Jahresgutachten 1998/99 - Sachverständigenrat zur Begutachtung ...
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Die finanzielle staatliche Innovationsförderung in Deutschland<br />
wird zu rund zwei Dritteln vom Bund getragen und zu etwa<br />
gleichen Teilen als Projektförderung (überwiegend in der gewerblichen<br />
Wirtschaft) und als institutionelle Förderung (insbesondere<br />
der Großforschungseinrichtungen) betrieben. Bei<br />
der Projektförderung entfällt der weitaus größte Anteil auf Finanzierungshilfen<br />
für Vorhaben, die private Unternehmen im<br />
Rahmen von Forschungsprogrammen durchführen, die inhaltlich<br />
weitgehend vom Staat vorgegeben worden sind (direkte<br />
Projektförderung); in der Regel gewährt der Staat einen Zuschuß<br />
zu den Forschungs- und Entwicklungsausgaben in Höhe<br />
von 50 vH. In kleinem Umfang (kaum 5 vH der Fördermittel)<br />
werden die Forschungsaktivitäten in vornehmlich mittelständischen<br />
Unternehmen finanziell entweder ganz allgemein unterstützt<br />
(indirekte Projektförderung) oder soweit sie Technologiebereichen<br />
zugeordnet werden, die der Staat für besonders<br />
förderungswürdig hält (indirekt-spezifische Förderung); Förderinstrumente<br />
sind im wesentlichen zinsbegünstigte Kredite,<br />
staatliche Bürgschaften und Kapitalbeteiligungen und in den<br />
neuen Bundesländern auch noch Personalkostenzuschüsse.<br />
Den Hauptanteil bei der Projektförderung bestritt zuletzt das<br />
Bundesministerium für Bildung und Forschung. Mit großem<br />
Abstand folgten das Bundesministerium für Verteidigung und<br />
das Bundesministerium für Wirtschaft, das der Koalitionsvereinbarung<br />
zufolge nunmehr die Zuständigkeit für alle Programme<br />
der indirekten Förderung erhalten wird. Andere Bundesressorts<br />
(zum Beispiel das Bundesverkehrsministerium und<br />
das Gesundheitsministerium) förderten Innovationsaktivitäten<br />
in bestimmten Feldern.<br />
In der jetzt beginnenden neuen Legislaturperiode des<br />
Deutschen Bundestages wird die staatliche Technologiepolitik<br />
weiterhin eine bedeutende Rolle spielen, der<br />
parteiübergreifende Konsens bezüglich der Eignung<br />
dieser Politik für die Modernisierung der deutschen<br />
Volkswirtschaft und damit deren Zukunftssicherung<br />
reicht weit. Die neue Bundesregierung hat angekündigt,<br />
daß sie der Bildungs-, Forschungs- und Technologiepolitik<br />
in Deutschland einen herausragenden<br />
Stellenwert geben wird; die großen Chancen der zukunftsfähigen<br />
Technologien müßten genutzt werden,<br />
sollen die Arbeitslosigkeit überwunden und die Umweltbelastungen<br />
nachhaltig verringert werden. Auch<br />
der <strong>Sachverständigenrat</strong> schreibt die Möglichkeiten<br />
<strong>zur</strong> Stärkung und Pflege des Wirtschaftsstandorts<br />
Deutschland, die in der staatlichen Technologiepolitik<br />
liegen, nicht klein. Der Staat darf sich dabei allerdings<br />
nicht übernehmen. Öffentliche Forschungsmittel sind<br />
Subventionen, die finanziert werden müssen, sei es<br />
durch Steuern, sei es durch Kredite. Damit daraus im<br />
Endeffekt keine Belastungen für die Wirtschaft entstehen,<br />
halten wir es für zwingend, daß zwei grundlegende<br />
Bedingungen für allokative Effizienz angemessen<br />
berücksichtigt werden:<br />
– Zum einen: Es muß gewährleistet sein, daß die staatliche<br />
Förderung Innovationen in der Wirtschaft zusätzlich<br />
anregt. Das Ausmaß von Forschung und Entwicklung<br />
muß, unter Berücksichtigung der privatwirtschaftlich<br />
finanzierten Forschungs- und Entwicklungsausgaben,<br />
größer sein, als dies ohne staatliche<br />
Hilfen der Fall wäre. Die Mitnahmeeffekte bei den<br />
Unternehmen werden sich nicht ganz vermeiden lassen,<br />
doch dürfen sie nicht ausufern. Nur dann ist die<br />
