Transgourmet Spezial Mehrwert - spezial_mehrwerte_2016.pdf
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FOOD-RETTER<br />
Äußere Mängel sagen<br />
nichts über innere Werte.<br />
Verbraucher erwarten<br />
attraktive Preise.<br />
Gemüse als Aktionsware an. Birnen<br />
mit Hagelschäden etwa oder Nektarinen<br />
mit kleinen Schalenfehlern. Dem<br />
Geschmack tun solche optischen Abweichungen<br />
keinen Abbruch“, erklärt<br />
der Manager. Im Frühjahr 2015 wurde<br />
erstmals auch gekrümmter Spargel<br />
verkauft, der größtenteils aus dem badischen<br />
Raum stammte und pro Kilogramm<br />
7,50 Schweizer Franken kostete.<br />
Da die Natur nicht beliebig viele<br />
solcher Gewächse hervorbringt, sind<br />
die Saisonartikel nur in 50 bis 250 ausgewählten<br />
Supermärkten erhältlich.<br />
Ünique-Aktionsware sowie Karotten<br />
und Gurken indes werden in allen 850<br />
Filialen angeboten.<br />
Dass die Kunden die Idee unterstützenswert<br />
finden, zeigen die Verkaufszahlen:<br />
2014 konnte Coop über 180<br />
Tonnen Karotten und 36 Tonnen<br />
Birnen unter dem Ünique-Label verkaufen.<br />
2015 gingen insgesamt 650<br />
Tonnen Ware über die Supermarkt-<br />
Theken. „Die Reaktionen unserer<br />
Kunden sind positiv, nicht umsonst<br />
haben wir das Angebot stetig ausgebaut“,<br />
sagt Dippold. Allerdings beobachtet<br />
der Manager, dass es immer<br />
noch eine Diskrepanz gibt zwischen<br />
dem, „was man richtig und gut findet,<br />
und dem, was man tatsächlich kauft“.<br />
Der Verbraucher hat sich an makellose<br />
Produkte gewöhnt, bewertet Qualität<br />
immer noch nach dem Äußeren.<br />
Oder, um es mit Dippolds Worten zu<br />
sagen: „Die Kunden finden die Idee<br />
zwar unterstützenswert, kaufen aber<br />
trotzdem lieber schön – wenn sie<br />
nicht den Preisvorteil haben.“ Attraktive<br />
Preise seien für krummes Obst<br />
und Gemüse ein notwendiger Verkaufsmotor.<br />
Das Bewusstsein, dass gutes<br />
Gemüse und schmackhafte Früchte<br />
nicht dem klassischen Schönheitsbild<br />
entsprechen müssen, nähme aber<br />
zu. Das Engagement bedeutete für das<br />
Handelsunternehmen einen beachtli-<br />
Axel Dippold, Wegbereiter für krummes<br />
Gemüse bei der Coop Schweiz.<br />
Culinary Misfits<br />
Das Engagement für krummes Obst und Gemüse von Coop<br />
Schweiz hat auch andere Händler beflügelt. So brachte<br />
Rewe International 2013 in Österreich die Eigenmarke<br />
„Wunderlinge“ auf den Markt, Edeka startete das Pilotprojekt<br />
„Keiner ist perfekt“. 2014 launchte die französische<br />
Supermarktkette Intermarché ihre Marke „Les fruits et<br />
légumes moches“ (hässliches Obst und Gemüse) und setzte<br />
den Verkauf mit einer großen Anzeigenkampagne in Szene.<br />
Der You-Tube-Film zur Anti-Wegwerf-Kampagne erzielte<br />
schon nach kurzer Zeit vier Millionen Clicks. Nur wenige<br />
Händler haben krummes Obst und Gemüse dauerhaft im<br />
Sortiment. In Deutschland gehört der Discounter Penny<br />
dazu, der seit April 2016 deutschlandweit die „Naturgut Bio<br />
Helden“ anbietet.<br />
chen Aufwand – nicht nur, was interne<br />
Prozesse anbelangt. Auch die Lieferanten<br />
mussten überzeugt werden.<br />
„Verwachsene Kiwis? Unsere Lieferanten<br />
haben es zuerst gar nicht geglaubt.<br />
Jahrelang haben sie krumme,<br />
nicht den Handelsnormen entsprechende<br />
Produkte aussortiert. Sie waren<br />
technisch gar nicht darauf eingerichtet.“<br />
Für Dippold steht der Aufwand<br />
in jedem Fall im Verhältnis zum<br />
Erfolg. „Unsere Bilanz ist sehr positiv.<br />
Man braucht ein Thema, mit dem<br />
man das Herz der Kunden erreicht.<br />
Wir haben eine<br />
regelrechte Sympathiewelle<br />
ausgelöst“, sagt<br />
der Mit-Initiator der<br />
Ünique-Idee und kündigt<br />
weitere Neuerungen an. Das Thema<br />
sei mehr als eine PR-Aktion, in vielen<br />
europäischen Ländern gibt es ähnliche<br />
Initiativen. Ob Österreich,<br />
Frankreich oder Deutschland: Längst<br />
haben weitere Handelsketten die Idee<br />
von Coop Schweiz aufgegriffen und<br />
ebenfalls Eigenmarken für krumme<br />
Früchte eingeführt. Ulla Dammer