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Jahresgutachten 1998/99 - Sachverständigenrat zur Begutachtung ...

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Drucksache 14/73 Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode<br />

Steuersenkungen, die möglich werden und die die Investitionstätigkeit<br />

anregen; eine beschäftigungsorientierte<br />

Lohnpolitik vorausgesetzt, entstehen dank der<br />

zusätzlichen Investitionen mehr rentable Arbeitsplätze<br />

als unrentable verlorengehen.<br />

– Bei den Transferzahlungen an private Haushalte halten<br />

wir ebenfalls Kürzungen für geboten und vertretbar,<br />

zumal soweit sie an Bezieher mittlerer und hoher<br />

Einkommen gezahlt werden. Der <strong>Sachverständigenrat</strong><br />

hat immer wieder gefordert, daß bei Transferzahlungen<br />

zu überprüfen sei, ob die angestrebten Ziele angesichts<br />

der veränderten wirtschaftlichen Situation noch<br />

vertretbar sind und ob vertretbare Ziele mit geeigneten<br />

Maßnahmen verfolgt werden. Eine solche Revision<br />

der Transferzahlungen ist bis heute nicht angegangen<br />

worden. Zudem sind Transferzahlungen überall<br />

dort problematisch, wo Anreize gemindert werden,<br />

eine angebotene Beschäftigung zu übernehmen. Sozialleistungen<br />

sollten grundsätzlich mit zunehmendem<br />

verfügbaren Einkommen degressiv gestaltet sein. Wir<br />

halten deshalb an unserer Auffassung fest, daß auch<br />

das Kindergeld mit steigenden Einkommen der Eltern<br />

sinken sollte. Die jetzt vorgesehene pauschale Erhöhung<br />

geht deshalb schon von daher fehl. Hinzu<br />

kommt, daß in einem erhöhten Kindergeld ein Beitrag<br />

<strong>zur</strong> Stärkung der Konsumnachfrage gesehen wird.<br />

Auch das legt es nahe, für Bezieher hoher Einkommen<br />

das Kindergeld nicht zu erhöhen, da dieser Personenkreis<br />

seine Konsumgewohnheiten kaum ändern<br />

wird, wenn das Kindergeld angehoben wird.<br />

228<br />

Für die Zahlung von Kindergeld werden verschiedene Begründungen<br />

vorgetragen: Das Existenzminimum der Kinder<br />

soll bei der Besteuerung der Eltern steuerfrei gestellt werden.<br />

Würde man in diesem Fall so verfahren wie bei der<br />

Steuerfreiheit des Existenzminimums der Steuerpflichtigen,<br />

wäre ein Kinder-Grundfreibetrag ein<strong>zur</strong>äumen, der allen<br />

Steuerpflichtigen eine konstante Steuerentlastung (Grundfreibetrag<br />

multipliziert mit dem Eingangssteuersatz) bringen<br />

würde. Man kann diesen Betrag auch als konstantes Grund-<br />

Kindergeld auszahlen. Daneben werden aber auch sozialpolitische<br />

Gründe für Kindergeldzahlungen vorgebracht.<br />

Daraus läßt sich ein Zuschlag zum Grund-Kindergeld begründen,<br />

der selbstverständlich mit steigendem Einkommen<br />

abgeschmolzen werden müßte. Zumindest ein Teil des heuti-<br />

Kasten 9<br />

gen Kindergelds müßte demnach einkommensabhängig gestaltet<br />

werden. Im übrigen ist zu prüfen, ob das Kindergeld<br />

nicht nach dem Alter der Kinder und nach der Ordnungszahl<br />

gestaffelt werden sollte. In jedem Fall müßten die<br />

staatlichen Leistungen für Kinder bei allen Einkommensempfängern<br />

– gleichgültig ob sie Markteinkommen<br />

oder Transfereinkommen beziehen – in der gleichen Weise<br />

gestaltet werden, nur so kann man sichern, daß bei Familien<br />

