17.01.2013 Aufrufe

Jahresgutachten 1998/99 - Sachverständigenrat zur Begutachtung ...

Jahresgutachten 1998/99 - Sachverständigenrat zur Begutachtung ...

Jahresgutachten 1998/99 - Sachverständigenrat zur Begutachtung ...

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

Die finanzielle staatliche Innovationsförderung in Deutschland<br />

wird zu rund zwei Dritteln vom Bund getragen und zu etwa<br />

gleichen Teilen als Projektförderung (überwiegend in der gewerblichen<br />

Wirtschaft) und als institutionelle Förderung (insbesondere<br />

der Großforschungseinrichtungen) betrieben. Bei<br />

der Projektförderung entfällt der weitaus größte Anteil auf Finanzierungshilfen<br />

für Vorhaben, die private Unternehmen im<br />

Rahmen von Forschungsprogrammen durchführen, die inhaltlich<br />

weitgehend vom Staat vorgegeben worden sind (direkte<br />

Projektförderung); in der Regel gewährt der Staat einen Zuschuß<br />

zu den Forschungs- und Entwicklungsausgaben in Höhe<br />

von 50 vH. In kleinem Umfang (kaum 5 vH der Fördermittel)<br />

werden die Forschungsaktivitäten in vornehmlich mittelständischen<br />

Unternehmen finanziell entweder ganz allgemein unterstützt<br />

(indirekte Projektförderung) oder soweit sie Technologiebereichen<br />

zugeordnet werden, die der Staat für besonders<br />

förderungswürdig hält (indirekt-spezifische Förderung); Förderinstrumente<br />

sind im wesentlichen zinsbegünstigte Kredite,<br />

staatliche Bürgschaften und Kapitalbeteiligungen und in den<br />

neuen Bundesländern auch noch Personalkostenzuschüsse.<br />

Den Hauptanteil bei der Projektförderung bestritt zuletzt das<br />

Bundesministerium für Bildung und Forschung. Mit großem<br />

Abstand folgten das Bundesministerium für Verteidigung und<br />

das Bundesministerium für Wirtschaft, das der Koalitionsvereinbarung<br />

zufolge nunmehr die Zuständigkeit für alle Programme<br />

der indirekten Förderung erhalten wird. Andere Bundesressorts<br />

(zum Beispiel das Bundesverkehrsministerium und<br />

das Gesundheitsministerium) förderten Innovationsaktivitäten<br />

in bestimmten Feldern.<br />

In der jetzt beginnenden neuen Legislaturperiode des<br />

Deutschen Bundestages wird die staatliche Technologiepolitik<br />

weiterhin eine bedeutende Rolle spielen, der<br />

parteiübergreifende Konsens bezüglich der Eignung<br />

dieser Politik für die Modernisierung der deutschen<br />

Volkswirtschaft und damit deren Zukunftssicherung<br />

reicht weit. Die neue Bundesregierung hat angekündigt,<br />

daß sie der Bildungs-, Forschungs- und Technologiepolitik<br />

in Deutschland einen herausragenden<br />

Stellenwert geben wird; die großen Chancen der zukunftsfähigen<br />

Technologien müßten genutzt werden,<br />

sollen die Arbeitslosigkeit überwunden und die Umweltbelastungen<br />

nachhaltig verringert werden. Auch<br />

der <strong>Sachverständigenrat</strong> schreibt die Möglichkeiten<br />

<strong>zur</strong> Stärkung und Pflege des Wirtschaftsstandorts<br />

Deutschland, die in der staatlichen Technologiepolitik<br />

liegen, nicht klein. Der Staat darf sich dabei allerdings<br />

nicht übernehmen. Öffentliche Forschungsmittel sind<br />

Subventionen, die finanziert werden müssen, sei es<br />

durch Steuern, sei es durch Kredite. Damit daraus im<br />

Endeffekt keine Belastungen für die Wirtschaft entstehen,<br />

halten wir es für zwingend, daß zwei grundlegende<br />

Bedingungen für allokative Effizienz angemessen<br />

berücksichtigt werden:<br />

– Zum einen: Es muß gewährleistet sein, daß die staatliche<br />

Förderung Innovationen in der Wirtschaft zusätzlich<br />

anregt. Das Ausmaß von Forschung und Entwicklung<br />

muß, unter Berücksichtigung der privatwirtschaftlich<br />

finanzierten Forschungs- und Entwicklungsausgaben,<br />

größer sein, als dies ohne staatliche<br />

Hilfen der Fall wäre. Die Mitnahmeeffekte bei den<br />

