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Jahresgutachten 1998/99 - Sachverständigenrat zur Begutachtung ...

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während es in Mexiko um ein klar abgegrenztes Volumen<br />

mit dem Staat als Hauptschuldner ging. Zum<br />

anderen steht der baldigen Erholung der Exporttätigkeit<br />

in Asien entgegen, daß zugleich Schwierigkeiten<br />

bestehen, die benötigten Vorleistungen zu finanzieren;<br />

der stark gestiegene Schuldendienst der Unternehmen<br />

drückt auf deren Liquidität, und zudem haben sich die<br />

Importe abwertungsbedingt erheblich verteuert. Die<br />

Banken können aufgrund der Risikostruktur ihrer Aktiva<br />

nicht mehr Finanzierungsleistungen in erforderlichem<br />

Umfang erbringen. Darüber hinaus kann das<br />

bedeutsamste Importland für Produkte aus diesen<br />

Ländern, Japan, aufgrund mangelnder binnenwirtschaftlicher<br />

Aktivität nicht die notwendige Nachfrage<br />

entfalten, wie dies für Mexiko durch die Vereinigten<br />

Staaten geschehen ist.<br />

– In dem Szenario des „verlorenen Jahrzehnts“ wird<br />

stark auf die langanhaltenden negativen Effekte der<br />

markanten Produktionseinbrüche dieses Jahres in Ostasien<br />

sowie auf die spürbar geschrumpften Kapitalzuflüsse<br />

und die deswegen fehlenden Mittel <strong>zur</strong> Finanzierung<br />

notwendiger Umstrukturierungen abgestellt.<br />

Als Argumente gegen diese pessimistische Beurteilung<br />

sind vor allem aus Sicht internationaler Investoren<br />

die Faktoren zu beachten, die das asiatische Wirtschaftsmodell<br />

bisher wesentlich bestimmt haben: Den<br />

Schwellenländern ist es gelungen, durch die Außenorientierung<br />

nicht zuletzt Kapital und Technologie zu<br />

attrahieren und den Wettbewerb im Inland zu fördern.<br />

Ferner sind sowohl der Bildungsstand der Bevölkerung<br />

als auch die hohen Sparquoten gute Ausgangsbedingungen<br />

für anhaltendes Wirtschaftswachstum.<br />

Überdies haben die Länder erheblich in eine wirtschaftsnahe<br />

Infrastruktur investiert. Bedeutsam ist<br />

auch, daß für die Volkswirtschaften Asiens in den<br />

neunziger Jahren mit niedrigen Inflationsraten und<br />

einer soliden Finanzpolitik ein makroökonomisches Umfeld<br />

bestand, das die Erwartungsbildung der Investoren<br />

positiv beeinflußt hat. Diese Vorteile bestehen für den<br />

Erholungsprozeß nach der Krise auch weiterhin.<br />

Für die Frage, ob eine Neueinschätzung der asiatischen<br />

Märkte geboten ist oder nicht, ist es entscheidend, wie<br />

konsequent die wirtschaftspolitisch notwendigen Strukturreformen<br />

in den jeweiligen Ländern angegangen werden.<br />

Aus den Ursachen für die Asien-Krise ergeben sich<br />

die Ansatzpunkte dafür: Rekapitalisierung des Bankensystems,<br />

Lösung des Problems der kurzfristigen Auslandsverschuldung,<br />

Einführung einer funktionierenden<br />

Bankenaufsicht und die Entflechtung von Politik und<br />

Wirtschaft. Es ist zu beobachten, daß einige Länder<br />

entsprechende Reformen schneller umsetzen (zum Beispiel<br />

Südkorea und Thailand) als andere (zum Beispiel<br />

Malaysia). Ungeachtet aller Härten, etwa in Form einer<br />

drastisch gestiegenen Arbeitslosigkeit, wird es einigen<br />

Krisenländern rascher gelingen, den notwendigen Anpassungsprozeß<br />

zu bewerkstelligen. Die einzelnen Staaten<br />

müssen somit bezüglich der Chancen und Risiken<br />

künftig differenzierter betrachtet werden, als es im Verlauf<br />

dieser Krise geschehen ist. Viel spricht dafür, daß<br />

die asiatischen Volkswirtschaften auf einen wirtschaftspolitischen<br />

Reformkurs einschwenken und diesen durch-<br />

Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode Drucksache 14/73<br />

halten, so daß die bestehenden von den Finanzkrisen<br />

aber überschatteten Standortvorteile wieder zum Tragen<br />

kommen. Diese Länder werden dann mittelfristig zu<br />

einem Wachstumspfad <strong>zur</strong>ückfinden, bei dem im Vergleich<br />

zu den Industrieländern überdurchschnittliche<br />

Produktionszuwächse erreicht werden.<br />

44. Die realwirtschaftlichen Auswirkungen der Finanzund<br />

Währungskrise waren im Jahre <strong>1<strong>99</strong>8</strong> gravierend. In<br />

