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Altlandkreis Ausgabe November/Dezember 2019 - Das Magazin für den westlichen Pfaffenwinkel

Der Traum vom deutschen Rekord - Stefanie Strauß drückt 110 kg | Kabarettist Helmut Schleich auf der Roten Couch | Zu Allerheiligen: Bestattung ist ein altes Gesetz |

Der Traum vom deutschen Rekord - Stefanie Strauß drückt 110 kg | Kabarettist Helmut Schleich auf der Roten Couch | Zu Allerheiligen: Bestattung ist ein altes Gesetz |

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Schongau | Helmut Schleich<br />

zählt zu <strong>den</strong> besten Kabarettisten<br />

Deutschlands. Er übt Tournee- und<br />

Bühnentätigkeiten aus, hat mit<br />

„SchleichFernsehen“ seine eigene<br />

TV-Sendung und spricht regelmäßig<br />

im Radio. Längst legendär<br />

sind seine Auftritte als Franz Josef<br />

Strauß, der dank Schleich auch 31<br />

Jahre nach seinem Tod noch bestens<br />

ankommt beim Publikum.<br />

Im großen Interview auf der Roten<br />

Couch spricht der 52-jährige<br />

Münchner über seine prägende<br />

Kindheit in Schongau, die ewige<br />

Treue zu einem hiesigen Autohaus<br />

und wertvolle Familientreffen<br />

an Allerheiligen. Außerdem<br />

verrät der Vater dreier Kinder,<br />

warum ihm gewisse Rollen allein<br />

aus „physionomischen“ Grün<strong>den</strong><br />

leider verwehrt bleiben, er regelmäßig<br />

Briefe zum Thema „Gotteslästerung“<br />

bekommt, es mit 40<br />

Stun<strong>den</strong> bei Weitem nicht getan<br />

ist, er täglich mehrere Zeitungen<br />

liest und: Wo er schon bald ganz<br />

in der Nähe auftreten wird.<br />

Herr Schleich, wie fühlt es sich an<br />

im ehemaligen Arbeitszimmer von<br />

Franz Josef Strauß?<br />

Dieses tolle Gebäude am Schloßplatz<br />

in Schongau fand ich schon<br />

als Kind beeindruckend wegen<br />

des Christophs, der draußen auf<br />

der Fassade einen Felsen hebt.<br />

Schade, dass das Innere inzwischen<br />

relativ nüchtern eingerichtet<br />

ist. Aber alles hat seine Zeit. Und<br />

immerhin gibt es ja tatsächlich<br />

noch <strong>den</strong> originalen Bürostühl von<br />

Franz Josef Strauß. <strong>Das</strong> ist schon<br />

etwas Besonderes.<br />

Ist es wahr, dass Sie draußen auf<br />

der Straße als „Herr Strauß“ angesprochen<br />

wer<strong>den</strong>?<br />

In Bayern relativ häufig. Bei vielen<br />

Leuten ist das der Versuch, Kommunikation<br />

aufzugreifen. Zum<br />

Beispiel auf der Wiesn, wo die<br />

Zunge eh des Bieres wegen etwas<br />

gelockert ist, wollen die Leute<br />

einen Spaß machen. Und dann<br />

10 | altlandkreis<br />

sagen’s halt: Ah, Herr Strauß,<br />

Grüß Gott.<br />

Kann das auch nervig sein?<br />

Nein. Ich bin ja selber schuld.<br />

Wenn man die Figur Strauß dazu<br />

benutzt, politische Inhalte zu<br />

transportieren, braucht man sich<br />

nicht wundern, dass die Leute sich<br />

damit i<strong>den</strong>tifizieren, was ja wiederum<br />

gut ist <strong>für</strong> mich.<br />

Seit wann parodieren sie Franz Josef<br />

Strauß?<br />

Da ich Kabarett schon seit meinem<br />

17. Lebensjahr mache, gab es im<br />

Grunde zwei Phasen mit ihm. In<br />

der ersten habe ich ihn nur stimmlich<br />

imitiert, da es mir körperlich<br />

als sprichwörtlicher Strich in der<br />

Landschaft noch nicht möglich<br />

war. Es war je<strong>den</strong>falls die Zeit, als<br />

er noch gelebt hat. Und Anlass <strong>für</strong><br />

die zweite Phase der Straußparodie,<br />

wie ich sie heute noch mache,<br />

war die CSU-Wahlschlappe im<br />

Jahr 2008 – erstmals seit 1962 verlor<br />

die CSU an diesem Tag die absolute<br />

Mehrheit. Edmund Stoiber<br />

fing daraufhin an zu lavieren und<br />

im Raum stand die Frage: „Was<br />

würde wohl Strauß dazu sagen?“<br />

Letztlich erstmals parodiert habe<br />

ich ihn in einer Silvestersendung<br />

mit dem Titel „Schimpf vor zwölf“.<br />

Dann aufm Nockerberg 2010, was<br />

in einer kurzen Rede sehr gut ankam<br />

beim Publikum.<br />

Sie interpretieren die Figur Strauß<br />

in einer schier unbeschreiblichen<br />

Genialität. Wie akribisch mussten<br />

Sie sich auf diese Rolle vorbereiten?<br />

Die handwerkliche Vorbereitung<br />

und die dazu passende Physionomie<br />

ist das eine. Vor allem aber ist<br />

es die Lust daran, in so eine Figur<br />

hineinzuschlüpfen. Strauß war ein<br />

vitaler, brutaler Kraftmensch. In<br />

dieser Figur zu sprechen, ist <strong>für</strong><br />

einen Kabarettisten was unheimlich<br />

Reizvolles. Du kannst massivst<br />

über die Stränge schlagen, kannst<br />

polemisch sein bis sich die Balken<br />

„Mei, is des heid a scheens Wetter!“ Helmut Schleich mit „altlandkreis“-Redakteur Johannes Schelle am Schloßplatz<br />

