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3. - Schlösser-Magazin

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VI.<br />

254<br />

VI. Interpretation of the Palace Gardens as a whole: Dr. Michael Niedermeier<br />

Kurfürst Carl Theodor befand sich damit in Deutschland an der Spitze zeitgenössischer<br />

Gartenkunstentwicklung. 26<br />

Bei Planierungsarbeiten im Bereich des südlichen Bosketts hatte man 1765 ein<br />

Gräberfeld mit Waffen und Fundstücken entdeckt, das im Beisein des Kurfürsten<br />

aufgegraben wurde. 27 Der Theologe und Historiker Casimir Haeffelin (1737-1827),<br />

der bei den Jesuiten studiert hatte, erklärte die Ausgrabungen 1777 zur Nekropole<br />

einer römischen Siedlung, während der Kurfürst davon ausging, dass es sich um<br />

ein ehemaliges Schlachtfeld einer Römerschlacht mit den Überresten von Siegern<br />

und Besiegten handeln müsse. Carl Theodor ließ die Fundstellen in situ in die<br />

Gartenanlage einbeziehen und zu markanten Ausgangspunkten des südlichen<br />

großen Bosketts gestalten. Peter Anton von Verschaffelt schuf 1768 und 1771<br />

zwei antikisierende Denkmale, die mit lateinischen Inschriften versehen waren.<br />

Einem „Gartendenkmal“, das die friedliche gärtnerische Tätigkeit des Kurfürsten als<br />

Monument und Tribut an die große Mutter der Dinge, die Natur („Magna rerum mater<br />

Natura“) preist, steht das „Kriegerdenkmal“ gegenüber, das auf die Bodenfunde<br />

verweist: „Martis et Mortis|Romanor. ac Teutonum (…). Das Feld des Krieges und des<br />

Todes der Römer und Deutschen ward durch gefundene Waffen, Urnen, Gebeine und<br />

Instrumente im Jahr 1765 entdeckt.“ Auf der Rückseite trägt das Kriegerdenkmal die<br />

Aufschrift, in der sich der Kurfürst als Friedensfürst und Denkmalschützer inszeniert:<br />

„Pacis Artibus|Vitae Suae deliciis (…) (Den Künsten des Friedens, der Wonne seines<br />

Lebens hat Carl Theodor diese, sieben Fuß hoch abgetragene Stelle wieder geweihet<br />

und dieses Denkmal gesetzt 1768)“. 28 Die Funde, bei denen es sich nach heutigem<br />

Wissen um neckarsuebische Brandgräber aus dem 1. Jahrhundert n. Chr. handelte,<br />

wurden ins Hofantiquarium nach Mannheim gebracht. Im April 1777 fand man bei<br />

Grabungsarbeiten in der Nähe der heutigen sog. römischen Wasserleitung ein weiteres<br />

Gräberfeld, das Haeffelin 1777 in seinen „Entdeckungen einiger Alterthümer in dem<br />

kurfürstlichen Lustgarten zu Schwetzingen“ ebenfalls publizierte. Dass das ganze<br />

Gelände, auf dem sich der Garten befindet, und die weitere Umgebung als Fundstätte<br />

archäologischer Artefakte in Erscheinung trat, war schon früh bekannt und wird in der<br />

Einleitung des Gartenführers von 1820 ausführlich (20% des Gesamtumfangs) als<br />

patriotisches Merkmal der Landschaft ausgeführt. Mit Bestimmtheit gehen die Autoren<br />

des Gartenführers im offensichtlichen Rückgriff auf ältere Überlieferungen davon aus,<br />

dass sich der Garten von Schwetzingen im „Thal Hadrians“ befinde, „welches die<br />

Grenze des [Römischen] Reichs bestimmte“. 29<br />

Carl Theodor dürfte also seinen Sommersitz im Sinne einer römischen Villa oder<br />

einer Renaissancevilla (Villa Hadriana/Villa d‘Este) gedacht haben, wie er sie in<br />

seiner Italienbegeisterung auf seinen Reisen 1774 und 1785 gesehen hatte. Wie<br />

bei den anderen Fürsten seiner Zeit auch waren die antikisierenden, die exotischen<br />

(orientalische, chinesische, o-tahitische usw.) wie die gotisierenden Gartenfollies nicht<br />

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