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IOEW SR 025 Oekologischer Konsum.pdf, pages 1 - Institut für ...

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HELMUT WIESENTHAI,<br />

während eilige Trucker mit 100 Sachen hinter ihm herdüsen, bereitet allen Beteiligten eine sichere<br />

Katastrophe.<br />

Man sieht: Die Logik des individuellen Beispiels ist keine allgemeingültige Antwort auf das Dilemma<br />

rationalen, kollektiven Verbraucherhandelns. Sie versagt, wo Gruppen mit anderen Präferenzen<br />

im Spiel sind, aber die "passenden" Rahmenbedingungen <strong>für</strong> die Verwirklichung des Ziels<br />

noch fehlen. In den zwei erstgenannten Beispielen wäre der Nutzen des individuell vernünftigen Handelns<br />

vor der Aneignung durch eigennützige Akteure zu schützen (z.B. durch Straßenrückbau bzw.<br />

eine Energiesteuer); im dritten Beispiel käme es auf die zuverlässige Koordination aller Beteiligten<br />

durch eine gemeinsame und effektive "Spielregel" (Tempoüberwachung?) an. Wirklich rational, d.h.<br />

kollektiv und individuell lohnend, wäre es also, erstens seine Bereitschaft zur bedingten Kooperation<br />

(nämlich dann, wenn die anderen mitmachen) zu erklären und zweitens etwas da<strong>für</strong> zu tun, daß<br />

Rahmenbedingungen entstehen, in denen Kooperation individuell leicht fällt und wenig riskant ist. Im<br />

übrigen zeigen die Beispiele, warum es nicht bloß um ein Problem der Verfolgung von egoistischen<br />

Interessen geht: Kollektivgutprobleme dieses Typs treten auf, weil neben dem erhofften Resultat<br />

auch der individuelle Beitrag zum kollektiven Handeln kalkuliert und an den sicheren individuellen<br />

Kosten gemessen wird - selbst dann, wenn ein altruistischer Akteur seinem Nächsten Gutes antun<br />

möchte.<br />

4. Wertewandel?<br />

Eine andere Alternative scheint in der Hoffnung auf einen allgemeinen Wertewandel zu liegen,<br />

wie er insbesondere in den international vergleichenden Untersuchungen von Inglehart (1977) festgestellt<br />

wurde. Zeigen sich doch in den v.a. bei jüngeren Altersgruppen verbreiteten<br />

"postmaterialistischen" Orientierungen ein ausgeprägtes Umweltbewußtsein und eine überdurchschnittliche<br />

Bereitschaft zur Teilnahme an "grass roots'-Politik. Aber auch hier sind Fehleinschätzungen<br />

sozialer Tatsachen zu korrigieren. Folgeuntersuchungen ergaben, daß "postmaterialistische"<br />

Einstellungen zwar inzwischen bei einem Fünftel der BRD-Bevölkerung "meßbar" sind<br />

(Jahn/Müller-Rommel 1987). Aber nichts begründet die Erwartung eines linearen Trends: Ob jüngere<br />

Menschen (ähnlich wie in den siebziger Jahren) Erfahrungen sammeln können, die ein<br />

"postmaterialistisches" Weltbild stützen, hängt einerseits von der Entwicklung ihrer sozio-ökonomischen<br />

Umwelt ab, die u.a. von einem hohen Arbeitslosigkeitssockel und einem von der Mikroelektronik<br />

wiederbelebten Technikoptimismus bestimmt ist. Andererseits zählt die Dynamik kultureller<br />

und politischer Prozesse als Stabilisierungs- oder Auflösungsbedingung von "neuen" Werten (Thome<br />

1985), was die großen Unterschiede zwischen den Wertwandelsprozessen in verschiedenen EG-Ländern<br />

erklärt (Jahn/Müller-Rommel 1987). Werden diese äußeren Faktoren der gesellschaftlichen<br />

"Produktion" von Wertorientierungen und die Unterschiede im Sinnerleben von unterschiedlichen<br />

Altersgruppen mitbedacht, dann zeigt das Gesamtbild keine lineare Wertverschiebung, sondern eine<br />

"Wertpluralisierung" (Klages 1984: 173), d.h. ein mäßig bewegtes Muster aus nebeneinander existierenden<br />

Orientierungsprovinzen. 10 Was die Hindernisse eines kumulativen Wertwandelstrends sind,<br />

wird in Gesellschaftstheorien als ein grundlegendes Merkmal aller Handlungssysteme beschrieben:<br />

(sachlich-funktionale) Differenzierung und (sozial-sinnhafte) Selbstbezüglichkeit. Nichts anderes erklären<br />

soziologische Studien, welche die "Kolonialisierung der Lebenswelt" (Habermas 1981)<br />

diagnostizieren, die Folgenlosigkeit von "Angstkommunikation" <strong>für</strong> die Handlungssphären der Politik,<br />

"Das Aufkommen neuer politischer Themen kann (...) dazu führen, daß ältere wertorientierte Trennungslinien,<br />

die bereits in der vorindustriellen Gesellschaft entstanden (...), neu belebt werden." (Inglehart 1983:159).

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