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UNDERDOG 62

Schwerpunkt: Punk und Politik – Protest, Parolen und Provokation Unser Schwerpunkt beleuchtet die politischen Komponenten im Punk. Die unterschiedlichen Lebensstile koexistieren, genau wie die Musikstile, nebeneinander und tragen zu einem lebendigen Diskurs innerhalb der „Szene“ bei. So widersprüchlich Punk mit den verschiedensten Facetten und Varianten bis heute auch sein mag, liefert die Subkultur den Impuls für eine widerständige Kultur, Selbstermächtigung und eine weitgehende Demokratisierung der Popkultur.

Schwerpunkt: Punk und Politik – Protest, Parolen und Provokation
Unser Schwerpunkt beleuchtet die politischen Komponenten im Punk. Die unterschiedlichen Lebensstile koexistieren, genau wie die Musikstile, nebeneinander und tragen zu einem lebendigen Diskurs innerhalb der „Szene“ bei. So widersprüchlich Punk mit den verschiedensten Facetten und Varianten bis heute auch sein mag, liefert die Subkultur den Impuls für eine widerständige Kultur, Selbstermächtigung und eine weitgehende Demokratisierung der Popkultur.

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AIB #125

68 DIN-A-4 Seiten; € 3,50.-

AIB, Gneisenaustr. 2a, 10961 Berlin

https://www.antifainfoblatt.de/

Der Schwerpunkt beleuchtet rechte

digitale Foren und (Gamer)Chats. Stephan B.

hatte sein rechtspolitische Tat in Halle auf der

Videospiel-Streamingplattform Twitch live ins

Netz übertragen. In diesem rund 35 Minuten

langen Video nutzte er immer wieder

Begrifflichkeiten und Gepflogenheiten, die unter

Computerspiele-Fans beliebt sind. So legte er

etwa aus der Gaming-Welt bekannte

Zwischenziele beziehungsweise „Achievements“

fest, die er bei seinem tödlichen Angriff erreichen

wollte.

Bereits in der vorherigen Ausgabe, AIB #124,

wurde die digitale Wahrnehmungswelt der

extremen Rechten skizziert und Begriffe wie

„Memes“ und „Incels“ erläutert. Sogenannte

Memes aus dem Internet bebildern die

Wahrnehmungswelt der extremen Rechten und

der „Incels“ (involuntary celibate), die im

„ungewollten Zölibat“ leben. In dieser Ausgabe

wurden *cis-männliche Incel-Attentäter und die

Imageboards vorgestellt. Die aktuelle Ausgabe ist

folglich eine Fortsetzung mit der

Auseinandersetzung extrem rechte digitaler

Netzwerke, in denen extrem rechte Attentate

diskutiert, glorifiziert werden.

Miro Dittrich und Jan Rathje leiten eine

Verbindung von Gaming und extremer Rechter

her, wobei bspw. Breitbart und Steve Bannon

erfolgreich Einfluss auf die junge Gamergate-

Bewegung nehmen konnte. Die Autoren erklären

Funktionen und Strategien wie Accelerationism

als erfolgreiche Methode in der extremen

Rechten zu einer Radikalisierung führt.

Lisa Bogerts und Maik Fielitz erklären diesen

Erfolg mit der US-amerikanischen Alt-Right-

Bewegung, die im Kampf um die Bilder

Pionierarbeit geleistet haben und eine

Kulturpolitik etabliert haben, die „Weiße

Überlegenheitsvorstellungen mit digitalen

Meme-, Spiele- und Hackerkulturen verband“, mit

einer faschistischen Ideologie auflud und

besonders junge weiße *cis-Männer ansprach.

Neben rassistische Memes gibt es auch antifeministische

Kampagnen und Hasskriminalität.

Gegen die amerikanische Entwicklerin Zoe Quinn

starteten wütende Männer auf 4Chan und Reddit

eine Hasskampagne. Anita Sarkeesian hatte in

einer Videoreihe stereotype Rollenbilder von

weiblichen Charakteren in Spielen angeprangert.

Ihr wurden Vergewaltigungen angedroht.

Rechte deutsche Gruppen schließen sich

zusammen im Forum „Reconquista Germanica“,

um politisch anders eingestellte Personen des

öffentlichen Lebens aufs Äußerste zu beleidigen

und so Wahlkämpfe zugunsten der AfD zu

beeinflussen. Die Postings im Board Kohlchan

könnten aus einem x-beliebigen Neonaziforum

stammen. Veronika Kracher fordert, dass der

antifaschistische Kampf auch dringend online

geführt werden muss. Von staatlicher Seite indes

ist es fraglich, ob sich überhaupt kompetente

Strafermittler*innen finden lassen, die sich mit

der Materie auskennen.

Eine junge Bremer Gamerin, die live auf Twitch

Fantasy-Computer-Rollenspiele spielt, wurde im

Chat mit dem Kommentar „Ich werde dich

vergewaltigen und in der Badewanne ertränken“

bedroht. Als die Gamerin bei der Polizei Anzeige

erstattet, wurde sie mit den Worten „Wenn Sie

nicht streamen würden, hätte der Ihnen auch

nicht geschrieben und wir würden hier nicht

sitzen!“ diskreditiert. Mehr noch. Der Beamte hat

eine Täter-Opfer-Umkehr vorgenommen. Dieses

junge Beispiel zeigt, dass Beamt*innen oder auch

Polizei-Studierende nicht ausreichend für

sogenannte „vorurteilsgeleitete Kriminalität“

sensibilisiert seien. Darunter fällt zum Beispiel

Kriminalität, die aus Hass gegen Frauen entsteht.

Gesamteindruck: Die extreme Rechte sucht nach

neuen Wegen, um ihre Propaganda abseits von

Facebook und Co. zu verbreiten. In den Gamer-

Chats von Discord sind etwa Server mit

Terrorismus unterstützenden Namen zu finden.

Rechte Gruppierungen versuchen mit

bildbasierten Inhalten Einfluss auf öffentliche

Debatten zu nehmen. Hasskriminalität findet in

den Boards mehrheitlich im rechtsfreien Raum

statt. Und solange die Polizei in Sachen

Medienkompetenz und Cyberkriminalität nicht

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