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UNDERDOG 62

Schwerpunkt: Punk und Politik – Protest, Parolen und Provokation Unser Schwerpunkt beleuchtet die politischen Komponenten im Punk. Die unterschiedlichen Lebensstile koexistieren, genau wie die Musikstile, nebeneinander und tragen zu einem lebendigen Diskurs innerhalb der „Szene“ bei. So widersprüchlich Punk mit den verschiedensten Facetten und Varianten bis heute auch sein mag, liefert die Subkultur den Impuls für eine widerständige Kultur, Selbstermächtigung und eine weitgehende Demokratisierung der Popkultur.

Schwerpunkt: Punk und Politik – Protest, Parolen und Provokation
Unser Schwerpunkt beleuchtet die politischen Komponenten im Punk. Die unterschiedlichen Lebensstile koexistieren, genau wie die Musikstile, nebeneinander und tragen zu einem lebendigen Diskurs innerhalb der „Szene“ bei. So widersprüchlich Punk mit den verschiedensten Facetten und Varianten bis heute auch sein mag, liefert die Subkultur den Impuls für eine widerständige Kultur, Selbstermächtigung und eine weitgehende Demokratisierung der Popkultur.

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Aktuelle Reviews/alle Tonträger: www.underdog-fanzine.de

Propheten regnet(e) es wieder Hirn vom

Punkrock-Himmel, der neben simplen Hass,

Hass, Hass auch mal tiefergehende Zwischentöne

und Gedankenwelten produziert und im

Gesamteindruck an ein autonomes Punk-Muscial

erinnert.

0-A__________________

1. Mai 87 – Viecher im Leib LP

Mad Butcher Classics

Die von Stefan Pieck (Gesang), Rudi Müller

(Gitarre), Oliver Cords (Schlagzeug) und André

Hoffmann (Bass) gegründete Band bezieht sich

mit dem Bandnamen auf die (legendären)

Ausschreitungen am 1. Mai 1987 in Kreuzberg,

wo sich die Berliner Cops für mehrere Stunden

vollständig aus SO 36 zurückziehen mussten.

Seitdem ist der 1. Mai in Kreuzberg ein immer

wiederkehrendes historisches Ereignis,

wenngleich sich der autonome Kampftag

mittlerweile zu einer offiziellen kulturellen

Veranstaltung entwickelt hat.

Geprägt von Bands wie RAZZIA, DTH und

besonders SLIME haben sich die Musiker der

Band trotz räumlicher Distanz mit den

Aufnahmen für ihr Debüt-Album (1994 auf CD;

Vitaminepillen Records) bereits nicht nur auf die

Pflastersteinromantik beschränkt, sondern

zitieren neben VKJ (‚Voll auf Deutschland‘) auch

Agit-Progrock-Töne mit autonomer Tanzmusik

sowie hardrockende Crossover-Moves (‚Dummy‘).

Ungewöhnlich und eigensinnig. Als Deutschpunk

Mitte der 90er AJhre immer belangloser und ein

Schimpfwort geworden ist, hauchten Tiyah, Dr.

Bäng, Olli und Andre wieder etwas Substanz ein.

Mir gefallen die schnellen straighten Pogo-Songs

wie ‚Angst‘ oder ‚Mord bleibt Mord‘ am Besten,

sind die experimentellen Lieder (bspw. ‚Indian

Paintings‘) doch mehr der Versuch, aus dem

Einheitsbrei auszubrechen, was ihnen aber nicht

immer gut gelingt. Gegen Proll(Punk)s, Nazis und

Acht Eimer Hühnerherzen – „album“ LP/

CD

Destiny Records/Broken Silence

Minimalismus und Underground-Ästhetik.

Apocalypse Vega, Herr Bottrop und Bene Diktator

werfen unnötigen Ballast über Bord und sind

ganz und gar bar- und leichtfüßig. Frech und

witzig, achtsame Lebenskunst und urbane

Lebensträume. Hauptsache, die Widersprüche

sind flüchtig und verflüchtigen sich. Stellt sich die

Frage: Für was hat mensch eigentlich noch Zeit?

Wenn (un)wichtige Dinge erledigt sind und die

Routine mal ein Zeitfenster erübrigt? Die

HÜHNERHERZEN wissen es: keine Ahnung! Das

ist aber auch nicht weiter schlimm, denn: ob mit

dem Auto von Berlin nach Leipzig fahren, um

Quittenbrause zu kaufen, kann doch auch mal

erquickend sein. Und so verfliegen Tagträume

und Ideale mit der letzten Konsequenz, dass das

Leben neben ‚atmen, essen, pinkeln und

umarmen‘ Strukturen bereithält, an die mensch

sich klammert, als wäre es der letzte Strohhalm,

selbst, wenn frau* Feministin mit Tourette sein

möchte und mann* wieder mal die

Balkongeranien ersäuft. Anarchische Akustik-

Balladen mit dem Hang zur Depression und eine

Klanglandschaft, durchzogen von riesigen

Eichenschrankwände, dicke Sofagarnituren,

Plüsch und Krimskrams.

Minimalismus und Älterwerden passt prima

zusammen!

B___________________

The Bombpops – Death In Venice Beach

LP/CD

Fat Wreck

The Bombpops liefern mit ihrem neuen Album

einen Haufen melodischer Punkrock Songs ab,

die fett, satt und saftig ertönen. Ein hohes Maß

an vielschichtigen Strukturen und trotzdem sehr

viel eingängigen Melodien und vor allem

einprägsame Refrains, die Poli und Jen in

Einklang bringen. Der Kontrast aus dunklem

Grundton, spieltechnischer Versiertheit,

Eingängigkeit und Melancholie wird durch eine

Mischung aus Behaglichkeit, Fragilität (Stimme)

und Düsternis (musikalisches Grundmuster)

verstärkt. Das ist offenbar auch beabsichtigt: „Ich

möchte, dass die Leute dieses dunkle,

unbehagliche Gefühl spüren“, sagt Poli van Dam,

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