Unternehmen werden sich nicht ganz vermeiden lassen,<br />

doch dürfen sie nicht ausufern. Nur dann ist die<br />

Vermutung begründet, daß die Technologiepolitik<br />

wachstumsfördernd ist.<br />

Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode Drucksache 14/73<br />

– Zum anderen: Es muß klar sein, auf welchen Feldern<br />

der Markt für neues Wissen unvollkommen ist. Wenn<br />

mit Forschungs- und Entwicklungsaktivitäten positive<br />

externe Effekte einhergehen und diese nicht internalisiert<br />

werden können (durch ausreichenden Patentschutz)<br />

oder wenn gravierende Unvollkommenheiten<br />

auf anderen Märkten (namentlich auf dem Kapitalmarkt)<br />

bestehen, sind staatliche Maßnahmen notwendig,<br />

um einer ansonsten wahrscheinlichen Unterinvestition<br />

in diesem Bereich mit entsprechend negativen<br />

Wirkungen für das wirtschaftliche Wachstum zu begegnen,<br />

freilich nur dann und nur unter Einsatz von<br />

Mitteln, die private Initiativen nicht behindern und<br />

Ressourcen nicht fehlleiten.<br />

466. Diese Effizienzbedingungen zu beherzigen ist alles<br />

andere als einfach, wie die Erfahrung lehrt und zahlreiche<br />

wissenschaftliche Untersuchungen <strong>zur</strong> staatlichen Technologiepolitik<br />

in Deutschland und im Ausland dokumentieren.<br />

Der Staat fördert nicht nur dort, wo der Markt versagt.<br />

Er begünstigt in erheblichem Umfang industrielle<br />

Großprojekte und diskriminiert dadurch zwangsläufig alle<br />

anderen Innovationsaktivitäten. Die Produktivität der<br />

staatlich eingesetzten Forschungsgelder ist tendenziell<br />

niedriger als die privater Forschungs- und Entwicklungsaufwendungen,<br />

die Verzerrungen bei den Innovationsanreizen<br />

können gravierend sein (Kasten 12, Seiten 262 f.).<br />

Die verbreitete Vorstellung, staatliche Technologiepolitik<br />

legitimiere sich von selbst, weil sie positive Wachstumseffekte<br />

entfache, ist jedenfalls nicht zweifelsfrei durch<br />

Tatsachen gedeckt, jedenfalls nicht bei einer Förderung im<br />

Bereich der marktnahen Forschung; daß diese Politik,<br />

wenn auch ungewollt, das Gegenteil von dem bewirken<br />

kann, was sie anstrebt, ist alles andere als ein nur geringes<br />

Risiko. Dafür gibt es drei wichtige Gründe:<br />

– Von sehr großer Bedeutung ist das Informationsproblem.<br />

Die verantwortlichen Politiker und Beamten<br />

sind im allgemeinen nicht in der Lage, zukunftsträchtige<br />

Forschungs- und Entwicklungsprojekte zu identifizieren<br />

und den nötigen Finanzierungsbedarf zuverlässig<br />

zu kalkulieren. Die Zukunft ist nun einmal offen,<br />

auch und gerade für neue technische Entwicklungen,<br />

und was offen und damit unbekannt ist, läßt sich<br />

nicht gezielt fördern. Eine Ausnahme bilden allenfalls<br />

jene Fälle, in denen der Staat selbst Nachfrager von<br />

neuen Technologien ist und ein grundlegendes Anwenderwissen<br />

hat, zum Beispiel in der militärischen<br />

Rüstung oder in der Weltraumfahrt. Wenn und soweit<br />

es aber den staatlichen Instanzen nicht möglich ist, Informationen<br />

über die Entstehung von Wissen zu gewinnen<br />

und effizient zu verarbeiten, und wenn sie<br />

gleichwohl technologiepolitisch aktiv sein wollen,<br />

muß man damit rechnen, daß die Förderung willkürlich<br />

ist, durch Prestigeerwägungen und militärstrategische<br />

Überlegungen geleitet wird oder der Politik anderer<br />

Länder nacheifert und sich dabei auf einen internationalen<br />

Subventionswettlauf mit ungewissem<br />

Ausgang für die gesamtwirtschaftliche Wohlfahrt im<br />

eigenen Land einläßt. Tatsächlich konzentriert sich in<br />

den Industrieländern die staatliche Innovationsförderung<br />

auf die gleichen Bereiche (besonders Mikroelektronik,<br />

Luft- und Raumfahrt, Kernkraftwerke),<br />

mit der Folge, daß weltweit dem Aufbau von Überka-<br />

261

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!