den ostasiatischen Schwellenländern mit Ausnahme<br />

Taiwans schrumpfte das Bruttoinlandsprodukt mehr oder<br />

weniger stark (Tabelle 4, Seite 20). Parallel dazu kam es<br />

in zahlreichen Krisenländern abwertungsbedingt zu einer<br />

Inflationsbeschleunigung. Insgesamt mußten die ostasiatischen<br />

Schwellenländer zum Teil massive Einkommenseinbußen<br />

hinnehmen, begleitet von einem drastischen<br />

Anstieg der Arbeitslosigkeit.<br />

Sowohl in Südkorea als auch vor allem in Thailand wurden<br />

die Auflagen des Internationalen Währungsfonds<br />

sehr viel rascher und konsequenter umgesetzt als in Indonesien.<br />

Die Regierungen haben neben einer restriktiven<br />

Geldpolitik und Finanzpolitik eine Reihe von Maßnahmen<br />

ergriffen, um die inländischen Kapitalmärkte zu<br />

öffnen, das Finanzsystem umzustrukturieren und die<br />

Bankenaufsicht zu stärken, die Flexibilität auf dem Arbeitsmarkt<br />

zu erhöhen sowie die Umstrukturierung der<br />

Unternehmen zu fördern. In Thailand wurden beispielsweise<br />

zahlreiche vorübergehend geschlossene Finanzierungsgesellschaften<br />

aufgelöst und deren Aktiva im<br />

Rahmen eines Auktionsverfahrens liquidiert. Insgesamt<br />

hat sich in Thailand das Vertrauensklima deutlich verbessert.<br />

Mit Hongkong, Singapur und Malaysia sind im<br />

Jahre <strong>1<strong>99</strong>8</strong> drei weitere Schwellenländer in den Sog der<br />

Asien-Krise geraten. Für die beiden Stadtstaaten wirkten<br />

vor allem die Hochzinspolitik <strong>zur</strong> Stützung der heimischen<br />

Währung sowie der Geschäftsrückgang im Finanzsektor<br />

und der Einbruch der Immobilienpreise kontraktiv.<br />

Für Malaysia standen die gesunkene Nachfrage anderer<br />

asiatischer Länder und die immer größere finanzielle<br />

Anspannung im Bankensektor im Vordergrund.<br />

Mitte dieses Jahres änderte sich die Rolle der Finanzpolitik<br />

in diesen drei Ländern. Nachdem zunächst Haushaltskürzungen<br />

vorgenommen worden waren, wurden<br />

nun staatliche Ausgabenprogramme aufgelegt, um die<br />

soziale Sicherung auszuweiten und durch Infrastrukturprojekte<br />

die wirtschaftliche Aktivität zu stimulieren.<br />

Eine ähnliche Tendenz wurde auch in Südkorea und<br />

Thailand deutlich, deren Regierungen in Abstimmung<br />

mit dem Internationalen Währungsfonds die haushaltspolitischen<br />

Auflagen lockerten, nicht zuletzt deshalb,<br />

weil sich die in den ursprünglichen Stabilitätsprogrammen<br />

unterstellten Projektionen für die gesamtwirtschaftliche<br />

Entwicklung als viel zu optimistisch herausstellten<br />

(Tabelle 5, Seite 21). Überdies wurden in diesem Jahr<br />

interventionistische Maßnahmen ergriffen: So wurden in<br />

Hongkong im August von staatlicher Seite in erheblichem<br />

Umfang Aktienkäufe getätigt, um die heimische<br />

Börse zu stützen. In Malaysia wurden im September<br />

scharfe Beschränkungen des kurzfristigen Kapitalverkehrs<br />

für Inländer und Ausländer eingeführt; Ausländer<br />

können Kapitalanlagen frühestens nach einem Jahr wieder<br />

abziehen.<br />

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