UNDERDOG 62
Schwerpunkt: Punk und Politik – Protest, Parolen und Provokation Unser Schwerpunkt beleuchtet die politischen Komponenten im Punk. Die unterschiedlichen Lebensstile koexistieren, genau wie die Musikstile, nebeneinander und tragen zu einem lebendigen Diskurs innerhalb der „Szene“ bei. So widersprüchlich Punk mit den verschiedensten Facetten und Varianten bis heute auch sein mag, liefert die Subkultur den Impuls für eine widerständige Kultur, Selbstermächtigung und eine weitgehende Demokratisierung der Popkultur.
Schwerpunkt: Punk und Politik – Protest, Parolen und Provokation
Unser Schwerpunkt beleuchtet die politischen Komponenten im Punk. Die unterschiedlichen Lebensstile koexistieren, genau wie die Musikstile, nebeneinander und tragen zu einem lebendigen Diskurs innerhalb der „Szene“ bei. So widersprüchlich Punk mit den verschiedensten Facetten und Varianten bis heute auch sein mag, liefert die Subkultur den Impuls für eine widerständige Kultur, Selbstermächtigung und eine weitgehende Demokratisierung der Popkultur.
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1975 wurden drei Mitglieder einer
beliebten Miami-Showband 6 auf dem
Rückweg nach Dublin von der
loyalistischen paramilitärischen Ulster
Volunteer Force erschossen. Der Vorfall
schockierte die Öffentlichkeit nördlich
und südlich der Grenze. Zum ersten Mal
war gezielt eine Pop-Band von
außerhalb Nordirlands ins Visier
genommen worden.
Die Morde hielten nicht nur
internationale Acts davon ab, sich in
den Norden zu wagen, sondern hatten
auch Auswirkungen auf die lokalen
Musiker. Am 3. Dezember 1976
berichtete der Belfast Telegraph, dass
einige Musiker als langfristige Folge
des Vorfalls Schwierigkeiten hatten,
finanziell zu überleben, weil sie nicht
mehr bereit waren, das Risiko einer
langen Reise auf sich zu nehmen,
während andere begannen, nur noch in
ihren eigenen Gemeinden aufzutreten.
In Verbindung mit der Tatsache, dass
nur wenige oder gar keine lokalen Pop-
Bands neues Material produzierten,
wurde die Region zu einer
musikalischen und kulturellen Ödnis.
Die Jahre von August 1971 bis
Dezember 1976 erwiesen sich als die
gewaltsamste Phase des Konflikts. Und
obwohl die Tötungen bis weit in die
1990er Jahre andauerten, waren die
Straßen Nordirlands ab 1977 relativ
sicher. Dies ermöglichte die
Entwicklung einer neuen
Jugendsubkultur.
Terri Hooley
Es war Terri Hooley,
Musikliebhaber, überzeugter Pazifist,
Rebell und Langzeit-Hippie, der der
totgesagten Musikszene in Belfast
neues Leben einhauchte. Vom Terror
der Paramilitärs ließ er sich nicht
einschüchtern und eröffnete 1978 in der
damals wie ausgestorben wirkenden
Innenstadt von Belfast einen eigenen
Plattenladen: „Good Vibrations“ –
ausgerechnet in der Great Victoria
Street, in unmittelbarer Nähe des
berüchtigten Hotel Europa, wo fast
täglich Bomben hochgingen. Wahnsinn
und Genie gehen hier Hand in Hand,
wie man auch in Terri Hooleys
autobiografischen Film „Good
Vibrations“ erkennen kann. Den
Troubles kulturell etwas
entgegenzusetzen, Belfast vor allem für
die jüngere Generation wieder
lebenswert zu machen und sich dabei
politisch von keinem der am
Nordirlandkonflikt beteiligten Parteien
vereinnahmen zu lassen.
6 Damals war Irland von einer Showband-Kultur
geprägt. Diese Bands spielten im Grunde
genommen irgendwelche Coverversionen von
Songs, die in den Charts liefen. Sie waren
ausgezeichnete Musiker und konnten überall in
Irland touren, von Stadt zu Stadt, und fanden so ihr
Auskommen.
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