Vermutung begründet, daß die Technologiepolitik<br />
wachstumsfördernd ist.<br />
Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode Drucksache 14/73<br />
– Zum anderen: Es muß klar sein, auf welchen Feldern<br />
der Markt für neues Wissen unvollkommen ist. Wenn<br />
mit Forschungs- und Entwicklungsaktivitäten positive<br />
externe Effekte einhergehen und diese nicht internalisiert<br />
werden können (durch ausreichenden Patentschutz)<br />
oder wenn gravierende Unvollkommenheiten<br />
auf anderen Märkten (namentlich auf dem Kapitalmarkt)<br />
bestehen, sind staatliche Maßnahmen notwendig,<br />
um einer ansonsten wahrscheinlichen Unterinvestition<br />
in diesem Bereich mit entsprechend negativen<br />
Wirkungen für das wirtschaftliche Wachstum zu begegnen,<br />
freilich nur dann und nur unter Einsatz von<br />
Mitteln, die private Initiativen nicht behindern und<br />
Ressourcen nicht fehlleiten.<br />
466. Diese Effizienzbedingungen zu beherzigen ist alles<br />
andere als einfach, wie die Erfahrung lehrt und zahlreiche<br />
wissenschaftliche Untersuchungen <strong>zur</strong> staatlichen Technologiepolitik<br />
in Deutschland und im Ausland dokumentieren.<br />
Der Staat fördert nicht nur dort, wo der Markt versagt.<br />
Er begünstigt in erheblichem Umfang industrielle<br />
Großprojekte und diskriminiert dadurch zwangsläufig alle<br />
anderen Innovationsaktivitäten. Die Produktivität der<br />
staatlich eingesetzten Forschungsgelder ist tendenziell<br />
niedriger als die privater Forschungs- und Entwicklungsaufwendungen,<br />
die Verzerrungen bei den Innovationsanreizen<br />
können gravierend sein (Kasten 12, Seiten 262 f.).<br />
Die verbreitete Vorstellung, staatliche Technologiepolitik<br />
legitimiere sich von selbst, weil sie positive Wachstumseffekte<br />
entfache, ist jedenfalls nicht zweifelsfrei durch<br />
Tatsachen gedeckt, jedenfalls nicht bei einer Förderung im<br />
Bereich der marktnahen Forschung; daß diese Politik,<br />
wenn auch ungewollt, das Gegenteil von dem bewirken<br />
kann, was sie anstrebt, ist alles andere als ein nur geringes<br />
Risiko. Dafür gibt es drei wichtige Gründe:<br />
– Von sehr großer Bedeutung ist das Informationsproblem.<br />
Die verantwortlichen Politiker und Beamten<br />
sind im allgemeinen nicht in der Lage, zukunftsträchtige<br />
Forschungs- und Entwicklungsprojekte zu identifizieren<br />
und den nötigen Finanzierungsbedarf zuverlässig<br />
zu kalkulieren. Die Zukunft ist nun einmal offen,<br />
auch und gerade für neue technische Entwicklungen,<br />
und was offen und damit unbekannt ist, läßt sich<br />
nicht gezielt fördern. Eine Ausnahme bilden allenfalls<br />
jene Fälle, in denen der Staat selbst Nachfrager von<br />
neuen Technologien ist und ein grundlegendes Anwenderwissen<br />
hat, zum Beispiel in der militärischen<br />
Rüstung oder in der Weltraumfahrt. Wenn und soweit<br />
es aber den staatlichen Instanzen nicht möglich ist, Informationen<br />
über die Entstehung von Wissen zu gewinnen<br />
und effizient zu verarbeiten, und wenn sie<br />
gleichwohl technologiepolitisch aktiv sein wollen,<br />
muß man damit rechnen, daß die Förderung willkürlich<br />
ist, durch Prestigeerwägungen und militärstrategische<br />
Überlegungen geleitet wird oder der Politik anderer<br />
Länder nacheifert und sich dabei auf einen internationalen<br />
Subventionswettlauf mit ungewissem<br />
Ausgang für die gesamtwirtschaftliche Wohlfahrt im<br />
eigenen Land einläßt. Tatsächlich konzentriert sich in<br />
den Industrieländern die staatliche Innovationsförderung<br />
auf die gleichen Bereiche (besonders Mikroelektronik,<br />
Luft- und Raumfahrt, Kernkraftwerke),<br />
mit der Folge, daß weltweit dem Aufbau von Überka-<br />
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