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Jahresgutachten 1998/99 - Sachverständigenrat zur Begutachtung ...

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gen und Privatisierungen ist es unvermeidlich, daß die<br />

Unternehmen, die sich im Wettbewerb nicht behaupten<br />

können, auch wieder ausscheiden. Es ist bekannt und<br />

auch leicht zu erklären, daß junge Unternehmen gerade<br />

in den ersten Jahren nach ihrer Gründung schweren<br />

Bewährungsproben ausgesetzt sind, die viele nicht<br />

bestehen. Daraus ergibt sich zwangsläufig, daß einer<br />

Periode, in der sich Neugründungen häufen, mit zeitlicher<br />

Verzögerung auch zahlreiche Schließungen folgen<br />

werden. Dem durch Subventionen entgegenwirken zu<br />

wollen, wäre ein verfehlter Ansatz. Unternehmen, die<br />

auf die Dauer nicht aus eigener Kraft lebensfähig sind,<br />

stellen für die wirtschaftliche Entwicklung einer Region<br />

nur eine Belastung dar; dem Ziel, gegenüber anderen<br />

Regionen aufzuholen, sind sie gewiß nicht förderlich.<br />

Wesentlich für die wirtschaftliche Zukunft ist nicht, daß<br />

möglichst viele der bestehenden Unternehmen um jeden<br />

Preis erhalten werden, sondern daß genügend neue entstehen.<br />

Dies mag den Gedanken nahelegen, die Förderung<br />

auf neugegründete Unternehmen zu konzentrieren,<br />

wobei jedoch Wettbewerbsverzerrungen zu Lasten der<br />

bereits bestehenden zu vermeiden sind. Finanzierungshilfen<br />

an Unternehmensgründer, wie sie im Rahmen von<br />

Eigenkapitalhilfe- und Existenzgründungsprogrammen<br />

gewährt werden, lassen sich unter dem Gesichtspunkt<br />

rechtfertigen, daß die Kapitalbeschaffung über den<br />

Markt hier auf besondere Schwierigkeiten stößt; zudem<br />

sind in den Finanzierungshilfen nur in geringem Umfang<br />

Subventionen enthalten. Dies ist keine Besonderheit der<br />

neuen Bundesländer; mit den gleichen Argumenten kann<br />

diese Form der Förderung auch in Westdeutschland<br />

begründet werden, doch kommt ihr in den neuen Bundesländern<br />

weit größere Bedeutung zu. Wünschenswert<br />

wäre es, die Vielfalt der Programme zu vereinfachen und<br />

mehr Transparenz herzustellen. Auf die Dauer sollten<br />

allerdings Bemühungen um verbesserte Funktionsvoraussetzungen<br />

für Finanzmärkte Vorrang vor der direkten<br />

staatlichen Unternehmensförderung haben.<br />

359. Die Lohnpolitik hat für die wirtschaftliche Entwicklung<br />

und den Aufbau von Beschäftigung in den<br />

neuen Bundesländern nach wie vor eine Schlüsselfunktion.<br />

Die Fehler, die in den Anfangsjahren gemacht wurden<br />

und die den ostdeutschen Unternehmen erhebliche<br />

Wettbewerbsnachteile eingetragen haben, können nicht<br />

auf Dauer durch staatliche Förderung ausgeglichen werden.<br />

Die Angleichungsstrategie aufzugeben ist heute<br />

dringend geboten, aber angesichts des bereits erreichten<br />

Lohnniveaus nicht ausreichend. Ergänzend sollten darüber<br />

hinaus mindestens durch Vereinbarung von wirksamen<br />

Öffnungsklauseln Regelungen auf betrieblicher<br />

Ebene ermöglicht werden, die es zulassen, sich auf<br />

Arbeitsentgelte (unter Berücksichtigung von Sonderzahlungen)<br />

zu einigen, die den besonderen Verhältnissen<br />

des jeweiligen Unternehmens gerecht werden. Die stark<br />

durch Einflußnahme westdeutscher Verbandsvertreter<br />

geprägte und insgesamt verfehlte Tarifpolitik hat <strong>zur</strong><br />

Folge gehabt, daß viele Unternehmen in den neuen Bundesländern<br />

dem Tarifverband gar nicht mehr angehören<br />

und nicht wenige, die noch Mitglieder sind, sich unter<br />

Duldung durch die Arbeitnehmer über tarifvertragliche<br />

Verpflichtungen hinwegsetzen, eine Entwicklung, die<br />

nicht im Interesse der Tarifvertragsparteien liegen kann.<br />

Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode Drucksache 14/73<br />

Man muß darin aber das Korrektiv einer Fehlentwicklung<br />

sehen.<br />

360. Die Besonderheit der aktiven Arbeitsmarktpolitik<br />

in den neuen Bundesländern liegt darin, daß von Anfang<br />

an bis heute das Ziel, möglichst vielen Menschen eine<br />

Alternative <strong>zur</strong> Arbeitslosigkeit in Form subventionierter<br />

Beschäftigung oder der Beteiligung an Weiterbildungsmaßnahmen<br />

zu ermöglichen, eine maßgebliche Rolle<br />

spielte. Auch dies ist aus der Sichtweise zu erklären, daß<br />

die einmalige Lage außergewöhnliche Maßnahmen erforderte.<br />

Heute muß jedoch auch die Arbeitsmarktpolitik<br />

den Weg <strong>zur</strong>ück <strong>zur</strong> Normalität finden, das heißt, sie<br />

muß sich auf das eigentliche Ziel aktiver Maßnahmen<br />

besinnen, das darin besteht, den Arbeitslosen, und zwar<br />

besonders den Problemgruppen unter ihnen, den Weg ins<br />

normale Arbeitsleben zu erleichtern. Wenn dieses Ziel<br />

im Vordergrund steht, geht es nicht an, Forderungen<br />

nach mehr aktiver Arbeitsmarktpolitik damit zu begründen,<br />

daß die offene Arbeitslosigkeit sonst zu hoch werde.<br />

Vielmehr ist aktive Arbeitsmarktpolitik nur in dem Umfang<br />

zu begründen, wie ein Potential erfolgversprechender<br />

Überleitung in normale Arbeitsverhältnisse besteht.<br />

Hierzu wäre dringend erforderlich, das Informationsdefizit<br />

hinsichtlich des Erfolgs arbeitsmarktpolitischer<br />

Maßnahmen zu beseitigen, das die Beurteilung heute<br />

noch außerordentlich erschwert.<br />

Abgesehen von den Kosten einer aktiven Arbeitsmarktpolitik<br />

sind deren problematische Nebenwirkungen zu<br />

bedenken, insbesondere Verzerrungen des Wettbewerbs<br />

zu Lasten privater Unternehmen, die bis <strong>zur</strong> Verdrängung<br />

privaten Angebots in bestimmten Bereichen gehen<br />

können, das Aufkommen einer Subventionsmentalität,<br />

die sich auf möglichst weitgehende Mitnahme aller Fördermöglichkeiten<br />

richtet, bis hin <strong>zur</strong> Gefahr der Demotivation<br />

der von arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen aufgefangenen<br />

Arbeitnehmer bei der Suche nach regulären<br />

Arbeitsplätzen. Die Probleme des Arbeitsmarktes in den<br />

neuen Bundesländern lassen sich nicht lösen, indem man<br />

den Arbeitslosen Ersatzbeschäftigung auf öffentlich subventionierten<br />

Arbeitsplätzen anbietet. Im Sinne der Herstellung<br />

von Normalität muß die aktive Arbeitsmarktpolitik<br />

in den neuen Bundesländern sich auf ihre eigentliche<br />

Aufgabe beschränken. Nur in dem Maße, wie sie<br />

sich als geeignet erweist, Arbeitslosen den Weg zu<br />

regulären Arbeitsverhältnissen zu ebnen, läßt sich ihr<br />

Einsatz rechtfertigen.<br />

361. Der Aufbau in den neuen Bundesländern wird<br />

noch auf längere Zeit durch Transfers aus dem früheren<br />

Bundesgebiet gestützt werden müssen. Die Bundesregierung<br />

hat ihre Bereitschaft dazu in der Koalitionsvereinbarung<br />

bekräftigt; insoweit bleibt es bei der bisherigen<br />

Politik. Die Höhe der Transfers ist zum großen Teil<br />

durch Gesetze festgelegt. Der Länderfinanzausgleich,<br />

einschließlich der Bundesergänzungszuweisungen, ist<br />

bis zum Jahre 2004 gesetzlich geregelt; auf die Geltung<br />

der Regelungen bis zu diesem Zeitpunkt müssen die<br />

neuen Bundesländer vertrauen können. Für die Zeit danach<br />

ist eine daran anschließende Lösung noch zu finden.<br />

Eine wichtige Rolle spielen weiterhin die Leistungen<br />

des Bundes im Rahmen der Gemeinschaftsaufgabe<br />

„Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur“, die<br />

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