IOEW SR 025 Oekologischer Konsum.pdf, pages 1 - Institut für ...
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VERANTWORTUNG DURCH POLITISCHEN KONSUM<br />
Verhalten beim Verbraucher zu erweitern. Bedingt durch die Abhängigkeit von öffentlichen Geldern<br />
erhält allerdings der politische Aspekt bei weitem nicht den Stellenwert wie bei selbstorganisierten<br />
Verbänden.<br />
Beispiele <strong>für</strong> eine an politischen Kriterien orientierte Informationsarbeit von Verbraucherorganisationen<br />
finden wir in den USA und in Großbritannien. Der amerikanische Council on Economic<br />
Priorities gibt bereits seit mehreren Jahren das Handbuch "Rating America's Corporate Conscience"<br />
heraus, mithilfe dessen der Verbraucher sich über rund 1300 Markenprodukte von 138 Herstellern<br />
informieren kann. Er erfährt, ob die jeweilige Firma <strong>für</strong> soziale Zwecke spendet, ob sie Gleichberechtigung<br />
und Chancengleichheit <strong>für</strong> Frauen und Minderheiten anstrebt, ob sie Geschäfte mit der<br />
Rüstungsindustrie, mit Südafrika oder der Kernkraft-Industrie betreibt, welchen Einfluß sie im regionalen<br />
Einzugsgebiet ausübt, ob sie bereit ist, Informationen an die Öffentlichkeit zu geben, ob sie<br />
Tierversuche betreibt und ob sie sich umweltfreundlich verhält. Je nach seinen persönlichen politischen<br />
Maßstäben kann der einzelne Verbraucher sein Kaufverhalten an diesen Informationen ausrichten<br />
(vgl. Wiü/Marlin/Corson/Schorsch, 1989). Nach Untersuchungen geben über 75% der Nutzer<br />
dieser Unterlagen an, ihr Kaufverhalten entsprechend verändert zu haben (Gottlieb, 1989).<br />
Dieses Modell wurde inzwischen von dem neu gegründeten englischen Verbraucherverband "New<br />
Consumer" übernommen. In England soll 1990 eine Veröffentlichung herauskommen, die über alle<br />
relevanten, in Supermärkten vertretenen Produkte anhand von 15 Kriterien entsprechende Verbraucherinformationen<br />
bereitstellt.<br />
Die Informationsarbeit bildet natürlich nur ein klassisches Standbein der Aufgaben von Verbraucherorganisationen.<br />
Verbraucherberatung und -bildung, Verbraucherschutz und -Organisierung sind<br />
die anderen Strategie-Ansätze, die zu einem Gesamtkonzept integriert werden müssen, um die Akzeptanz<br />
und Durchsetzungschancen eines politischen <strong>Konsum</strong>s zu erhöhen. In der gegenwärtigen<br />
Phase müssen die Verbraucherorganisationen vor allem die Rolle des "Watch-Dogs" spielen, der darauf<br />
achtet, daß die neue Tendenz zu politischen Kriterien beim <strong>Konsum</strong> nicht - wie in der Öko-Werbung<br />
- vermarktet und mißbraucht wird. Wenn heute z.B. Vermögensverwalter unter der Überschrift<br />
"ethical Investment" versprechen, daß angelegte Gelder nur <strong>für</strong> einen positiven und ökologischen sozialen<br />
Wandel verwendet werden, müssen Kriterien und Instrumente zur Beurteilung und Kontrolle<br />
derartiger Marktaktivitäten geschaffen werden, um einen Mißbrauch zu verhindern.<br />
Ein möglicher Ansatz zur langfristigen Förderung eines politischen <strong>Konsum</strong>s ist das von H. Wiesenthal<br />
angedachte dynamische Organisationsmodell, das die Einrichtung eines Netzwerkes von Akteuren<br />
mit unterschiedlichen Präferenzen vorsieht (vgl Wiesenthal, 1988). Diese Vernetzung könnte<br />
einen Nährboden <strong>für</strong> selbstregulierende, kooperative Verfahren der Problemlösung bilden.<br />
Da es darauf ankommt, innerhalb der gesellschaftlichen Entwicklung einen Raum <strong>für</strong> die unterschiedlichen<br />
Interessen zu schaffen, die unter dem spezifischen Gesichtspunkt der "Verantwortung<br />
durch politischen <strong>Konsum</strong>" einen Sensibilisierungsprozeß initiieren und tragen können, ist ein<br />
"funktional spezialisierter Dachverband" als Organisationsform möglich. Notwendig ist kein starres<br />
Organisationsgefüge, sondern ein sich selbst stimulierendes Gebilde, das sich durch ein kooperierendes<br />
Verhalten der beteiligten Verantwortlichen auszeichnet. Dieses Modell ist erfolgsversprechend,<br />
wenn sich jede Organisation lediglich als ein Element eines Gesamtsystems von Verantwortlichen begreift,<br />
das sich dem Konzept der "Verantwortung durch politischen <strong>Konsum</strong>" verpflichtet fühlt.<br />
Ein solcher Dachverband hätte vor allem eine initiierende und moralisch-ethisch kontrollierende<br />
Funktion. Die Wächterfunktion bliebe nicht mehr dem einzelnen Verbraucher überlassen.<br />
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