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Jahresgutachten 1998/99 - Sachverständigenrat zur Begutachtung ...

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Drucksache 14/73 Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode<br />

Hohe Standards für Bankenregulierung<br />

369. Die Erfahrungen in der Asien-Krise haben erneut<br />

deutlich gemacht, wie wichtig eine wirksame Bankenregulierung<br />

und eine zuverlässige Bankenaufsicht sind.<br />

Dies gilt in zweifacher Hinsicht. Zum einen wurde vor<br />

Augen geführt, daß ein Land, das sich dem Kapitalverkehr<br />

öffnet, ohne über einen verläßlichen und robusten<br />

Finanzsektor zu verfügen, schon bei geringen Vertrauenseinbußen<br />

in schwere Turbulenzen gerät, die dann weltweit<br />

auf die Finanzmärkte ausstrahlen. Zum anderen hat<br />

sich gezeigt, daß die Gläubigerbanken <strong>zur</strong> Entstehung<br />

der Krise beitragen, wenn sie das Kreditrisiko eines Landes<br />

nicht richtig einschätzen und in geeigneter Weise<br />

begrenzen. Dann bleiben die Marktsignale an die Länder<br />

aus, deren Wirtschaftspolitik die Marktbeziehungen zu<br />

destabilisieren droht; die Fehlentwicklungen werden erst<br />

spät und in einer plötzlichen schweren Krise erkennbar.<br />

Im Fall der Asien-Krise wurde die Lage verschärft, weil<br />

die Länder durch Anbindung ihrer Währungen an den<br />

US-Dollar scheinbar das Wechselkursrisiko ausgeschaltet<br />

hatten, dann aber dieses Versprechen nicht mehr halten<br />

konnten; die Gläubigerbanken hatten dieses Risiko<br />

nicht erkannt, jedenfalls nicht genügend berücksichtigt.<br />

Wenn Gläubigerbanken durch die Krise in einem Land<br />

oder einer Region in eine ernste Notlage geraten, kann<br />

sich auch für den Internationalen Währungsfonds eine<br />

Zwangslage ergeben; es kann dazu kommen, daß er<br />

finanzielle Hilfe gar nicht verweigern kann, weil sonst<br />

die Ausweitung zu einer weltweiten Finanzkrise droht.<br />

Dies könnte wiederum dazu führen, daß Kreditinstitute<br />

im internationalen Kapitalverkehr Risiken vernachlässigen,<br />

weil sie glauben, sich im Ernstfall auf das Eingreifen<br />

des Internationalen Währungsfonds verlassen zu<br />

können. Damit diese Situation ausgeschlossen wird, muß<br />

nicht nur, wie gesagt, von vornherein klar sein, daß der<br />

Internationale Währungsfonds die Gläubigerbanken auf<br />

jeden Fall an den Lasten der Krisenbewältigung beteiligen<br />

wird; es muß auch eine Bankenregulierung geben,<br />

die ein angemessenes Risikomanagement der Kreditinstitute<br />

erzwingt.<br />

Erwägenswert ist auch ein Vorschlag, der auf die Schaffung<br />

von Krisenfonds für Länder mit hohen Risiken hinausläuft.<br />

Private Kreditgeber, die Engagements in einem<br />

solchen Land eingingen, hätten Einlagen oder Kreditlinien<br />

für den betreffenden Krisenfonds bereitzustellen.<br />

Im Fall einer Krise stünde für eine Rettungsaktion des<br />

Internationalen Währungsfonds unmittelbar privates<br />

Kapital <strong>zur</strong> Beteiligung an den Lasten bereit. Die mit der<br />

Finanzierung der Krisenfonds verbundene Verteuerung<br />

internationaler Finanztransaktionen würde die Kapitalmobilität<br />

reduzieren, dies jedoch in der Weise, daß die<br />

privaten Kapitalgeber in einer Art Pflichtversicherung<br />

adäquate Risikoprämien zu entrichten hätten; dies würde<br />

zugleich ihr Risikobewußtsein schärfen. Der Vorteil der<br />

Regelung wäre, daß Fehlanreize für private Kreditgeber<br />

merklich vermindert würden.<br />

370. Im Bereich der Banken und Versicherungen darf<br />

