Wer finanziert den Staat in der Schweiz? - Economiesuisse
Wer finanziert den Staat in der Schweiz? - Economiesuisse
Wer finanziert den Staat in der Schweiz? - Economiesuisse
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
Executive Summary<br />
E<strong>in</strong>führung <strong>in</strong> die Thematik<br />
Die Umverteilung bzw. die Frage nach dem richtigen<br />
Mass <strong>der</strong> Umverteilung sorgt seit jeher für kontroverse<br />
Diskussionen. Mit geschätzten Zwangsabgaben von<br />
rund 200 Mrd. Franken im Jahr 2005 (über 43 Prozent<br />
vom BIP) belastet <strong>der</strong> <strong>Staat</strong> die Volkswirtschaft mittlerweile<br />
aber beträchtlich. Weil <strong>der</strong> <strong>Staat</strong> <strong>in</strong> grossem<br />
Stil Steuern, Abgaben und Gebühren e<strong>in</strong>for<strong>der</strong>t und<br />
diese dann zur Erfüllung bestimmter Aufgaben verwendet<br />
und/o<strong>der</strong> an bestimmte gesellschaftliche Gruppen<br />
weiterverteilt, wird angenommen, dass <strong>der</strong> <strong>Staat</strong><br />
über die F<strong>in</strong>anz und Steuerpolitik e<strong>in</strong>e beträchtliche<br />
Umverteilungsmasch<strong>in</strong>erie betreibt.<br />
Inwieweit daraus Solidarität zwischen verschie<strong>den</strong>en<br />
E<strong>in</strong>kommens und Vermögensschichten, Wirtschaftssektoren,<br />
Regionen und Generationen resultiert, lässt<br />
sich wegen <strong>der</strong> fehlen<strong>den</strong> Transparenz bei <strong>den</strong> F<strong>in</strong>anzflüssen<br />
zwischen <strong>Staat</strong> und privaten Haushalten bzw.<br />
Steuerzahlern nur äusserst schwer messen. Zudem<br />
s<strong>in</strong>d die f<strong>in</strong>anziellen Verflechtungen wegen des fö<strong>der</strong>alen<br />
<strong>Staat</strong>saufbaus und <strong>der</strong> von <strong>den</strong> öffentlichen Haushalten<br />
(Bund, Kantone und Geme<strong>in</strong><strong>den</strong>) getrennten<br />
Rechnung <strong>der</strong> Sozialversicherungen sehr vielschichtig;<br />
es lässt sich kaum e<strong>in</strong> vollständiges Bild <strong>der</strong> aktuellen<br />
Transferleistungen ermitteln.<br />
Es überrascht deshalb nicht, dass die fehlende Gesamtschau<br />
für die staatlichen Umverteilungswirkungen<br />
das Terra<strong>in</strong> für e<strong>in</strong>en Diskurs öffnet, <strong>der</strong> die Fakten<br />
wissentlich ignoriert und damit bewusst o<strong>der</strong> unwi<strong>der</strong>sprochen<br />
f<strong>in</strong>anzpolitische Mythen zementiert. Dies<br />
gipfelt <strong>in</strong> Wortschöpfungen wie «Steuergeschenke für<br />
Reiche», «Totsparen», «ru<strong>in</strong>öser Steuerwettbewerb»<br />
o<strong>der</strong> «Umverteilung von unten nach oben».<br />
Nährbo<strong>den</strong> für die Akzeptanz solcher Botschaften<br />
bieten die E<strong>in</strong>schätzung <strong>der</strong> Bevölkerung zur eigenen<br />
Steuerbelastung sowie die Perzeption <strong>der</strong> Austauschrelation<br />
zwischen <strong>den</strong> bezahlten Steuern und <strong>den</strong><br />
dafür vom <strong>Staat</strong> erhaltenen Leistungen: Die eigene<br />
Steuerbelastung durch Bund, Kanton und Geme<strong>in</strong>de<br />
wird mit deutlicher Mehrheit als zu hoch bzw. als<br />
gerade noch erträglich empfun<strong>den</strong>, und h<strong>in</strong>sichtlich<br />
<strong>der</strong> Austauschrelation ist die Hälfte <strong>der</strong> Bevölkerung<br />
<strong>der</strong> Me<strong>in</strong>ung, dass sie vom <strong>Staat</strong> weniger zurückbekommt<br />
als sie über Steuern und Abgaben bezahlt (GfS<br />
2007). Diese E<strong>in</strong>stellung hat sich <strong>in</strong> <strong>den</strong> letzten Jahren<br />
<strong>in</strong> <strong>der</strong> Bevölkerung verfestigt. Angesichts <strong>der</strong> grossen<br />
Intransparenz über die F<strong>in</strong>anzflüsse und <strong>der</strong> fehlen<strong>den</strong><br />
Gesamtsicht ist diese gewachsene Skepsis über Mittel<br />
und Umfang <strong>der</strong> getätigten Umverteilung nachvollziehbar.<br />
In diesem Zusammenhang ist auch e<strong>in</strong>e f<strong>in</strong>anzwissenschaftlich<br />