in Schongaus Altstadt. Immer wieder gerne kehrt der Kabarettist an seinen Geburtsort zurück.<br />

biegen – was das Publik einem<br />

selber vielleicht gar nicht so verzeihen<br />

würde, verzeiht es der Figur<br />

Strauß sofort. <strong>Das</strong> Handwerk<br />

in dieser Rolle ist je<strong>den</strong>falls der<br />

kleinere Akt, sofern man das System<br />

Strauß im Hinblick auf seine<br />

Rhetorik verstan<strong>den</strong> hat.<br />

Die zweite Figur, die Ihnen ähnlich<br />

leicht fällt und obendrein großen<br />

Spaß bereitet: Josef Ratzinger alias<br />

Papst Benedikt XVI.<br />

Diese Figur ist schon so alt und<br />

weit weg, dass mittlerweile der<br />

Reiz nachgelassen hat. Aber als<br />

er noch Papst war, habe ich ihn<br />

wahnsinnig gern gesprochen. Ein<br />

in seiner Intellektualität mitunter<br />

etwas entrückt wirkender, sehr<br />

feingliedriger Typ. Ganz anders als<br />

Strauß, aber genauso reizvoll.<br />

Franz Josef Strauß war von 1946 bis<br />

1948 Landrat in Schongau. Welches<br />

Bild haben Sie vor Augen, wenn Sie<br />

an ihren Geburtsort Schongau zurück<strong>den</strong>ken?<br />

In erster Linie sehe ich das Haus<br />

meiner Großeltern, bei <strong>den</strong>en ich<br />

aufgewachsen bin als Kind. Dieser<br />

wunderschöne Garten – da hinten<br />

die Obstbäume, dort ein ganz ein<br />

kleines Schwimmbecken. Und ich<br />

sehe <strong>den</strong> Großvater, der mit mir<br />

viel spazieren gegangen ist durch<br />

Schongau, mir viel erzählt und gezeigt<br />

hat. „Is alles no echt von de<br />

Ritter“, hat er an der Stadtmauer<br />

immer gesagt. <strong>Das</strong> habe ich mit<br />

großer Bewunderung wahrgenommen<br />

als kleiner Bub, obwohl<br />

es natürlich so ganz nicht gestimmt<br />

hat. Aber war ja wurst. Auch die<br />

Erinnerung an <strong>den</strong> Bahnhof, wo<br />

wir sonntags immer <strong>den</strong> Güterzügen<br />

beim Rangieren zugeschaut<br />

haben, ist unvergessen.<br />

Warum sind Sie überwiegend bei<br />

Ihren Großeltern aufgewachsen?<br />

Weil meine alleinerziehende Mutter<br />

in Immenstadt gearbeitet, unter<br />

der Woche auch dort gewohnt<br />

hat, haben meine Großeltern eine<br />

Art Pflegschaft <strong>für</strong> mich übernommen.<br />

Da meine Großmutter nicht<br />

zugelassen hat, dass ich in <strong>den</strong><br />

Kindergarten gehe, bin ich sehr<br />

eng mit ihr gewesen.<br />

Umso schmerzhafter war der plötzliche<br />

Tod von Ihr. Sie waren gerade<br />

mal sechs Jahre alt.<br />

Wenn jemand ein Kind so eng an<br />

sich bindet, und dann so plötzlich<br />

stirbt an einem Herzinfarkt, ist der<br />

Fall <strong>für</strong> mich als Kind umso tiefer<br />

gewesen. Daran trägt man sein<br />

Leben lang.<br />

Daraufhin zog Ihre Mutter mit Ihnen<br />

nach München. Wie schwer<br />

war es, in der Landeshauptstadt<br />

Fuß zu fassen?<br />

Ganz schwierig war, dass mein<br />

Großvater nicht wollte, dass ich<br />

nach München gehe. Ich sollte<br />

bei ihm in Schongau bleiben. <strong>Das</strong><br />

wollte aber meine Mutter nicht.<br />

Heute betrachtet war es sicherlich<br />

der richtige Schritt. Aber als Kind<br />

habe ich das anders gesehen,<br />

wollte nicht weg vom Opa. Trotzdem<br />

war München von Beginn an<br />

total in Ordnung, weil es so andersartig<br />

war. Plötzlich eine moderne<br />

Wohnung zu haben in der<br />

Nähe des Olympiaparks, wo kurz<br />

nach <strong>den</strong> Olympischen Spielen<br />

alles neu war. Die Straßenbahn

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