UNDERDOG 62
Schwerpunkt: Punk und Politik – Protest, Parolen und Provokation Unser Schwerpunkt beleuchtet die politischen Komponenten im Punk. Die unterschiedlichen Lebensstile koexistieren, genau wie die Musikstile, nebeneinander und tragen zu einem lebendigen Diskurs innerhalb der „Szene“ bei. So widersprüchlich Punk mit den verschiedensten Facetten und Varianten bis heute auch sein mag, liefert die Subkultur den Impuls für eine widerständige Kultur, Selbstermächtigung und eine weitgehende Demokratisierung der Popkultur.
Schwerpunkt: Punk und Politik – Protest, Parolen und Provokation
Unser Schwerpunkt beleuchtet die politischen Komponenten im Punk. Die unterschiedlichen Lebensstile koexistieren, genau wie die Musikstile, nebeneinander und tragen zu einem lebendigen Diskurs innerhalb der „Szene“ bei. So widersprüchlich Punk mit den verschiedensten Facetten und Varianten bis heute auch sein mag, liefert die Subkultur den Impuls für eine widerständige Kultur, Selbstermächtigung und eine weitgehende Demokratisierung der Popkultur.
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Beide skizzieren und charakterisieren
Punk als eine Bewegung mit deutlich
antiautoritären und kosmopolitischen
Tendenzen. Ein Faktor, der oft
unreflektiert erwähnt wird, ist die
Beziehung zwischen Punkrock und
Rock Against Racism (RAR).
RAR war eine Organisation, die
ursprünglich als Reaktion auf einen
Trunkenheitsausbruch von Eric Clapton
bei einem Konzert in Birmingham 1976
gegründet wurde. Eric Clapton erklärte
auf der Bühne betrunken seine
Unterstützung für den Anti-
Einwanderungs-Politiker Enoch Powell
und warnte davor, dass Großbritannien
in Gefahr sei, eine „schwarze Kolonie“
zu werden. Claptons rassistische Tirade
blieb nicht ohne Konsequenz und
inspirierte eine kleine Gruppe für die
Entstehung von Rock Against Racism,
einer kurzlebigen, aber hochwirksamen
Bewegung. Initiiert vom Fotografen und
Theaterkünstler Red Saunders war das
RAR-Team überwiegend von weißen
linken Hippie-Typen besetzt, um sich
gegen den Aufstieg der extremen
Rechte Ende der 1970er Jahre in
Großbritannien zu wehren, als
politische Parteien wie die National
Front auf dem Vormarsch waren.
RAR entwickelte sich schnell zu einer
dynamischen Bewegung, die den
aufkeimenden Rassismus innerhalb der
britischen Gesellschaft insgesamt
bekämpfen wollte. Der romantisierte,
verklärende Linksradikalismus des
Punk 3 hat genauso viel mit der
emotionalen Beteiligung einiger
Journalist*innen oder Autor*innen zu
tun wie mit einer kommerziellen
Ausrichtung: die Film-Doku über Joe
3 Bspw. wurde das „Außenseitertum“, das
„Rebellentum“ auch seit jeher in
popkulturellen Kontexten als
Identitätsmerkmal aufgegriffen und
romantisiert.
Strummer ging zeitgleich einer
Wiederveröffentlichung von Clash-Alben
einher, um diese zu pushen/bewerben.
Trotzdem argumentiert der englische
Schriftsteller und Dozent Roger Sabin
über die Geschichte zu Punk-Politik,
dass dies auf eine Orthodoxie innerhalb
der Punk-Geschichte hinausläuft, die
seiner Ansicht nach infrage gestellt
werden muss.
In einem Kapitel mit dem Titel „‘I
Won’t Let That Dago By:’Rethinking
Punk and Racism“, versucht Sabin das
zu korrigieren, was er als Mythos über
die Zugehörigkeit von Punk zu
antirassistischen und linken Politiken
und Ideen ansieht. 4 Sein Argument hat
zwei Kernkritiken. Die erste ist eine
Kritik an der Einheitlichkeit der
Auseinandersetzung von Punk mit dem
Antirassismus. Hier betont Sabin den
4 R. Sabin, „‘I Won’t Let That Dago By:‘
Rethinking Punk and Racism,“ (1999),
S. 57-69.
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