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aia 1 pdf - Slavko Kacunko

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Regisseur des Ensembles, die Frage nach dem Wesen ethischer Verantwortung.<br />

Er betont, daß Forced Entertainment immer wieder über das<br />

Wesen der Zeugenschaft nachdenkt, darüber, was es bedeutet, Szenen<br />

zwar zu sehen, sie aber nicht vollständig verstehen zu können. Im Vorwort<br />

der Essaysammlung Certain Fragments: Contemporary Performance<br />

and Forced Entertainment reflektiert Etchells über<br />

die merkwürdige Verantwortung der Stadt, ihrer endlosen Massen, der mit halbem Auge<br />

wahrgenommenen Leben, der Medienwelten mit ihren Bildern, die immer und überall<br />

schon da sind. Die (glückliche) Erfahrung, erst zwei reale tote Körper, aber bereits tausende<br />

Fernsehleichen gesehen zu haben – echte und fiktionale Tode, vermittelte Tode. Wir wollten<br />

davon sprechen, wie es ist, in diesem Raum zu leben – diesem Raum der Erfahrung aus zweiter,<br />

dritter und vierter Hand. 1<br />

Theater und Performance gedeihen im Zwischenraum dieser Erfahrungen<br />

aus erster und zweiter Hand. Mit dem Versuch, Dramen zu inszenieren,<br />

die in einem grundsätzlichen Sinne in wechselseitiger Beziehung<br />

mit dem Realen stehen, erhält die Performance ihre Kraft – dadurch, daß<br />

sie den kulturell als ›Kunst‹ definierten Bereich in etwas verändert, das<br />

zutiefst notwendig ist für die Interpretation und Belebung des kulturell<br />

als ›Leben‹ definierten Raums. Ohne eine solche artifizielle und artefaktische<br />

Belebung wäre der Unterschied zwischen Tod und Schlaf sehr viel<br />

schwerer zu erkennen. Die Frau, die in Frozen Palaces auf dem Sofa liegt,<br />

könnte beides sein – schlafend oder tot. Es bedarf hier der Belebung durch<br />

die Kunst, um ihrem Bild eine Handlung zu geben, eine Belebung, die die<br />

Zeugin liefert, indem sie die Geschichte der Frau aus dem Zusammenhang<br />

der anderen Standfotos, die sie umgeben, erschließt.<br />

Von der Belebung des Virtuellen zu sprechen bedeutet allerdings bereits,<br />

sich an einer paradoxen Haltung zu beteiligen. Und genau diese Paradoxie<br />

des Virtuellen könnte eine Erkenntnistheorie der Performance zu<br />

entschlüsseln beginnen.<br />

1. Tim Etchells: Certain Fragments: Contemporary Performance and Forced Entertainment,<br />

London und New York: Routledge, 1999, S. 20f.<br />

323<br />

artintact 5

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