IOEW SR 025 Oekologischer Konsum.pdf, pages 1 - Institut für ...
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IRENE SCHÖNE<br />
wird erfahrbar, die beim Fahrradfahren durch ein (Verkehrs-)Miltel vermittelt ist, die beim Gehen,<br />
Laufen oder Tanzen auch ganz un-ver-mittelt wahrgenommen und gleichzeitig befriedigt werden<br />
kann.<br />
Das diesen drei Beispielen Gemeinsame ist deutlich:<br />
Es handelt sich um die Selbst-Beteiligung, das Selbst-Tun, das die Nutzung aller drei Produkte erforderlich<br />
macht, eine Selbst-Beteiligung, die sowohl körperliche, als auch geistige Tätigkeit umfaßt. Es<br />
waren jeweils mehr Informationen und bessere Informationen nötig; diese müssen aber auch umgesetzt,<br />
es muß entsprechend gehandelt werden. Es gibt keine Trennung von Denken und Tun, wie wir<br />
sie <strong>für</strong> die Industriegesellschaft feststellen können. Es geht um die eigene Betätigung, die eigene Arbeit,<br />
über die jeder Mensch verfügt, auch wenn er nicht erwerbstätig ist und kein finanzielles Einkommen<br />
hat. Dieses Selbst-Tun hängt nicht von der jeweiligen Einkommenshöhe ab, es ist verteilungs-unabhängig.<br />
Die Nutzungen müssen selbst erarbeitet, sie können nicht gekauft und durch Waren<br />
ersetzt werden.<br />
Bereits die Wahrnehmung der eigenen Bedürfnisse, ihre Bewußtwerdung und Äußerung ist notwendig;<br />
Selbsterfahrung ist Voraussetzung, damit etwas auf die persönlichen Bedürfnisse Ausgerichtetes<br />
überhaupt entstehen kann, die zwar immer auch gesellschaftlich vermittelt sind, aber doch auch<br />
ganz anders als die gesellschaftliche Norm sein können. Die Lebensmuster können vielfältiger werden.<br />
Eine direkte, eigene, individuelle Beziehung zum jeweiligen Nutzungsgegenstand, auch die<br />
Identifikation damit wird möglich, eine direkte Beziehung des Menschen zu seiner lokalen Umwelt,<br />
sei dies die mitmenschliche, wie die mitnatürliche. Und das ist es ja, was wir mit Ernst Haeckel unter<br />
"Ökologie" verstehen. Ökologische Produkte sind individuelle, regional und saisonal unterschiedliche,<br />
<strong>für</strong> die durch die Selbst-Beteiligung auch Mit-Verantwortung übernommen werden kann. In ihnen<br />
hat sich ein anderes Verhältnis von Produktion und <strong>Konsum</strong>tion vergegenständlicht als in den<br />
industriellen Waren. Demgegenüber kann man sagen, daß industrielle Waren weder lokalen noch<br />
saisonalen Bezug haben, sondern linear, anonym, standardisiert und doppelt vermittelt (durch Geld<br />
und Markt) sind. Sie sind indirekt, sie beruhen auf Nicht-Beziehungen. Ökologische Produkte überschreiten<br />
demnach die Waren-Logik. Ökologische Fertigwaren wären ein Widerspruch in sich. Das<br />
heißt auch, daß nicht mehr die Dinge den Menschen sagen, was sie zu tun haben, sondern die individuellen<br />
Personen den Dingen. Das heißt auch, viel mehr zwischen Form und Inhalt zu unterscheiden:<br />
Während auf der Formebene die Dinge durchaus gleich sind, müssen sie, weil an ihrem Zustandekommen<br />
die Individuen persönlich direkt beteiligt sind, inhaltlich unterschiedlich ausprägbar sein.<br />
Dies zu bedenken bedeutet dann, jeweils Formen zu finden, die diese konkrete Selbst-Beteiligung,<br />
die direkte Beziehung zulassen und sie fördern.<br />
Selbst-Beteiligung ist damit ein Meta-MerkmaL Ging es bei der industriellen Produktion darum,<br />
alle Eigenschaften des Produkts genau kennenzulernen, um es herstellen zu können, dann bedeutet<br />
die Beachtung des Merkmals der Selbst-Beteiligung, den Herstellungsprozeß in gewisser Weise offen<br />
zu lassen, damit eine direkte Beteiligung der Nutzer auch real stattfinden kann.<br />
Angewendet finden wir das z.B. in der Selbsthilfe-Bewegung, in der Elternmitarbeit in Kinderläden<br />
und auf Abenteuerspielplätzen oder in Verbraucher-Erzeuger-Coops. Demgegenüber hat die im<br />
Bundesbaugesetz festgeschriebene Bürgerbeteiligung an öffentlichen Bebauungsplanverfahren nicht<br />
direkten und unmittelbaren, sondern nur formalen Charakter, weil den Bürgern zur Diskussion bereits<br />
ein fertiges Konzept vorgestellt wird. Eine wirkliche Beteiligung, die zur konkreten Beachtung<br />
der Bürgerwünsche und damit zu einer eventuellen Veränderung der ursprünglichen Planungen<br />
führt, findet in der Regel nicht statt.