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UNDERDOG 62

Schwerpunkt: Punk und Politik – Protest, Parolen und Provokation Unser Schwerpunkt beleuchtet die politischen Komponenten im Punk. Die unterschiedlichen Lebensstile koexistieren, genau wie die Musikstile, nebeneinander und tragen zu einem lebendigen Diskurs innerhalb der „Szene“ bei. So widersprüchlich Punk mit den verschiedensten Facetten und Varianten bis heute auch sein mag, liefert die Subkultur den Impuls für eine widerständige Kultur, Selbstermächtigung und eine weitgehende Demokratisierung der Popkultur.

Schwerpunkt: Punk und Politik – Protest, Parolen und Provokation
Unser Schwerpunkt beleuchtet die politischen Komponenten im Punk. Die unterschiedlichen Lebensstile koexistieren, genau wie die Musikstile, nebeneinander und tragen zu einem lebendigen Diskurs innerhalb der „Szene“ bei. So widersprüchlich Punk mit den verschiedensten Facetten und Varianten bis heute auch sein mag, liefert die Subkultur den Impuls für eine widerständige Kultur, Selbstermächtigung und eine weitgehende Demokratisierung der Popkultur.

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besser geschult wird, müssen Betroffene erst

selbst in die Offensive und an die Öffentlichkeit

gehen. Im Falle der jungen Gamerin aus Bremen

war das erfolgreich. Laut Polizei Bremen läuft

mittlerweile ein Disziplinarverfahren gegen den

Beamten. Nachdem die Gamerin einen

Screenshot der Drohung auf Twitter

veröffentlichte, meldeten sich vier weitere

Twitch-Streamerinnen, die vor Kurzem in

ähnlicher Weise bedroht wurden. Digitale

Hasskulture können präventiv begegnet werden.

So können auch online Gefährderansprachen ein

wirksames Mittel sein. Moderator*innen und

Ansprechpartner*innen digitaler Plattformen

können den Account des Täters sperren lassen.

Und betroffenen Frauen können in die Offensive

gehen. Unter dem Hashtag #GamerleaksDE

weisen Frauen auf die latente Frauenfeindlichkeit

in der Szene hin. Sie erzählen von dummen

Sprüchen, Beleidigungen und den kaum

vorhandenen Konsequenzen. Rassistische und

sexistische Audiomitschnitte aus dem Voice-Chat

werden hier dokumentiert. Rechtsradikales

Denken und Frauenhass im Netz spielen eine

sehr wichtige Rolle bei der Extremisierung von

Menschen. Insofern ist es auch aus

antifaschistischer Sicht notwendig, sich mit

diesem Thema auseinanderzusetzen und sich mit

den Betroffenen zu solidarisieren.

DAS GROSSE THIER #15

52 DIN-A-5-Seiten; € 1,50.-

A. Mittelstädt, Zweinaundorferstr. 19,

04318 Leipzig

www.dasgrossethier.wordpress.com

Jörg Finkenberger eröffnet den

politischen Diskurs mit einem ausführlichen

Artikel zur linken ‚Szene‘, die seiner Auffassung

nach „eine Gestalt des Rückzugs (ist), nicht der

Offensive.“ Demnach sei die ‚Szene‘ kein

Kampffeld, „auf dem gegen Ermüdung und

Resignation etwas zu holen ist.“ Jörg meint, dass

die linke ‚Szene‘ in Westdeutschland auf 1968

zurückgeht und unterstellt ihr, dass „sie den Kern

der Sache nicht begreift.“ Interessant wird es

immer dann, wenn Jörg nicht über den Neuen

Maoismus schwadroniert, sondern

praxisbezogene Beispiele benennt und hier

deutliche Kritik äußert: Die Solidarität mit sich

selbst, interne Konflikte, Bühne für die linken

Gruppen aus der Szene um sie herum. Ergo: Die

linke ‚Szene‘(gänger*innen) bleibt (bleiben) gerne

unter sich. Und dann kommt Jörg endlich zum

eigentlichen Kritikpunkt: die Kritik an der

Organisation/Durchführung/Veranstaltung der

AG „No tears for Krauts“ mit dem Thema

‚Solidarität mit Israel‘, die „wirklich dasselbe Zeug

daher redet wie die AfD.“

Der Arbeitskreis Kritische Soziale Arbeit Leipzig

hatte im Juli 2019 einen öffentlichen Vortrag zu

‚Agenda 2010 als Produktionsverhältnis von

Angst und Panik‘ veranstaltet. Auf neun Seiten

können die Leser*innen noch mal C.s Vortrag

nachlesen. Der Vortrag versucht aufzuzeigen,

worin sich Hartz 4 vom spätmodernen

Arbeitsmarkt absetzt und wie es um die

psychologischen Fallhöhen von Panik und Angst

bestellt ist.

Einige ausführliche, analytische

Buchbesprechungen später, gibt es mit ‚Die

neuesten Gesellschaftsspiele der Saison‘ auch

mal eine Auflockerung zur trockenen Materie, die

die Anti-Deutschen und die autonomen

Alkleichen glücklich machen wird.

Zum Schluss gibt es eine stark verkürzte

Abhandlung über ‚Der Soziale Ökofeminismus‘

von Janet Biehl, die im ‚Schwarzer Faden #34‘

(1/1990) entschieden ausführlicher und

aufschlussreicher erläutert wurde. Ihre These

lautet, dass der Ökofeminismus in einer

übergreifenden linken politischen Theorie

verankert sein muss. Nur ein Feminismus, der

explizit antikapitalistisch und antistaatlich sei,

könne die Ursachen der männlichen

Vorherrschaft wirklich bekämpfen. Grob gesagt:

„Frauen* und Natur sind nicht die einzigen

‚Anderen‘.“

Gesamteindruck: Zwischen Theorie und Praxis

liegen Zeiträume, die mit Reflexionen und

kritischen Auseinandersetzungen gefüllt werden.

Bedeutet das in diesem Fall, die Linke links liegen

zu lassen? Es wird schnell deutlich, dass sich die

‚linke Szene‘ viel mit sich selbst beschäftigt und

sich zerfleischt, um festzustellen, dass sie unter

den jetzigen Umständen marginal und vielleicht

sogar bedeutungslos geworden ist. Fragen und

Lösungen, wie die linke ‚Szene‘ auf ethnische

Konflikte und nationalistische Gesinnungen

reagiert, lassen wenig Spielraum für die Themen

und Doktrinen, die mensch mit einem Links-

Schema verbindet. Was also beschreibt die

Kategorie ‚links‘ und was ist in der Ausführung

noch bedeutsam oder wichtig? In der

öffentlichen Wahrnehmung durchzieht ein neurechter

Diskurs indes alle Ebenen: Soziale Arbeit

im Kontext von Migration und Interkulturalität

sowie im Bereich von Gender und Sexualität,

Jugendarbeit und Unterstützungsangebote in

Armutslagen. Rassistische Argumentationen

zeigen sich über alle Formen der Land- und

Einflussnahmen als die zentrale Denkfigur, die

immer wieder aufgerufen wird. Eine

Auseinandersetzung mit sich selbst,

Inszenierungen und Agenda-Settings macht die

linke ‚Szene‘ nicht handlungsfähig, weil sie sich zu

sehr auf sich selbst bezieht/beruft.

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