
Dialog mit dem Abnehmer scheuen,<br />
könnten schnell unter dem Generalverdacht<br />
des „Etwas-Verbergen-Müssens“<br />
stehen.<br />
Daniela Dietz<br />
15<br />
%<br />
17<br />
60 Jahre<br />
und älter<br />
© gv-praxis-grafik<br />
Ein Fünftel der<br />
Smartphone-Besitzer<br />
googelt beim<br />
Einkauf, 14 Prozent<br />
rufen QR-Codes auf,<br />
wenn sie mehr<br />
wissen wollen.<br />
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