mit Kindern das Abstandsgebot zwischen Sozialhilfe und<br />

Arbeitsentgelt eingehalten wird.<br />

Reform der Finanzverfassung auf den Weg bringen<br />

394. Die schwierige Haushaltssituation bei allen Gebietskörperschaften<br />

hat dazu geführt, daß auch die innerstaatlichen<br />

Umverteilungssysteme erneut in die Diskussion<br />

geraten sind. Das gilt sowohl für die Bund-Länder-<br />

Beziehung als auch und vor allem für den Länderfinanzausgleich.<br />

Das muß insoweit überraschen, als die jetzt<br />

geltenden Regelungen erst im Jahre 1<strong>99</strong>3 mit Wirkung<br />

zum 1. Januar 1<strong>99</strong>5 bei Zustimmung des Bundes und aller<br />

Bundesländer geändert worden sind. Die im Finanzausgleich<br />

unter den Ländern zahlungspflichtigen Bundesländer<br />

beklagen die hohen Belastungen und streben<br />

eine sie entlastende Reform an, während die empfangenden<br />

Länder (derzeit die Mehrheit der Bundesländer) sich<br />

dem widersetzen und auf Einhalten der im Jahre 1<strong>99</strong>3<br />

festgelegten Regelungen pochen. Da eine Verhandlungslösung<br />

offenbar nicht zu erreichen ist, haben die<br />

Bundesländer Baden-Württemberg und Bayern zwischenzeitlich<br />

Klage beim Bundesverfassungsgericht erhoben.<br />

Ihrer Meinung nach ist der derzeit betriebene<br />

Länderfinanzausgleich verfassungswidrig.<br />

395. In der Wissenschaft sind die Probleme des Länderfinanzausgleichs<br />

immer wieder diskutiert und viele Reformmodelle<br />

entworfen worden. Die Einbeziehung der<br />

neuen Bundesländer in die deutsche Finanzverfassung ab<br />

dem Jahre 1<strong>99</strong>5 hätte ein Anlaß sein sollen, eine Reform<br />

anzugehen. Diese Chance ist vertan worden. Statt dessen<br />

hat man sich mit Zustimmung aller – wohlgemerkt: aller –<br />

Bundesländer damals darauf geeinigt, das bis dahin geltende<br />

System des Länderfinanzausgleichs – abgesehen<br />

von marginalen Änderungen – auch im vereinten<br />

Deutschland zu praktizieren (Kasten 9).<br />

Elemente und Volumen des Länderfinanzausgleichs im Jahre 1<strong>99</strong>7<br />

Über das Gesamtsystem des Finanzausgleichs wird die<br />

primäre Steuerverteilung zwischen den Ländern korrigiert.<br />

Im Ergebnis soll jedem Bundesland eine in etwa<br />

gleiche Pro-Kopf-Finanzausstattung gesichert werden.<br />

Dieses Ziel wird in einem vierstufigen Verfahren verwirklicht:<br />

(1) Verteilung der Steuern auf Bund und Länder nach<br />

Artikel 106 GG (vertikale Steuerverteilung),<br />

(2) Verteilung der Landessteuern und des Länderanteils<br />

an den Gemeinschaftssteuern auf die einzelnen<br />

Bundesländer nach Artikel 107 Abs. 1 GG (horizontale<br />

Steuerverteilung),<br />

(3) Finanzausgleich unter den Ländern nach Artikel 107<br />

Abs. 2 Satz 1 und Satz 2 GG (Länderfinanzausgleich<br />

i.e.S.),<br />

(4) Zahlung der Bundesergänzungszuweisungen (BEZ)<br />

nach Artikel 107 Abs. 2 Satz 3 GG.<br />

Durch die vertikale Steuerverteilung zwischen Bund<br />

und Ländern werden größere Streuungen im Ländersteueraufkommen<br />

vermieden. Abgesehen von den Gemeinschaftssteuern<br />

ist dem Bund das Aufkommen der<br />

(länderweise) stark streuenden indirekten Steuern zugewiesen,<br />

während den Ländern die Einnahmen aus<br />

den wesentlich weniger stark streuenden direkten Steu-

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