Altlandkreis Ausgabe November/Dezember 2019 - Das Magazin für den westlichen Pfaffenwinkel
Der Traum vom deutschen Rekord - Stefanie Strauß drückt 110 kg | Kabarettist Helmut Schleich auf der Roten Couch | Zu Allerheiligen: Bestattung ist ein altes Gesetz |
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Invasive Arten breiten sich immer stärker aus<br />
Gekommen,<br />
um zu bleiben<br />
Wessobrunn | Vor einigen Monaten<br />
ging die spektakuläre Meldung<br />
von der Sichtung des Goldschakals<br />
in Thüringen durch die<br />
Presse. Eine Fotofalle erwischte<br />
<strong>den</strong> „kleinen Bruder des Wolfs“,<br />
der vom Balkan stammt, aber<br />
nun auch in vielen anderen europäischen<br />
Ländern ideale klimatische<br />
Bedingungen vorfindet<br />
und heimisch wird. Er gehört zu<br />
<strong>den</strong> sogenannten „Neozoten“:<br />
gebietsfrem<strong>den</strong> Tierarten, die sich<br />
dauerhaft etablieren und ausbreiten<br />
können. Ebenfalls <strong>für</strong> Aufsehen<br />
sorgte der Asiatische Laubholzbockkäfer,<br />
ein Baumschädling<br />
aus Fernost, der 2017 in Murnau<br />
entdeckt wurde. <strong>Das</strong> Bayerische<br />
Staatsministerium <strong>für</strong> Ernährung,<br />
Landwirtschaft und Forsten richtete<br />
umgehend eine Quarantänezone<br />
ein, die noch bis 2020 bestehen<br />
bleiben soll. Baumkletterer,<br />
Bo<strong>den</strong>kontrollen, Pheromonfallen<br />
und Spürhunde wer<strong>den</strong> eingesetzt,<br />
um <strong>den</strong> unliebsamen Gast<br />
zu bekämpfen. Der Ammersee<br />
geriet im Jahre 2006 in <strong>den</strong> Fokus<br />
der Öffentlichkeit, weil sich dort<br />
der Kamberkrebs aus Nordamerika<br />
breit machte und <strong>den</strong> heimischen<br />
Edelkrebs mit einem Pilz<br />
infizierte, der <strong>für</strong> ihn tödlich war.<br />
Der Kampf gegen diesen Eindringling<br />
ging verloren: Es gibt keine<br />
Edelkrebse mehr im Ammersee.<br />
Die sogenannten „invasiven Arten“<br />
sind auf dem Vormarsch.<br />
Bunte und<br />
giftige Gäste<br />
Weniger spektakulär, aber umso<br />
problematischer, kann es sich<br />
mit <strong>den</strong> „Neophyten“ verhalten:<br />
Martin Resch hist seit zehn Jahren Förster im Revier der Bayrischen Staats-<br />
t<br />
forsten Wessobrunn und damit <strong>für</strong> rund 2000 Hektar verantwortlich.<br />
6 | altlandkreis<br />
Pflanzen, die nach 1492 aus fernen<br />
Ländern gekommen sind<br />
und bei uns Fuß fassen. Laut<br />
dem Bayerischen Landesamt <strong>für</strong><br />
Umwelt wurde die Hälfte der in<br />
Bayern etablierten Neophyten<br />
beabsichtigt eingeführt. Ein Drittel<br />
sind Zierpflanzen, 20 Prozent<br />
land- und forstwirtschaftliche<br />
Nutzpflanzen (Kartoffel, Mais,<br />
Tomate), aber der Rest wurde<br />
unbeabsichtigt eingeschleppt –<br />
die Folgen der Globalisierung.<br />
Die Landratsämter in Oberbayern<br />
warnen schon seit Jahren vor<br />
einigen besonders aggressiven<br />
und erfolgreichen Pflanzen. Eine<br />
davon ist das Indische oder Drüsige<br />
Springkraut (lat.: Impatiens<br />
glandulifera). Anfang des 19. Jahrhunderts<br />
kam es als Zierpflanze<br />
vom Kaschmir über England nach<br />
Deutschland. Nur knapp zehn<br />
Jahre später „entkamen“ die ersten<br />
Samen aus <strong>den</strong> Gärten und<br />
breiteten sich wild über <strong>den</strong> gesamten<br />
europäischen Kontinent<br />
aus. <strong>Das</strong> bis zu einem Meter hohe<br />
Kraut ist an seiner lila-rosa-weißen<br />
Färbung gut zu erkennen und<br />
Der Riesen-Bärenklau mag zwar hübsch aussehen, verursacht<br />
allerdings erhebliche Probleme <strong>für</strong> <strong>den</strong> Menschen.<br />
verdankt seinen Namen der Tatsache,<br />
dass die bis zu 4 000 Samen<br />
einer einzelnen Pflanze bis zu<br />
zehn Meter weit „springen“ können.<br />
Seit einem Jahrzehnt hat sich<br />
das Springkraut in Oberbayern<br />
extrem vermehrt und wird kaum<br />
noch bekämpft. Für Mensch und<br />
Tier ist das Springkraut ungefährlich,<br />
besonders die Bienen freuen<br />
sich über die neue Nektarquelle<br />
und der Wanderer bewundert die<br />
farbenfrohen Flächen im Wald.<br />
Einige heimische Pflanzen hingegen<br />
haben unter der Anwesenheit<br />
des Gastes zu lei<strong>den</strong> – doch davon<br />
später mehr.<br />
Noch keine<br />
Bekämpfungspflicht<br />
Ganz anders verhält es sich mit<br />
dem Riesen-Bärenklau, der aus<br />
dem Kaukasus seinen Weg in die<br />
heimischen Wälder und Wiesen<br />
gefun<strong>den</strong> hat. Auch bekannt unter<br />
dem Namen „Herkulesstaude“<br />
(lat.: Heracleum mantegazzianum)<br />
kam er Ende des 19. Jahrhunderts<br />
ebenfalls als Zierpflanze<br />
nach Europa. Die Staude wird<br />
bis zu drei Meter groß und blüht<br />
in sehr großen weißen Dol<strong>den</strong>.<br />
Straßenböschungen, Waldränder,<br />
Feuchtwiesen und Brachflächen<br />
sind ihr bevorzugtes Habitat und<br />
jede Blüte bildet nach dem Absterben<br />
bis zu 50 000 flug- und<br />
schwimmfähige Samen. Für eine<br />
Massenverbreitung ist die Pflanze<br />
also bestens ausgerüstet. Während<br />
im Bayerischen Wald ganze<br />
Gebiete an <strong>den</strong> Riesen-Bärenklau<br />
verloren gingen, wird die Ausbreitung<br />
in Oberbayern vehement<br />
verhindert, <strong>den</strong>n so schön diese<br />
Strukturpflanze auch aussehen<br />
mag, sie verursacht große Probleme.<br />
Der Pflanzensaft enthält sogenannte<br />
„Furocumarine“. Unter<br />
Einwirkung von UV-Licht können<br />
so Hautschädigungen entstehen,<br />
die mit Verbrennungen dritten<br />
Grades vergleichbar sind. Ist der<br />
Himmel bedeckt, treten die Auswirkungen<br />
nach Kontakt mit dem<br />
Saft erst Stun<strong>den</strong> oder Tage später<br />
auf, wenn die Sonne wieder<br />
scheint. „Phototoxisch“ wird diese<br />
Eigenschaft genannt und unbe-