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aia 1 pdf - Slavko Kacunko

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eruhigendes Gefühl. Auf Reisen posiert zum Beispiel jeder in gleicher<br />

Weise am selben Ort für das Erinnerungsfoto. Dieser Akt dokumentiert<br />

nicht nur die Tatsache, daß man an einem bestimmten Ort zu einer<br />

bestimmten Zeit wirklich gewesen ist; Fotografieren kann auch den Akt<br />

der Dokumentation eines Ereignisses, der zuvor durch die Technik des<br />

Zeichnens erfolgte, ersetzen und kann uns außerdem die Genugtuung<br />

verschaffen, Zeit und Raum zu formen.<br />

Das Aufnehmen und das Betrachten von Schnappschüssen wird zu einer<br />

Übung, die uns in die Lage versetzt, unmittelbar an jeden beliebigen<br />

Ort zu gelangen. Selbst wenn wir nicht physisch dort sind, wird es möglich,<br />

diesen Ort in uns aufzunehmen. Wenn dies geschieht, ist das Reisen<br />

nurmehr ein Prozeß der Bestätigung, und schon kann jeder jeden Ort besuchen,<br />

vom Südpol über die Korallenriffe bis zum Mond. Folglich gibt es<br />

keinen Ort mehr auf der Welt, den wir noch nicht gesehen haben und an<br />

dem wir noch nicht gewesen sind.<br />

Wir alle beginnen, das Wesen der Fotografie zu verstehen. Jeden Tag<br />

macht irgendjemand irgendwo ein Foto. Wenn wir den Auslöser der<br />

Kamera betätigen, ist derselbe physische Ausdruck am Werk wie beim<br />

Zeichnen des Mammuts auf die Höhlenwand. Die ursprüngliche Aufgabe<br />

von Malerei und Zeichnung (die mit der Fotografie von ihrem Ehrenplatz<br />

verdrängt wurden) war es, Objekte in unser Gedächtnis einzuprägen. So<br />

diente z. B. die Porträtmalerei dazu, ein Gesicht festzuhalten – eine Aufgabe,<br />

die von der Fotografie übernommen worden ist. Ist Aufzeichnung<br />

die Technik der Reproduktion eines Objekts auf einer Oberfläche in derselben<br />

Art und Weise, wie das Auge das Objekt wahrnimmt, dann hat die<br />

Malerei einen tiefgreifenden Wandel durchgemacht, indem sie diesen Teil<br />

ihrer Technik der Fotografie übertragen hat. Der Gegenstand der Malerei<br />

hat sich verändert: von Dingen, die das Auge sehen kann zu solchen, die<br />

vom bloßen Auge nicht wahrgenommen werden können; von konkreten<br />

Objekten zu abstrakten Themen. Angefangen bei verzerrten Tischen und<br />

in Schichten überlagerten und sich auflösenden Gesichtern hat die Male-<br />

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artintact 5

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