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3. - Schlösser-Magazin

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V. Report on the Music Historical Importance: Dr. Bärbel Pelker<br />

„Mannheimer Hofkapelle“ oder „die Mannheimer“, sind inhaltlich allerdings unscharf. Denn<br />

sie benennen lediglich den Regierungssitz, nicht aber die tatsächlichen Wirkungsstätten der<br />

Hofmusik. Dies mag zwar für die Hof- und Adelskapellen des 18. Jahrhunderts generell<br />

zutreffend sein, verbrachten die Fürsten in der Regel nur wenige Wochen des Jahres in ihrer<br />

Sommerresidenz, doch auch hier nimmt Kurfürst Carl Theodor eine Sonderstellung ein. Im<br />

Jahresturnus festgeschrieben war die jeweils halbjährliche Anwesenheit des Kurfürsten und<br />

damit auch seiner Hofmusik in Mannheim und Schwetzingen: Von Anfang November bis<br />

Ende April hielt sich der Hof in Mannheim auf, die Sommermonate von Anfang Mai bis Ende<br />

Oktober verbrachte er in Schwetzingen. Auf die Hofmusik bezogen sprachen die<br />

Zeitgenossen in der Regel daher nicht von der Mannheimer, sondern korrekterweise von der<br />

„kurpfälzischen Schule” bzw. nach der Übersiedlung des Hofes nach München 1778 von der<br />

„pfalzbayerischen Schule“.<br />

Es sind im Wesentlichen drei Errungenschaften der kurpfälzischen Hofmusik, die die<br />

europäische musik- und kulturgeschichtliche Entwicklung maßgeblich beeinflusst haben:<br />

1. die zum Muster und zur Norm gewordene Struktur und Spielkultur des sogenannten<br />

klassischen Orchesters;<br />

2. die fortschrittliche Musikausbildung (systematischer Instrumental- und Kompositionsunterricht),<br />

die zusammen mit der 1776 gegründeten kurpfälzischen Tonschule durch den<br />

Hofkapellmeister Georg Joseph Vogler als Prototyp für die nachfolgenden Konservatorien<br />

und Musikhochschulen angesehen wird;<br />

<strong>3.</strong> die Ausbildung einer klassisch-romantischen Orchestertechnik und der kompositionshistorisch<br />

wichtige Beitrag zur Konzertsinfonie.<br />

Eine weitere Besonderheit der Hofmusik besteht in der programmatischen Unterscheidung<br />

des Opernrepertoires, das in Mannheim und Schwetzingen gepflegt wurde.<br />

zu 1. Die Entwicklung des Hoforchesters<br />

Die Entwicklung des Hoforchesters in Richtung eines leistungsorientierten und modernen<br />

Klangkörpers begann mit dem Jahr 1747, als der Hof nach einem fast einjährigen Aufenthalt<br />

von Düsseldorf zurückkehrte. Zunächst galt es, den eher fragmentarischen Klangkörper,<br />

bestehend aus nur mehr sechzehn Musikern 3 , wieder in ein voll funktionierendes Orchester zu<br />

verwandeln. Diese Pionierarbeit leistete in den ersten Jahren der aus Böhmen gebürtige<br />

Konzertmeister Johann Stamitz (1717–1757) mit der konsequenten Erweiterung der<br />

Violinklasse. Tatkräftige Unterstützung erhielt Stamitz im Sommer 1753 in dem zuletzt am<br />

württembergischen Hof wirkenden Wiener Ignaz Holzbauer (1711–1783), der sich zuvor mit<br />

seiner „favola pastorale“ Il figlio delle selve in Schwetzingen erfolgreich als Komponist<br />

empfohlen hatte. Als Kapellmeister war er von Anfang an für den gesamten Bereich der<br />

Hofmusik zuständig. Für Christian Friedrich Daniel Schubart trug Holzbauer daher „das<br />

meiste zur Vollkommenheit dieses grossen Orchesters bey“ 4 . Die Strategie dieser<br />

3<br />

Hofmusikerliste (Vokalisten und Instrumentalisten) von 1746 (München, Bayerisches Hauptstaatsarchiv,<br />

Geheimes Hausarchiv, Traitteur Handschrift 206 II).<br />

4<br />

Christian Friedrich Daniel Schubart, Ideen zu einer Ästhetik der Tonkunst, Wien 1806, Reprint Hildesheim<br />

1990, S. 131.<br />

2<br />

V.<br />

221

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