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Kunstbulletin Dezember 2021

Unsere Dezember Ausgabe 2021, mit Beiträgen zu Sonia Kacem, Sophie Bouvier Ausländer, Nicolas Party, The Other Kabul, uvm.

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Berta Rahm’s Pavilion for the<br />

Saffa 58<br />

Zürich — Auf dem ETH Campus Hönggerberg<br />

befindet sich versteckt im Schatten von<br />

Bäumen der Ausstellungsraum des Instituts<br />

für Geschichte und Theorie der Architektur gta.<br />

Würde man nicht gezielt nach den silbrigen<br />

Wänden suchen, die auch auf dem Ausstellungsplakat<br />

abgebildet sind, könnte man sich<br />

auf dem weitläufigen Campus glatt verlaufen.<br />

Keine Signaletik verweist auf die Ausstellung<br />

mit dem kraftvollen Titel: ‹The Power of<br />

Mushrooms – Berta Rahm’s Pavilion for the<br />

Saffa 58›. Pilze? Berta wer?<br />

Berta Rahm (1910–1998) war die erste Schweizer<br />

Architektin, die in den Ingenieur- und Architektenverein<br />

SIA aufgenommen wurde. Sie baute<br />

Wohnhäuser sowie einen für jene Zeit sehr<br />

innovativen Bauernhof. Es gelang ihr trotzdem<br />

nicht, die Hindernisse, die ihr als unverheirateter<br />

Architektin in den Weg gelegt wurden, zu<br />

überwinden. Nach dreissig Jahren gab sie ihren<br />

erlernten Beruf auf, um den feministischen ALA<br />

Verlag zu gründen.<br />

Und sie war Mitgestalterin der Saffa (Schweizerische<br />

Ausstellung für Frauenarbeit) 1958,<br />

deren Realisation ihr aber wegen des fehlenden<br />

«stützenden» Ehemanns entzogen wurde.<br />

Grundgedanke der Saffa-Bauten war eine spätere<br />

Wiederverwertbarkeit. Die Fassaden des<br />

Pavillons mit Annex bestanden aus Aluminium<br />

und wurden in Rollen angeliefert, die einfach<br />

in die Unterkonstruktion eingeklickt werden<br />

konnten. Nach Abschluss der Schau landete<br />

der Bau, den Rahm konzipiert hatte, im Zürcher<br />

Oberland als Aufenthaltsraum einer Pilzfarm<br />

und geriet in Vergessenheit. Erst kurz vor seiner<br />

Zerstörung wurde er gefunden und gerettet.<br />

Der Pavillon wird nun in Fragmenten mit<br />

Material- und Farbmustern bei gta gezeigt,<br />

weitere Bauteile liegen auf Paletten bereit und<br />

versinnbildlichen seinen Übergangzustand.<br />

Darauf verweist auch die auffällige Nummerierung<br />

aller Einzelteile, die dem Auf- und Abbau<br />

dienen. Baupläne und Fotos sind mit Magneten<br />

an der Wand befestigt. Doch was sollen die<br />

beiden daneben platzierten Liegestühle auf<br />

dem schreiend roten Plüschteppich? Sie reichen<br />

hier jedenfalls nicht als Aufforderung zur<br />

vertieften Auseinandersetzung aus.<br />

Verwirrend wirken auch die in die Präsentation<br />

verwobenen Exponate einer anderen parallel<br />

laufenden Ausstellung. Der für die Rettung des<br />

Pavillons gegründete Verein Pro-Saffa1958-<br />

Pavillon sucht derzeit einen Ort, wo der Bau<br />

nach Ausstellungsende permanent installiert<br />

werden kann. Die Kraft der Pilze als Sinnbild für<br />

den kollektiven Aktivismus, als Symbol für die<br />

Vernetzung von Frauen und zugleich als Verweis<br />

auf den Ort, wo der Pavillon verschwand?<br />

Erklärt sich damit der Ausstellungstitel?<br />

Es bleibe dahingestellt, ob die Wahl des Titels<br />

nicht irreführend sei. Auch stellt sich die Frage,<br />

ob ein anderer Ausstellungsort zuträglicher gewesen<br />

wäre, um das bemerkenswerte Engagement<br />

der Wissenschaftlerinnen und Ausstellunsmacherinnen<br />

über den beteiligten Kreis<br />

hinaus zu vermitteln. Vivianne Tat (Schreiben<br />

über Kunst, MA Curatorial Studies, ZHdK)<br />

Berta Rahm · Saffa Pavillon 58, Ausstellungsansicht<br />

gta/ETH Zürich, <strong>2021</strong>. Foto: Nelly<br />

Rodriguez<br />

→ gta Ausstellungen, ETH Zürich Hönggerberg,<br />

bis 10.12.; Abschlussveranstaltung am 30.11.<br />

↗ www.ausstellungen.gta.arch.ethz.ch<br />

76 <strong>Kunstbulletin</strong> 12/<strong>2021</strong>

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