13.11.2021 Aufrufe

Kunstbulletin Dezember 2021

Unsere Dezember Ausgabe 2021, mit Beiträgen zu Sonia Kacem, Sophie Bouvier Ausländer, Nicolas Party, The Other Kabul, uvm.

Unsere Dezember Ausgabe 2021, mit Beiträgen zu Sonia Kacem, Sophie Bouvier Ausländer, Nicolas Party, The Other Kabul, uvm.

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

Zwei Ausstellungen in der Schweiz und in Deutschland präsentieren<br />

das vielfältige Schaffen von Nicolas Party. Im MASI Lugano<br />

werden Pastelle, Skulpturen und ortsspezifische Wandbilder in<br />

eine aufwendige Szenografie eingebettet. In der Kestner Gesellschaft<br />

dominiert das Raumerlebnis einer monumentalen Grotte<br />

neben einem Kabinett mit neueren Porträts. Cynthia Krell<br />

Ein ehemaliges Jugendstilbad transformiert sich im Jahr 1997 zu einem Kulturort für<br />

zeitgenössische Kunst – die heutige Kestner Gesellschaft in Hannover. Wer dort aktuell<br />

in der ersten Etage die Kuppelhalle betritt, taucht unvermittelt in eine illusionistisch<br />

gemalte Grotte in abgestuften Grüntönen ein. Nicolas Party hat mit mehreren<br />

Assistentinnen und Assistenten, ohne Eingriff in die bestehende Architektur, ein<br />

immersives Raumerlebnis geschaffen. Wie bei seinen Pastellen oder Skulpturen verweist<br />

das Motiv der Grotte auf kunsthistorische Vorbilder, hier auf die ‹Grotte von Manacor›,<br />

um 1901, des belgischen Malers William Degouve de Nuncques (1867–1935).<br />

Der Künstler hat bereits 2019 eine Serie mit unterirdischen Höhlen gemalt, von<br />

denen einige im MASI Lugano zu sehen sind. Party begründet seine Faszination wie<br />

folgt: «Ich denke, es geht mir um das Motiv generell und nicht um eine konkrete Höhle.<br />

Mich interessiert, wie es in verschiedenen Kulturen, Religionen und der Bildgestaltung<br />

verwendet wird. Ich fühle mich von diesen Referenzthemen angezogen, die<br />

aus der ganzen Welt kommen. …Aus einer europäischen Perspektive haben wir zum<br />

Beispiel die Geburt der Kunst in eine Höhle verlegt und dazu eine ganze Geschichte<br />

erschaffen.» Auch ohne detaillierte Kenntnisse über die aufgeladene Kulturgeschichte<br />

der Höhle lässt sich jetzt in Hannover die Grotte beim Gehen durch den Kuppelsaal<br />

unmittelbar und aus verschiedenen Perspektiven erfahren. Nach Ende der Ausstellung<br />

wird dann das ephemere Werk unter einer dicken Schicht weisser Wandfarbe<br />

verschwinden und nur noch als kollektive Erinnerung weiterexistieren.<br />

Am Beispiel einer Filmikone<br />

Im gegenüberliegenden, länglichen Ausstellungsraum werden neun Porträts vor<br />

einer roten Wand präsentiert. Wir begegnen ausschliesslich weiblichen Figuren in<br />

knalligen Farben und mit reduzierten, versteinerten Gesichtszügen. Wer sich in der<br />

Filmgeschichte etwas auskennt, könnte die Schauspielerin Marlene Dietrich erkennen,<br />

die in den 1930er-Jahren dem androgynen Frauentyp einer «Garçonne» entsprach.<br />

Der Titel der Ausstellung ‹Stage Fright› basiert auf einem Vorschlag von Adam<br />

Budak, dem Direktor der Kestner Gesellschaft. Dieser kann wortwörtlich mit «Lampenfieber»<br />

übersetzt werden und verweist auf den gleichnamigen Film von Alfred<br />

Hitchcock von 1950, in dem Dietrich mitspielte.<br />

Es ist ein absolutes Novum im Werk des Künstlers, eine real existierende Person<br />

abzubilden. «Ich möchte, dass der Betrachter diese Bilder wahrnehmen kann, ohne<br />

wissen zu müssen, dass sie sich auf Marlene Dietrich beziehen. Der Name Marlene<br />

46 <strong>Kunstbulletin</strong> 12/<strong>2021</strong>

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!