aia 1 pdf - Slavko Kacunko
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Es ist kein Zufall, daß – wie im vorliegenden<br />
Band Agnes Hegedüs und Masaki Fujihata<br />
– viele der in den bisherigen artintact-<br />
Ausgaben vorgestellten Medienkünstler<br />
mit ihren Hauptwerken auch im ZKM-<br />
Medienmuseum vertreten sind.<br />
Das Medienmuseum ist als produktives<br />
Kunstmuseum konzipiert worden und<br />
versucht, diesem Anspruch gerecht zu<br />
werden, indem es die Medienkunst nicht<br />
von einem Stand der Abgeschlossenheit<br />
betrachtet, die zeitgenössische Avantgarde<br />
nicht musealisiert und damit in ihrer subversiven<br />
Stoßrichtung entschärft. Das<br />
Medienmuseum will vielmehr Erfahrungen<br />
mit einer Kunst ermöglichen, die nicht auf<br />
objekthafte Artefakte fixiert ist, sondern<br />
einen Rezeptionsprozeß auslöst, der, vom<br />
realen Raum des Museums ausgehend, sich<br />
in die virtuellen Räume erstreckt, die von<br />
den verschiedenen Medienkünstlerinnen<br />
und -künstlern mit sehr unterschiedlichen<br />
und immer eigen-sinnigen architektonischen<br />
Konzepten errichtet werden. Die<br />
ephemere, die ›wilde‹ Moderne ist ja immer<br />
wieder der wichtigste Motor einer Erneuerung<br />
der formalen und inhaltlichen Struktur<br />
der Kunst des 20. Jahrhunderts gewesen.<br />
Aufgehoben wurde sie allerdings meist nur<br />
in literatischen Formaten oder in archivalischen<br />
Beispielsammlungen, selten oder nie<br />
in den Dauerausstellungen großer Museen.<br />
Das hat seinen Grund nicht nur in der<br />
traditionellen objektorientierten Interessenslage<br />
der Museen, sondern auch im<br />
Anspruch der Künstler, die ja gerade die zu<br />
engen Grenzen der traditionellen Kunstinstitutionen<br />
aufsprengen wollen. Mit dem<br />
Editorial<br />
mehr oder weniger freiwilligen Verzicht,<br />
das Museum als Treffpunkt zwischen<br />
Künstler, Kunstwerk und Publikum zu<br />
nutzen, verschärft sich aber gleichzeitig<br />
einer der grundlegenden Konflikte im<br />
Verhältnis zwischen Avantgardekünstler<br />
und Kunstpublikum: Die Rezeption von<br />
Kunst, gerade auch diejenige von neuen,<br />
ungewohnten künstlerischen Ausdrucksformen,<br />
ist immer auf das Vergleichen mit<br />
anderen Kunstwerken und vor allem auf die<br />
zeitlich nicht eingegrenzte Möglichkeit,<br />
Erfahrung mit dem Neuen zu machen,<br />
angewiesen.<br />
Durch die enge Zusammenarbeit mit<br />
dem ZKM-Institut für Bildmedien und dem<br />
ZKM-Institut für Musik und Akustik gelingt<br />
es dem Medienmuseum, gemeinsam<br />
mit Künstlern, Wissenschaftlern und auch<br />
mit den Besuchern, eine Plattform für diese<br />
Erfahrung zu errichten, auf der die Kunstwerke<br />
nicht in musealer Distanz erstarren,<br />
sondern den Besuchern, aber auch den<br />
Künstlern selbst immer wieder neue Perspektiven<br />
zur Veränderung ihrer Denkund<br />
Sehweisen bieten. Das Medienmuseum<br />
richtet seinen Blick nicht nur in die<br />
Geschichte hinein, sondern auch in die<br />
Zukunft, betrachtet sich als Wegbegleiter<br />
einer Kunst, die, und das zeigen nicht zuletzt<br />
die drei in dieser Ausgabe von artintact<br />
vorgestellten künstlerischen Arbeiten, ihre<br />
Grenzen noch lange nicht ausgelotet hat.<br />
Hans-Peter Schwarz<br />
Direktor des ZKM-Medienmuseums<br />
1992–2000<br />
297<br />
artintact 5