IOEW SR 025 Oekologischer Konsum.pdf, pages 1 - Institut für ...
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ÖKOLOGISCHER KONSUM - EIN ALLGEMEININTERESSE OHNE MOBILISIERUNGSKRAFT 23<br />
zer" auszudrücken. Im übrigen ignorieren moralische Appelle, daß alle individuellen Äußerungsformen<br />
eines veränderten Denkens, also Meinen, Wollen und Schimpfen, ja selbst "autonomes" Individualhandeln,<br />
deutlich unterhalb der institutionellen Steuerungsebene bleiben, die vom Zusammenwirken<br />
bürokratischer Organisationen abhängig und nicht einfach nur fehlbestimmt ist. Abstrakte<br />
Beschreibungsformeln, wie die verbreitete Öko-Metaphorik des "Widerspruchs von Ökonomie und<br />
Ökologie", sind kein Beitrag zur "Aufhebung" dieser Distanz.<br />
Nun gibt es aber auch positive Argumente <strong>für</strong> eine sorgfältige Inspektion der Einflußchancen auf<br />
der Verbraucherseite. Sind doch Entwicklungen auf Absatzmärkten, quantitative und qualitative<br />
Nachfragegrößen unstrittig das Datum, an welchem sich Unternehmen ausrichten, um Gewinne zu<br />
machen und ihren Bestand zu sichern. Es sind veränderte Nachfragebedingungen, auf die sich Unternehmen<br />
berufen, wenn sie Produkt- und Verfahrensinnovationen vornehmen oder neue Strategien<br />
des Faktoreinsatzes erproben, z.B. durch Flexibilisierung der Arbeitskraftnutzung. Zudem scheint<br />
"Umweltbewußtsein" besser mit der von (zumindest formaler) Wahlfreiheit gekennzeichneten <strong>Konsum</strong>entemolle<br />
zusammenzugehen als mit der durch Zweckabstraktion und Entfremdung bestimmten<br />
Lohnarbeiterrolle.<br />
2. Handikaps der Verbraucherpolitik<br />
Die Aussicht auf verhältnismäßig günstige Einflußchancen auf der Absatzseite der Unternehmen<br />
verblaßt schnell, wenn man die Umstände betrachtet, unter denen von ihnen Gebrauch zu machen<br />
wäre. So elegant die Idee ist, an die im Eigeninteresse ausgebildete Umweltsensibilität von Unternehmen<br />
anzuknüpfen, so skeptisch stimmen die bisherigen Resultate von Verbraucherpolitik. Ernüchternd<br />
sind ebenfalls die Befunde der Verbraucherforschung, die in den siebziger Jahren einen<br />
letzten Höhepunkt hatte. Verbraucherinteressen sind aus mindestens drei Gründen "problematisch":<br />
(a) Sie entstehen in einer durch die Produktionsinteressen umgrenzten, strukturierten und weiterentwickelten,<br />
also sachlich abhängigen Handlungssphäre (Scherhorn 1980). Aufgrund der<br />
Vorentscheidungen von Produzenten und Anbietern unterliegt Verbraucherverhalten dem Druck<br />
zur Anpassung an einseitig vorgegebene Daten; es ist Gegenstand von Verdrängungsstrategien,<br />
indem instrumentelle Bedürfnisse (z.B. Auto fahren, um von A nach B zu gelangen) zu "Zwecken<br />
an sich" werden (z.B. möglichst komfortabel, exklusiv und schnell fahren zu können); es unterliegt<br />
der schleichenden Angleichung an die Maßstäbe des industriellen Produzierens 6 und ist u.a. dadurch<br />
diskriminiert, daß Tätigkeiten der <strong>Konsum</strong>tion in der gesellschaftlichen Wertschätzung weit<br />
hinter solchen der Produktion rangieren.<br />
(b) Verbraucherinteressen manifestieren sich nur ex post, d.h. im zeitlichen Nachteil gegenüber der<br />
Angebotsseite (Offe 1981); sie sind wesentlich reaktiv, statt innovativ oder präskriptiv.<br />
6 Vgl. die Paradoxie der Übernahme von Rationalisierungszielen wie Faktorproduktivität, Temposteigerung und<br />
Zeitersparnis in den <strong>Konsum</strong>bereich.<br />
7 In dem Maße, wie Verbraucherinteressen "exogen", d.h. vom Handeln der Angebotsseite bestimmt sind, belegen<br />
sie auch eine besondere Art von "Marktversagen": Ein Verbraucher, der nicht nur die Präferenz <strong>für</strong> eine bestimmte<br />
Zigarettenmarke hat, sondern außerdem (und durchaus konsistent mit seiner "first-order preference")<br />
auch noch die Metapräferenz hat, Nichtraucher zu werden, kann als Marktteilnehmer lediglich die erstgenannte,<br />
aber nicht seine Metapräferenz (vom Angebot der Zigarettenindustrie verschont zu bleiben) ausdrücken<br />
(George 1984).