es keinen Wettbewerb um die geringste Regulierung<br />

geben. Dazu sind die negativen externen Effekte zu<br />

hoch; durch mangelhafte Bankenaufsicht verursachte<br />

218<br />

Finanzkrisen können, wie geschehen, auf weitere Länder<br />

oder Regionen ausstrahlen, auch auf solche ohne<br />

erkennbare makroökonomische und strukturelle Verwerfungen.<br />

Harmonisierungsbestrebungen, wie sie mit<br />

Gründung des Baseler Ausschusses für Bankenaufsicht<br />

durch die G-10-Länder und die Schweiz im Jahre 1974<br />

eingeleitet worden sind, verdienen Unterstützung. Die<br />

von dem Ausschuß entwickelten länderübergreifenden<br />

Standards betreffen vor allem die Zusammenarbeit zwischen<br />

nationalen Aufsichtsbehörden und die Einhaltung<br />

von Mindeststandards für eine adäquate Eigenkapitalausstattung<br />

von Kreditinstituten.<br />

Vor dem Hintergrund der Asien-Krise ist die Einbeziehung<br />

der Entwicklungs- und Schwellenländer in die<br />

Harmonisierung der Bankenaufsicht von großer Bedeutung.<br />

Im vergangenen Jahr wurden umfassende Grundsätze<br />

für die gesamte Breite der Bankenaufsicht in enger<br />

Zusammenarbeit mit 16 Ländern aus der Gruppe der aufstrebenden<br />

Volkswirtschaften („Core Principles for<br />

Effective Banking Supervision“) verabschiedet. Diese<br />

sollen den nationalen Aufsichtsbehörden dazu dienen,<br />

Mängel im bestehenden Aufsichtsrahmen zu beseitigen.<br />

Allerdings reichen hierzu die rechtlichen Befugnisse<br />

überwiegend nicht aus, so daß in den meisten Ländern<br />

der Gesetzgeber gefordert ist.<br />

Weltweite Bankenkrisen und insbesondere Währungskrisen<br />

können auch durch eine funktionierende Aufsicht<br />

nicht immer verhindert werden. Auch in den entwickelten<br />

Volkswirtschaften gab es in der jüngsten Vergangenheit<br />

Bankenkrisen, die immer wieder Anlaß gaben, Lükken<br />

in der Regulierung zu schließen. So sind aufgrund<br />

jüngster Erfahrungen mit Hedge-Fonds Überlegungen<br />

darüber angeregt worden, wie einerseits Kreditbanken<br />

Risikovorsorge bei Krediten an derartige Institutionen zu<br />

treffen haben, und ob andererseits die Regulierungen<br />

auch auf die Hedge-Fonds selbst auszudehnen seien.<br />

Insgesamt gilt aber, daß Krisen dort, wo eine entwickelte<br />

Bankenaufsicht besteht, seltener auftreten und daß die<br />

damit verbundenen Belastungen des Finanzsystems geringer<br />

sind. So kann die Tatsache, daß durch die diesjährigen<br />

Finanzkrisen keine der westlichen Gläubigerbanken<br />

in Solvenzprobleme kam, auch auf die Regelungen<br />

<strong>zur</strong> Bereithaltung von Eigenkapital oder <strong>zur</strong> Vergabe von<br />

Großkrediten <strong>zur</strong>ückgeführt werden. Überdies führt eine<br />

Meldepflicht für Großkredite – wie bei der Evidenzzentrale<br />

der Deutschen Bundesbank – zu einer höheren<br />

Transparenz über das laufende Kreditgeschäft. Bei der<br />

Implementierung einer wirksamen Bankenaufsicht kann<br />

der Internationale Währungsfonds unterstützend tätig<br />

werden. Schon jetzt weist er in den regelmäßig stattfindenden<br />

Konsultationen mit seinen Mitgliedsländern verstärkt<br />

auf jeweils bestehende Reformnotwendigkeiten bei<br />

der Finanzmarktaufsicht hin.<br />

Wechselkurszielzonen: Kein praktikabler Lösungsansatz<br />

371. Die im Gefolge der jüngsten Finanzkrisen aufgetretenen<br />

Wechselkursschwankungen waren Anlaß für<br />

Vorschläge, die Wechselkursrelationen zwischen den<br />

wichtigsten Weltwährungen zu stabilisieren; nach Inkrafttreten<br />

der Europäischen Währungsunion würde es

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