3. - Schlösser-Magazin
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VI. Interpretation of the Palace Gardens as a whole: Dr. Michael Niedermeier<br />
(1661-1742) 11 aus der dominierenden Neuburger Linie, ein eifriger Förderer der<br />
gegenreformatorischen Jesuiten, der versucht hatte, durch Unions- und Erbverträge<br />
mit den anderen Regenten die Wittelsbacher Gesamtlande zu erhalten und zu stärken,<br />
erlebte mit seiner aus dem litauisch-polnischen Hochadel stammenden Gattin Luise<br />
Charlotte von Radziwiłł (1667-1695) nur die Heiratsfähigkeit einer einzigen Tochter,<br />
Elisabeth Auguste Sofie (1693-1728). So zeichnete sich nach einiger Zeit das zu<br />
erwartende Ende der Neuburger Linie ab, da auch die acht Brüder des Kurfürsten<br />
keinen männlichen Erben hervorgebracht hatten. Daher versuchte Kurfürst Karl III.<br />
durch die Verheiratung seiner einzigen das Erwachsenenalter erreichenden Tochter<br />
mit Pfalzgraf Joseph Karl von Pfalz-Sulzbach (1694-1729) die Erbfolge zu erhalten,<br />
indem er die zwei Linien zusammenführte. Durch den frühen Tod der jungen Eheleute,<br />
deren drei Söhne das Kleinkindalter nicht überlebten, ging der Erbanspruch zunächst<br />
an Joseph Karls Bruder Johann Christian Joseph (1700-1733) und nach dessen Tod<br />
an seinen noch minderjährigen Sohn Carl Theodor über. Sein entfernter Onkel Karl III.<br />
Philipp holte seinen elternlosen zehn Jahre alten Nachfolger Carl Theodor, der bisher<br />
unter der Ägide seiner Urgroßmutter in Brüssel gelebt hatte, zu sich in die Pfalz und<br />
unterstellte ihn der strengen erzieherischen Aufsicht und Bildung der Jesuiten. Als<br />
Carl Theodor schließlich 1743 pfälzischer Kurfürst wurde, erfüllte sich für die ganze<br />
herzogliche Linie Pfalz-Sulzbach die lang gehegte, aber fast unrealisierbar erschienene<br />
Wunschvorstellung der erstrebten Rangerhöhung im Reich.<br />
Als dann 35 Jahre später überraschend auch das Kurfürstentum Bayern an Carl<br />
Theodor fiel (er nannte sich nun auch Karl II. von Bayern), trat der zwischen ihm und<br />
Max III. Joseph von Bayern 1766 geschlossene Erbverbrüderungsvertrag in Kraft, in<br />
dem Bayern und die Pfalz als unteilbare Gesamtherrschaft vereinbart worden war.<br />
Die bayerische bzw. pfälzische Erbfolge war in den 1770er-Jahren im Kontext der<br />
Auseinandersetzungen um die Vorherrschaft zwischen Österreich und Preußen das<br />
beherrschende Thema im Reich. Über die europäischen Verbündungsmächte wurde<br />
diese Konstellation von Russland bis Frankreich in ganz Europa beobachtet und<br />
diskutiert. 12<br />
Der Habsburger Kaiser Joseph II. versuchte in dieser Situation die gegen Preußen<br />
erlittenen territorialen Einbußen in Schlesien durch Ansprüche an Bayern und die<br />
Oberpfalz auszugleichen, dem Einfluss Preußens wirksam entgegenzutreten sowie<br />
dem Entstehen einer weiteren Großmacht auf deutschen Boden einen Riegel<br />
vorzuschieben. So kam es 1778/79 zum Bayerischen Erbfolgekrieg mit Preußen.<br />
Im Ergebnis bewegte der Kaiser den Kurfürsten Carl Theodor durch die Zahlung<br />
erheblicher finanzieller Mittel und die Überlassung von Vorderösterreich (Freiburg<br />
und Konstanz) auch zur Abtretung von Niederbayern und Teilen der Oberpfalz. All<br />
dies führte dazu, dass Carl Theodor – in Bayern dadurch sehr unbeliebt – dem Druck<br />
nachgeben musste, von seiner zu einem Zentrum der Kultur avancierten Residenz<br />
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