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Altlandkreis Ausgabe November/Dezember 2019 - Das Magazin für den westlichen Pfaffenwinkel

Der Traum vom deutschen Rekord - Stefanie Strauß drückt 110 kg | Kabarettist Helmut Schleich auf der Roten Couch | Zu Allerheiligen: Bestattung ist ein altes Gesetz |

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Junge Burschen machen <strong>den</strong> Krampus<br />

<strong>Altlandkreis</strong> | Er ist die düstere<br />

Gestalt an der Seite des Heiligen<br />

Nikolauses: Der Krampus, auch<br />

Kramperl oder Knecht Ruprecht<br />

genannt. Unter schwarzer Perücke,<br />

schwarzem Vollbart, schwarzer<br />

Zipfelmütze und verrußtem<br />

Gesicht möchte man ihm nicht<br />

mal bei Tageslicht begegnen. Er<br />

sieht schlichtweg furchteinflößend<br />

aus in seinen schweren Stiefeln,<br />

seinem Filzmantel mit dicker Fellweste,<br />

umhangen von alten, angerosteten<br />

Ketten und am Ledergurt<br />

hängen<strong>den</strong> Schellen. In der<br />

linken Hand einen beige-farbigen<br />

Jutesack haltend, in der rechten<br />

eine aus Birkenreisig gebun<strong>den</strong>e<br />

Rute, die beim Zuhauen zweifelsohne<br />

zieht. Längst Erwachsene<br />

berichten auch nach Jahrzehnten<br />

voller Euphorie, wie aufgeregt sie<br />

am Abend des 5. oder 6. <strong>Dezember</strong>s<br />

immer gewesen waren. Viele<br />

saßen stun<strong>den</strong>lang am gekippten<br />

Fenster, lauschten nach <strong>den</strong> klingen<strong>den</strong><br />

Schellen des Krampusses<br />

und hofften insgeheim, dass das<br />

„Gleit“ diesmal nicht erklingt. Gekommen<br />

ist er am Ende des Tages<br />

aber doch – der Heilige Nikolaus<br />

mit seinem gol<strong>den</strong>en Buch, in<br />

dem nicht nur die guten Taten des<br />

vergangenen Jahres geschrieben<br />

stehen. Und weil sicherlich auch<br />

wieder die unschönen Dinge vorgetragen<br />

wer<strong>den</strong>, und eben auch<br />

ein Krampus dabeisteht: Kopfkino.<br />

Lässt er mich seine Rute spüren?<br />

Steckt mich der Krampus sogar in<br />

<strong>den</strong> Sack? Schreckliche Gedanken<br />

in <strong>den</strong> Köpfen der Kinder traditionsbewusster<br />

Familien. Rückblickend<br />

aber waren gerade diese<br />

Stun<strong>den</strong> des aufgeregten Wartens<br />

die mit schönste Zeit der Kindheit.<br />

Die Ze<br />

it der<br />

Extreme ist vorbei<br />

Von <strong>den</strong> Hausbesuchen des Gespanns<br />

Nikolaus-Krampus abgesehen,<br />

hat es in der Tat Zeiten<br />

gegeben, in <strong>den</strong>en man am Abend<br />

des 5. <strong>Dezember</strong> besser zuhause<br />

geblieben war im Schongauer <strong>Altlandkreis</strong>.<br />

Vereinzelte „wilde Hunde“<br />

haben <strong>den</strong> eigentlichen Zweck<br />

des Krampusses in übertriebener<br />

Manier missbraucht, sind durch<br />

die Dörfer gezogen und zügellos<br />

auf die Draußengebliebenen losgegangen.<br />

Zugeschlagen wurde<br />

manchmal so fest, dass die Rinde<br />

der Ruten-Zweigerl abblätterte.<br />

Die Polizei gerufen hat damals –<br />

das war in etwa vor drei, vier, fünf<br />

Jahrzehnten – aber niemand. Vielmehr<br />

galt das Motto: Sich nicht<br />

erwischen lassen, sich rechtzeitig<br />

verstecken, bloß keinen Mucks von<br />

sich geben und im Notfall sogar<br />

die Luft anhalten, um nicht entdeckt<br />

zu wer<strong>den</strong>. Inzwischen sind<br />

die Zeiten extremer Krampus-Beispiele<br />

vorbei – und auch damals<br />

schon die Ausnahme gewesen. Im<br />

Regelfall nämlich ist der Krampus<br />

wesentlich harmloser, als er aussieht.<br />

Zwar wird er nach wie vor<br />

als derjenige beschrieben, der die<br />

bösen Buben und Mädchen rügen<br />

soll, während die braven vom<br />

Heiligen Nikolaus gelobt und beschenkt<br />

wer<strong>den</strong>. Seine Hauptaufgabe<br />

aber besteht ganz klar darin,<br />

die heutzutage immer schwerer<br />

wer<strong>den</strong><strong>den</strong> Gaben des Heiligen<br />

Nikolauses zu tragen, dem Heiligen<br />

sozusagen zu assistieren. Die<br />

Rute in mahnender Manier etwas<br />

heben oder etwas fester gegen<br />

das eigene Hosenbein schlagen,<br />

gehört freilich auch dazu – diese<br />

Gestiken verleihen dem Vorlesen<br />

spitzbübischer Taten mehr Gehalt<br />

und erhöhen die Chance, dass Bub<br />

oder Mädel es besser machen im<br />

neuen Jahr. Ansonsten aber steht<br />

der Krampus brav daneben und<br />

wartet, bis sein Chef, der Heilige,<br />

fertig ist mit dem Vorlesen aus<br />

seinem gol<strong>den</strong>en Buch. Geschlagen<br />

oder gar in <strong>den</strong> Sack gesteckt<br />

wird also niemand. Es gibt sogar<br />

Fälle, in <strong>den</strong>en der Krampus vor<br />

der Haustüre wartet, falls sich die<br />

Kinder zu sehr vor ihm <strong>für</strong>chten.<br />

Zwei Kra<br />

rampusse,<br />

ein He<br />

iliger<br />

Fakt ist, dass Krampusse damals<br />

wie heute gefragt sind, der Brauch<br />

an sich ungebrochen gut ankommt<br />

in <strong>den</strong> Häusern hiesiger Familien.<br />

Allerdings geht es in einigen Familien<br />

nicht mehr so traditionell zu<br />

82<br />

| alt<br />

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