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3. - Schlösser-Magazin

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VI.<br />

256<br />

VI. Interpretation of the Palace Gardens as a whole: Dr. Michael Niedermeier<br />

polnische, französische oder russische Gärten nachweisbar. Auch dem Schwetzinger<br />

Garten werden seit einiger Zeit freimaurerische Ikonografien und Symbolverweise<br />

zugeschrieben. 32 Nur ausnahmsweise waren die Besitzer und Gartengestalter aber<br />

selbst praktizierende Freimaurer oder Mitglieder eines Geheimbundes (Illuminaten,<br />

Rosenkreuzer u. Ä.). Sie mussten es auch gar nicht sein, arkane und naturmagische<br />

Initiationswege gehören zu Gärten, solange es Gärten gibt, wobei Eros und<br />

Thanatos die Spannung von Diesseits und Unterwelt stets umschließen. Gerade<br />

im Zusammenhang mit den bayerischen Erbfolgeauseinandersetzungen konnten<br />

herrschaftliche Gärten – auch mittels freimaurerischer oder geheimbündlerischer<br />

Symbolik – zu feinjustierbaren Leitmedien politischer Selbstinszenierung ihrer Besitzer<br />

werden. 33<br />

Für arkane Motive und Anklänge an Einweihungswege erscheint im kurfürstlichen<br />

Garten von Schwetzingen dabei eher die Gedankenwelt der Jesuiten verantwortlich<br />

als die der Freimaurer oder Illuminaten, die ihrerseits argwöhnten, von den Jesuiten<br />

unterwandert zu werden. Der erwähnte Athanasius Kircher hatte mit seinen<br />

weitgreifenden Forschungen und einflussreichen Büchern (insbesondere „Oedipus<br />

Aegyptiacus“ (1652–1654); „Sphinx mystagoga“ [1676]; „Mundus subterraneus“<br />

[1678]; „Turris Babel“ [1679]) selbst unmittelbar oder mittelbar prägend auf das<br />

Denken der englischen und europäischen Freimaurer und Geheimbünde gewirkt.<br />

Er war es, der in seinem weitverbreiteten Werk „Oedipus Aegyptiacus“ alles, was<br />

zwischen Noahs von Gott empfangener Weisheit und der Offenbarung Christi lag,<br />

zumindest als Teilwahrheiten des göttlichen Wissens erklärte: In seinem Denken<br />

hatten Zoroaster, Orpheus, Hermes Trismegistos, Pythagoras und Plato gemeinsam<br />

Platz. Die ägyptischen Gottheiten parallelisierte er ganz selbstverständlich mit den<br />

Göttern anderer Kulturkreise. Die Magna Mater oder Gottesmutter Isis war gleichsam<br />

identisch mit der Minerva, der Venus, der Juno, der Proserpina, der Ceres, der Diana,<br />

der Rhea, der Rhamnusia, der Bellona, der Hekate oder Luna. 34 Vergleichbares galt<br />

danach für Osiris, Pan oder Jupiter bzw. Anubis und Merkur. Damit bekam das Denken<br />

der Jesuiten eine große, überaus tolerant scheinende Breite, sodass es kein Wunder<br />

ist, dass einige Jesuiten aus dem Umkreis des Kurfürsten, etwa der einflussreiche<br />

Jesuitenpater Seedorf, nach dem Verbot ihres Ordens in die Freimaurerlogen drängten.<br />

Das naturmystische Denken der Jesuiten und der Freimaurer speiste sich in vielen<br />

Bereichen aus den gleichen Quellen. Schon 1737 hatte Kurfürst Carl Philipp die<br />

Loge, welche seit 1727 als erste in Deutschland bestand, auflösen lassen und Carl<br />

Theodor hatte dieses Verbot nie aufgehoben. Die Angst, dass ausländische Mächte<br />

(etwa von Preußen, England oder Obersachsen aus) die Logen heimlich steuerten,<br />

führte immer wieder zu Verschwörungsängsten und Verboten. 1756 war aber zunächst<br />

eine französisch-schottische Loge „Saint Charles de l‘Union“ zu Ehren des Königs<br />

Karl Stuart von Schottland in Mannheim gegründet worden, die sich 1784 in „Karl<br />

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