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Jahresgutachten 1998/99 - Sachverständigenrat zur Begutachtung ...

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Drucksache 14/73 Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode<br />

den Wegfall der gesetzlichen Krankengeld-Versicherung<br />

und der strengeren Anspruchsvoraussetzungen für den<br />

Bezug der Invalidenrente bereits in diesem Jahr Einsparungen<br />

realisiert. Darüber hinaus einigten sich Arbeitgeber<br />

und Gewerkschaften darauf, die Organisation der<br />

Arbeitslosenversicherung und der Invalidenversicherung<br />

bei einem vorgegebenen Leistungsbündel auf private<br />

Gesellschaften zu übertragen. Die im Mai dieses Jahres<br />

neu gewählte Regierung plant eine Steuerreform, die auf<br />

eine Verbreiterung der Bemessungsgrundlage, eine Verlagerung<br />

von direkten auf indirekte Steuern und eine<br />

steuerliche Entlastung des Faktors Arbeit abzielt.<br />

66. Anders als im Euro-Währungsraum verlief im Jahre<br />

<strong>1<strong>99</strong>8</strong> die wirtschaftliche Entwicklung im Vereinigten<br />

Königreich. Aus der Phase der Hochkonjunktur kommend<br />

hat sich die wirtschaftliche Aktivität mit einer<br />

Zuwachsrate des Bruttoinlandsprodukts von 2 vH gegenüber<br />

3,5 vH im Vorjahr deutlich vermindert. Die<br />

Notenbank, die im Herbst vergangenen Jahres auf einen<br />

restriktiven geldpolitischen Kurs eingeschwenkt war,<br />

verschärfte ihren Restriktionskurs und erhöhte den Leitzins<br />

schrittweise von 6,25 % im Mai 1<strong>99</strong>7 auf 7,50 % im<br />

Juni <strong>1<strong>99</strong>8</strong>; im Oktober wurde allerdings wieder eine<br />

