17.01.2013 Aufrufe

Jahresgutachten 1998/99 - Sachverständigenrat zur Begutachtung ...

Jahresgutachten 1998/99 - Sachverständigenrat zur Begutachtung ...

Jahresgutachten 1998/99 - Sachverständigenrat zur Begutachtung ...

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

Preisniveaustabilität erreicht<br />

98. Im Jahre <strong>1<strong>99</strong>8</strong> lag der Preisindex für die Lebenshaltung<br />

der privaten Haushalte nur um etwa 1 vH über<br />

seinem Vorjahresniveau (Tabelle 23). Berücksichtigt<br />

man, daß bei der gängigen Inflationsmessung sehr wahrscheinlich<br />

eine Überzeichnung der Inflationsrate auftritt,<br />

so ist dieses Ergebnis mit Preisniveaustabilität gleichzusetzen.<br />

Auf den Weltmärkten war die Preisentwicklung<br />

Tabelle 23<br />

Eckdaten der Preisentwicklung in Deutschland<br />

Veränderung gegenüber dem Vorjahreszeitraum in vH<br />

Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode Drucksache 14/73<br />

1<strong>99</strong>6 1<strong>99</strong>7 <strong>1<strong>99</strong>8</strong> a)<br />

Rohstoffpreise 1) ................. + 8,6 +13,1 –19,2<br />

Einfuhrpreise 2)3) ................ + 0,5 + 3,2 – 1,9<br />

Erzeugerpreise 2)4)<br />

Deutschland ................. – 0,5 + 1,2 + 0,1<br />

Früheres Bundesgebiet.. – 0,6 + 1,1 + 0,0<br />

Neue Bundesländer....... + 1,4 + 1,8 – 0,5<br />

Verbraucherpreise 2)5)<br />

Deutschland ................. + 1,5 + 1,8 + 1,0<br />

Früheres Bundesgebiet.. + 1,4 + 1,8 + 1,0<br />

Neue Bundesländer....... + 2,2 + 2,1 + 1,3<br />

Staatlich administrierte<br />

Verbraucherpreis e 2)6)<br />

Früheres Bundesgebiet... + 1,5 + 3,0 + 0,8<br />

Nachrichtlich<br />

Ausfuhrpreise 2) .................. + 1,2 + 1,5 + 0,6<br />

a) Januar bis September; Rohstoffpreise, Verbraucherpreise: Januar bis<br />

Oktober.<br />

1) HWWA-Rohstoffpreisindex auf DM-Basis, 1<strong>99</strong>0 = 100.<br />

2) Basis 1<strong>99</strong>1 = 100.<br />

3) Preise bei Vertragsabschluß (Effektivpreise); cif (cost, insurance,<br />

freight). Ohne Zölle, Abschöpfungen, Währungsausgleichsbeträge<br />

und Einfuhrumsatzsteuer.<br />

4) Gewerbliche Produkte (Inlandsabsatz). Ohne Mehrwertsteuer.<br />

5) Preisindex für die Lebenshaltung aller privaten Haushalte.<br />

6) Zur Methode siehe Anhang IV; Abschnitt F.<br />

sogar zum Teil stark rückläufig, so daß die Preise der<br />

nach Deutschland importierten Güter einen wesentlichen<br />

Beitrag zu diesem Stabilitätserfolg leisteten. Eine deflationäre<br />

Entwicklung hingegen, also einen dauerhaften<br />

Rückgang des allgemeinen Preisniveaus, stellte dies<br />

nicht dar, auch wenn in der Öffentlichkeit mitunter Thesen<br />

vertreten wurden, die solchem Mißverständnis Vorschub<br />

leisteten (Kasten 4, Seiten 62f.).<br />

Inwieweit die tatsächliche Preisniveausteigerung durch die<br />

gängige Messung der Inflationsrate überzeichnet wird, ist seit<br />

längerem Gegenstand einer wissenschaftlichen Diskussion. Bei<br />

der Inflationsmessung mit dem Preisindex für die Lebenshaltung<br />

wird normalerweise ein auf Gewichten eines Basisjahres<br />

beruhender Warenkorb herangezogen (Laspeyres-Index). Der<br />

Warenkorb wird für eine längere Periode unverändert beibehalten,<br />

da nur so die Indexwerte für verschiedene Jahre <strong>zur</strong><br />

Betrachtung der Preisentwicklung miteinander vergleichbar<br />

sind. Allerdings ändern sich mit der Zeit die Verbrauchsgewohnheiten<br />

der Haushalte, so daß das Wägungsschema des<br />

Basisjahres veraltet. Hierdurch ergeben sich mehrere Effekte,<br />

die tendenziell dazu führen, daß Preissteigerungen höher ausgewiesen<br />

werden, als es der Entwicklung eines sogenannten<br />

„wahren Lebenshaltungskostenindex“ entspräche. Der Substitutionseffekt<br />

entsteht dadurch, daß die Konsumenten im<br />

Laufe der Zeit Güter meiden, die relativ teurer werden und<br />

statt dessen ihre Verbrauchsausgaben stärker auf vergleichsweise<br />

billiger gewordene Güter verlagern. Unter dem Qualitätseffekt<br />

wird verstanden, daß im Zuge der ständigen Innovationsprozesse<br />

in einer Marktwirtschaft Güter des Warenkorbs<br />

verbessert werden, wobei die hieraus resultierenden Qualitätsverbesserungen<br />

bei der gängigen Messung nicht aus der Preisentwicklung<br />

herausgerechnet werden. Eng verbunden mit dem<br />

Qualitätseffekt ist der Innovationseffekt: Dieser resultiert daraus,<br />

daß neue Produkte hervorgebracht und erworben werden,<br />

die bisher kein Vorläufermodell hatten und dementsprechend<br />

nicht im Warenkorb enthalten waren. Schließlich werden die<br />

einzelnen Preise, aus denen sich der Preisindex für die Lebenshaltung<br />

zusammensetzt, jeweils stets in den gleichen Geschäften<br />

erhoben. Wenn sich mit der Zeit die Konsumenten verstärkt<br />

solchen Bezugsquellen zuwenden, die im allgemeinen ein<br />

günstigeres Preis-Leistungsverhältnis bieten – wie etwa Fabrikverkaufsstellen<br />

oder Discountläden –, so wird auch dieser<br />

Effekt, der Bezugsquelleneffekt, bei der herkömmlichen Preismessung<br />

nicht erfaßt. Der Substitutionseffekt wird dann sichtbar,<br />

wenn in regelmäßigen Abständen – in Deutschland in der<br />

Regel alle fünf Jahre – der Warenkorb den veränderten Verbrauchsgewohnheiten<br />

angepaßt wird; dies führt häufig dazu,<br />

daß die auf der neuen Gewichtung basierende revidierte Zeitreihe<br />

geringere Preissteigerungsraten ausweist als die frühere.<br />

Das gesamte Ausmaß der Ungenauigkeiten bei der Abbildung<br />

der Preisentwicklung ist nicht geklärt. Schätzungen der Deutschen<br />

Bundesbank zufolge liegt die Überzeichnung für<br />

Deutschland in der Größenordnung von drei Viertel Prozentpunkten.<br />

61

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!