bzw. ökonomisch fundierte Interpretation<br />
4<br />
des verfassungsmässigen Grundsatzes «<strong>der</strong> Besteuerung<br />
nach <strong>der</strong> wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit» zu<br />
e<strong>in</strong>er echten Herausfor<strong>der</strong>ung gewor<strong>den</strong>. Dabei<br />
besteht die Gefahr von partiellen und unvollständigen<br />
Analysen.<br />
Um die Solidaritäts und Umverteilungsdiskussion<br />
möglichst sachlich führen zu können, müssen<br />
sämtliche staatlichen Umverteilungsprozesse e<strong>in</strong>er<br />
vertieften Analyse unterzogen und <strong>in</strong> ihrer Gesamtheit<br />
transparent dargestellt wer<strong>den</strong>. economiesuisse<br />
hat sich dieser Aufgabe angenommen und ent<br />
spricht damit auch e<strong>in</strong>em Verlangen <strong>der</strong> Politik nach<br />
Fakten und Gesamtsicht.<br />
Zielsetzung<br />
economiesuisse will Fakten zu <strong>den</strong> Umverteilungsflüssen<br />
vorlegen. Es sollen diejenigen Teile <strong>der</strong> Gesellschaft<br />
i<strong>den</strong>tifiziert wer<strong>den</strong>, die steuerlich am stärksten<br />
belastet wer<strong>den</strong>, und diejenigen, die von <strong>den</strong> <strong>Staat</strong>sleistungen<br />
am stärksten profitieren. Per Saldo sollen<br />
qualitative Aussagen zur Umverteilung <strong>in</strong>sgesamt gemacht<br />
wer<strong>den</strong>. Dafür muss zuerst untersucht wer<strong>den</strong>,<br />
woher die Steuern, die obligatorischen Abgaben und<br />
die übrigen E<strong>in</strong>nahmen stammen, und danach, woh<strong>in</strong><br />
diese Gel<strong>der</strong> <strong>in</strong> Form von Ausgaben und Leistungen<br />
fliessen bzw. wer davon profitiert. Abschliessend kann<br />
e<strong>in</strong>e nach sozioökonomischen Gruppen spezifische<br />
Bilanz gezogen wer<strong>den</strong>.<br />
Die Studie gibt Antwort auf die e<strong>in</strong>nahmenseitige<br />
Frage «<strong>Wer</strong> <strong>f<strong>in</strong>anziert</strong> <strong>den</strong> <strong>Staat</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Schweiz</strong>?». Sie<br />
liefert damit <strong>den</strong> ersten Grundste<strong>in</strong> für e<strong>in</strong>e ganzheitliche<br />
Betrachtung <strong>der</strong> staatlichen Umverteilungsmasch<strong>in</strong>erie.<br />
Den zweiten Grundste<strong>in</strong> bildet <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er<br />
späteren Phase die Analyse <strong>der</strong> leistungsseitigen Frage<br />
«<strong>Wer</strong> profitiert vom <strong>Staat</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Schweiz</strong>?». Auf dieser<br />
Basis können die Resultate übersichtsartig nach Art,<br />
Qualität und Umfang <strong>der</strong> staatlich verordneten Solidarität<br />
<strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Schweiz</strong> zusammengeführt wer<strong>den</strong>. Erst<br />
dann s<strong>in</strong>d f<strong>in</strong>anzpolitisch fundierte Schlussfolgerungen<br />
zur Umverteilungsproblematik umfassend möglich.<br />
Die Frage «<strong>Wer</strong> <strong>f<strong>in</strong>anziert</strong> <strong>den</strong> <strong>Staat</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Schweiz</strong>»<br />
bezieht sich auf die Zwangssolidarität. Diese ergibt<br />
sich aus <strong>den</strong> öffentlichen F<strong>in</strong>anzen, die teilweise<br />
als Korrektiv für die Verteilungswirkungen, die sich<br />
aus Marktmechanismen für Kapital und Arbeit resultieren,<br />
verstan<strong>den</strong> wer<strong>den</strong>. Nichtbudgetäre staatliche<br />
Regulierungen und Monopole, die auch e<strong>in</strong>en Umverteilungseffekt<br />
haben, können wegen mangeln<strong>der</strong><br />
Quantifizier und Vergleichbarkeit mit <strong>den</strong> öffentlichen<br />
F<strong>in</strong>anzen nicht e<strong>in</strong>bezogen wer<strong>den</strong>. Ferner ist die<br />
Solidaritätsfrage nicht ausschliesslich e<strong>in</strong>e Frage <strong>der</strong><br />
Umverteilung durch f<strong>in</strong>anzielle staatliche Mechanis