Senkung des Leitzinses eingeleitet, der nunmehr 6,75 %<br />

beträgt. Damit lagen die Geldmarktzinsen im Vereinigten<br />

Königreich deutlich oberhalb des Niveaus anderer<br />

EU-Mitgliedsländer. Die damit einhergehende Aufwertung<br />

des Pfund Sterling bewirkte eine massive Verschlechterung<br />

der preislichen Wettbewerbsposition britischer<br />

Exporteure. Der Rückgang an Auslandsaufträgen<br />

verstärkte sich noch einmal im zweiten Quartal dieses<br />

Jahres, so daß die Exporte insgesamt nur um 1 vH expandierten.<br />

Bei weiterhin kräftiger inländischer Nachfrage<br />

hielt der Importsog an. Die Beschäftigung nahm bis<br />

<strong>zur</strong> Jahresmitte weiterhin zu, knappheitsbedingt stiegen<br />

die Löhne stark an. Das hierdurch geförderte Verbrauchervertrauen<br />

erhöhte sich bis <strong>zur</strong> Mitte des Jahres und<br />

führte zu einer kräftigen Expansion des Privaten Verbrauchs,<br />

was insbesondere im Dienstleistungssektor<br />

belebend wirkte und zu einem deutlichen Anstieg des für<br />

die Geldpolitik maßgeblichen Preisindex beitrug, womit<br />

das Inflationsziel von 2,5 vH überschritten wurde. In der<br />

Finanzpolitik werden künftig für die Mehrzahl der nicht<br />

zyklisch schwankenden Ausgaben dreijährige Ausgabenpläne<br />

aufgestellt. Zudem gilt: Kredite dürfen nur für<br />

investive Zwecke aufgenommen werden. Die Schuldenstandsquote<br />

soll über den Konjunkturzyklus hinweg bei<br />

durchschnittlich 40 vH gehalten werden.<br />

Beschäftigungspolitik in der<br />

Europäischen Union<br />

67. Nach dem Beschäftigungskapitel im Vertrag von<br />

Amsterdam (Artikel 125 ff. EGV) sind die Mitgliedstaaten<br />

verpflichtet, ihre Beschäftigungspolitik zu koordinieren<br />

und darauf hinzuarbeiten, daß die Qualifizierung,<br />

die Ausbildung und die Anpassungsfähigkeit der<br />

Arbeitnehmer verbessert werden und die Fähigkeit der<br />

Arbeitsmärkte erhöht wird, den Erfordernissen des<br />

Strukturwandels Rechnung zu tragen. Zusätzlich ist<br />

vereinbart, daß der Europäische Rat auf Vorschlag der<br />

36<br />

Kommission und nach Anhörung des Europäischen Parlaments,<br />

des Wirtschafts- und Sozialausschusses, des<br />

Ausschusses der Regionen und des Beschäftigungsausschusses<br />

jährlich mit qualifizierter Mehrheit beschäftigungspolitische<br />

Leitlinien festlegt. Die Kommission und<br />

der Rat sind über die wichtigsten in den einzelnen Mitgliedstaaten<br />

getroffenen Maßnahmen zu unterrichten;<br />

daraufhin erstellen Rat und Kommission einen gemeinsamen<br />

Jahresbericht über die Beschäftigungslage in der<br />

Europäischen Union.<br />

Diesem Verfahren folgend wurden erstmals im November<br />

1<strong>99</strong>7 beschäftigungspolitische Leitlinien für das<br />

Jahr <strong>1<strong>99</strong>8</strong> verabschiedet. Diese insgesamt neunzehn<br />

Leitlinien zielen auf die Verbesserung der Beschäftigungsfähigkeit,<br />

die Entwicklung des Unternehmergeistes,<br />

die Förderung der Anpassungsfähigkeit der Unternehmen<br />

und ihrer Arbeitnehmer sowie die Stärkung der<br />

Chancengleichheit, um die Lage am Arbeitsmarkt langfristig<br />

zu verbessern.<br />

Die Leitlinien <strong>zur</strong> Verbesserung der Beschäftigungsfähigkeit<br />

stellen darauf ab, alle Jugendlichen in eine die Beschäftigungschancen<br />

fördernde Maßnahme einzubeziehen, ehe sie sechs<br />

Monate lang arbeitslos sind, arbeitslosen Erwachsenen zu<br />

helfen, ehe sie zwölf Monate lang arbeitslos sind, und von<br />

passiven zu aktiven Maßnahmen der Arbeitsmarktförderung<br />

überzugehen. Ziel ist es, den Anteil der Personen, die von<br />

arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen erfaßt werden, an der<br />

Gesamtzahl der Arbeitslosen, auf den Durchschnitt der diesbezüglich<br />

drei erfolgreichsten Mitgliedstaaten zu erhöhen, mindestens<br />

aber auf 20 vH. Des weiteren werden die Sozialpartner<br />

aufgefordert, Vereinbarungen zu treffen, die auf eine Verbesserung<br />

der Vermittelbarkeit abzielen, und die Möglichkeiten für<br />

lebenslanges Lernen auszubauen. Der Übergang von der<br />

Schule in den Beruf soll erleichtert werden, indem die Qualität<br />

des Schulsystems verbessert und damit die Anzahl der<br />

Schulabbrecher spürbar verringert wird. Durch Einrichtung<br />

beziehungsweise den Ausbau des Lehrlingsausbildungssystems<br />

soll Sorge dafür getragen werden, daß eine bessere Ausrichtung<br />

der Ausbildung an den Bedürfnissen des Arbeitsmarkts<br />

stattfindet und die Anpassungsfähigkeit an den technologischen<br />

Wandel erhöht wird.<br />

Auf der Grundlage dieser Leitlinien wurden von den<br />

Mitgliedstaaten für den gleichen Zeitraum nationale<br />

beschäftigungspolitische Aktionspläne erstellt und dem<br />

Europäischen Rat auf seiner Tagung in Cardiff im Juni<br />

<strong>1<strong>99</strong>8</strong> <strong>zur</strong> Prüfung vorgelegt. Im Dezember dieses<br />

Jahres sollen in Wien Leitlinien für das Jahr 1<strong>99</strong>9 beschlossen<br />

werden.<br />

Im Oktober dieses Jahres hat die Europäische Kommission<br />

ihren Vorschlag für die beschäftigungspolitischen Leitlinien<br />

des Jahres 1<strong>99</strong>9 unterbreitet. Danach soll die bisherige Struktur<br />

der Leitlinien beibehalten, aber es sollen einige Änderungen<br />

vorgenommen werden. Die wichtigsten für die Verbesserung<br />

der Beschäftigungsfähigkeit sind:<br />

– Die Ausbildungsanreize und die Arbeitsanreize sollen durch eine<br />

Reform des Steuersystems und des Sozialsystems erhöht werden.<br />

Maßnahmen <strong>zur</strong> Verminderung des Arbeitsangebots, beispielsweise<br />

Frühverrentungen, sollen den Arbeitsmarkt entlasten.<br />

– In Abstimmung mit den Sozialpartnern soll die Qualifikation<br />

im Bereich der Informations- und Kommunikationstechnologien<br />

erhöht werden. Die Mitgliedstaaten sollen sich quantitative<br />

Ziele für die Anzahl der Personen setzen, die von entsprechenden<br />

Maßnahmen erfaßt werden.

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