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3. - Schlösser-Magazin

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VI.<br />

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VI. Interpretation of the Palace Gardens as a whole: Dr. Michael Niedermeier<br />

des Merkurdurchgangs durch die Sonne gemacht: „Carl Theodor, Kurfürst von der<br />

Pfalz, ließ, als im Jahre 1762 der Planet Merkur durch die Sonne gieng, an dieser<br />

Stelle [Orangerieplatz] eine kleine Sternwarte von Holz erbauen, wo der gelehrte<br />

Jesuit und Hofastronom Christian Mayer [sic!] dieses merkwürdige Ereigniß in unserm<br />

Planetensystem beobachtete.“ 39 Die Überlieferung weiß noch, dass dieses etwa<br />

alle zehn Jahre stattfindende Ereignis, für dessen Sichtbarmachung ein speziell<br />

ausgerüstetes Teleskop notwendig ist, von zentraler Bedeutung war.<br />

In der südlichen Angloise, in der unmittelbaren Nähe des Minervatempels, wurde<br />

eine Merkurstatue von Gabriel de Grupello aufgestellt, die die Attribute Flügelhut,<br />

Füße mit Flügeln, Hahn und den Stab mit den Schlangen, den Caduceus? (heute<br />

nur noch der Stab erkennbar), trägt. Dass die Gartengötter in Schwetzingen mehr<br />

als ein spätbarockes Sammelsurium darstellten und für die Vorstellungswelt des<br />

Gesamtgartens eine weitreichende Bedeutung zugeschrieben bekamen, kann die<br />

Genese des Tempels des Merkurs andeuten.<br />

Der Tempel des Merkurs, der ab 1784 errichtet wurde, spielte offenbar auch mit dem<br />

naturmystischen Götter-Synkretismus, dem die Jesuiten, aber auch die Freimaurer und<br />

Geheimbünde gefolgt waren. Christian Cay Lorenz Hirschfeld berichtete 1785 in seiner<br />

„Theorie der Gartenkunst“ von einer „ägyptischen Parthie“, die man in Schwetzingen<br />

begonnen habe zu gestalten: „Es ist ein Berg, worauf ein Monument des Königs<br />

Sesostris neu aufgeführt wird (…). In den Gewölben des Berges kommen Begräbnisse<br />

und Mumien zu stehen, und die Todten soll, wie man sagt, Charon dahin bringen. Um<br />

den Berg wird der See Möris gegraben.“ 40<br />

In der Gartenkunst des späten 18. Jahrhunderts spielte die Erinnerung an den<br />

ägyptischen König Sesostris und die Weisheit der Ägypter durchaus eine Rolle. So<br />

schrieb man in Gotha, wo Freimaurer und Illuminaten Einfluss auf die Gestaltung des<br />

Gothaer Herzoglichen Gartens nahmen, im genealogischen „Gothaischen Hofkalender“<br />

1778 über die Ägypter: „Sie waren die ersten, die die Kunst Zahlen zusammen zu<br />

setzen, und auszurechnen, auf einen gewißen Grad der Richtigkeit gebracht hatten.<br />

Sie erforschten den Lauf der Gestirne; teilten sie in gewiße Bilder, bezeichneten den<br />

Thierkreis, bemerkten den Unterschied zwischen den Planeten und Fixsternen, und<br />

machten von diesen Kenntnißen auf den Feldbau und der Eintheilung der Zeit, die<br />

vortheilhafteste Anwendung. Das Aufrichten der Obelisken, die ungeheuren Steine<br />

an den höchsten Gebäuden, zeugen von ihrer Einsicht in die Mechanik: Die in<br />

den ältesten Zeiten bey ihnen gebräuchliche Abtheilung der Felder, die sämtlichen<br />

Leitungen des Nilwassers, von ihrer Kenntnis in der Geometrie, und die unter der<br />

Regierung des Sesostris verfertigte Landcharte, läßt auch an ihrer geographischen<br />

Kenntnis nicht zweiffeln.“ 41<br />

Wenn in Schwetzingen nun tatsächlich von Pigage ein Tempel des Gottes Merkur<br />

ausgeführt wurde, widerspricht das dem ägyptischen Plan nur auf den ersten Blick,<br />

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