aia 1 pdf - Slavko Kacunko

Behältnisse sind ein Stimulus für neue Assoziationen, neue Vergleiche,
für neue Wege, sich vergangener Lebensabschnitte zu erinnern – sie sind
geradezu ein Modell für die Art und Weise, in der wir uns erinnern.
V
Der persönliche Schnappschuß, das Foto, mit dem wir versuchen, einzigartige
und spontane Augenblicke unseres Lebens einzufangen, ist die
massenhaft produzierte Gedächtnisstütze unserer Zeit. Obwohl der
Schnappschuß im allgemeinen als etwas rein Bildhaftes angesehen wird,
das der Welt des Sichtbaren angehört, ist seine soziale Funktion doch eine
erzählerische. Bekommt man von Freunden oder auch von vollkommen
fremden Menschen, die man zufällig getroffen hat, Fotos gezeigt, wird
dies von Erläuterungen und Geschichten begleitet. Es ist erstaunlich, wie
oft auf etwas verwiesen wird, das in den Bildern selbst nicht zu sehen ist,
während unsere Augen dem auf Details zeigenden Finger des Erzählers
folgen und man den Geschichten lauscht. Für andere ist es oft langweilig,
die Fotos, die wir selbst gemacht haben, zu betrachten, denn wir sehen so
viel mehr in ihnen oder durch sie; wir entsinnen uns all dessen, was außerhalb
des Rahmens geblieben ist, was kurz zuvor oder danach passierte,
der Gerüche, der Temperatur, der Atmosphäre, der Aura.
VI
Vor mehr als 100 Jahren entwickelte George Eastman die Rollfilme,
die sehr lichtempfindlich waren und es ermöglichten, viele Bilder schnell
und einfach aufzunehmen. ›Sie drücken auf den Auslöser, wir erledigen
den Rest‹ war der Slogan, der den Status der Fotografie veränderte: von
der steifen Pose, dem starren Blick in die auf einem Stativ fixierte Kamera
zum zwanglosen Amateurschnappschuß. Massenproduktion und hochentwickelte
Vertriebssysteme haben den Stellenwert der modernen
Fotografie verändert, aus Fotos sind ›Dinge von geringem Interesse,
ohne bleibenden Wert‹ geworden, die man ›konsumiert und weg-
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