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VI. 262 VI. Interpretation of the Palace Gardens as a whole: Dr. Michael Niedermeier eine indirekte Aussage, einen konkreten und einen ideellen Bezug vermittelt haben könnten, der nur dem Eingeweihten voll verständlich war.“ 58 Ähnliches lässt sich für den Tempel der Botanik, der als Tempel der Ceres/Persephone verstehbar ist, das sogenannte Arboricum Theodoricum oder das Römische Wasserkastell vermuten. Wenn Carl Theodor in einer übergreifenden Concordienkirche die verfeindeten christlichen Kirchen wieder vereinigen wollte, so hat er sich durchaus im Umkreis der synkretistischen und kombinatorischen Vorstellungen der Jesuiten bewegt, die in allen Kulturen, Völkern und Religionen einen Teil der göttlichen Wahrheit erblickten. In Zeiten von kriegerischen Spannungen verfeindeter Lager, in denen der Kurfürst für sich und seinen Stamm auch in der Landschaft eine dauerhafte Memoria sichern wollte, bildete die kombinatorische und analogisierende Metaphernsprache, wie sie von den Jesuiten in Anknüpfung an die kulturellen und religiösen Überlieferungen ersonnen wurden, über die Konfessionen und Lager hinweg ein überzeugendes, von allen verstehbares verbindendes Codesystem. Dass der Schwetzinger Garten – wie kaum ein anderer – alle Zeitläufe im Wesentlichen unbeschadet überstanden hat und seine Balance zwischen barocken und landschaftlichen Elementen genau so erhalten hat, wie es Carl Theodor für sein kurfürstliches Monument erdacht hatte, machte ihn schon für den Autor der Gartenenzyklopädie John Claudius Loudon 1828 zum „most splendid“ und „most delightfull garden in Germany (…).“ 59 Berlin, im November 2009 1 Wolfram Martini: Einleitung. In: Architektur der Erinnerung. ed. von Wolfram Martini. (SFB 434 Erinnerungskulturen, Universität Gießen; Formen der Erinnerung, Bd. 1), S. 9. 2 Vgl. Martin Warnke: Politische Landschaft. Zur Kunstgeschichte der Natur. München 1992. 3 Vgl. etwa John Dixon Hunt: „Ut Pictura Poesis“: The Garden and the Picturesque in England (1710-1750). In: Monique Mosser, Georges Teyssot (ed.): The Architecture of Western Gardens. Cambridge, Mass. 1991, S. 231-242; Günther Oesterle, Harald Tausch (ed.): Der imaginierte Garten. (Formen der Erinnerung, Bd. 9). Göttingen 2001; Richard Saage, Eva-Maria Seng (ed.): Von der Geometrie zur Naturalisierung. Utopisches Denken im 18. Jahrhundert zwischen literarischer Fiktion und frühneuzeitlicher Gartenkunst (Hallesche Beiträge zur Europäischen Aufklärung, Bd. 10). Tübingen 1999. Michael Niedermeier: Erinnerungslandschaft und Geheimwissen: Inszenierte Memoria und politische Symbolik in der deutschen Literatur und den anderen Künsten (1650-1850). Habil. Technische Universität Berlin 2007, S. 6-18. 4 G.B. Clarke: Ancient Taste and Gothic Virtue. Lord Cobham’s Gardening Programme and its Iconography. In: Apollo 97, 1973, S. 566-71. 5 Stephen Curl: Symbolism in Eighteenth-Century gardens: Some Observations. In: Symbolism in 18th-century gardens, S. 25-68. 6 Starck 1898, S. 4: Zit. nach: Sigrid Gensichen: Die Quellen zum Heidelberger Schlossgarten 1614 bis 1945: Hortus Palatinus, Landschaftsgarten mit Lehrfunktion, Waldpark und Teilrekonstruktion des Hortus Palatinus. Dossenheim 2009, Pkt. 2.3.2. 7 Richard Patterson: The ‚Hortus Palatinus‘ at Heidelberg and the Reformation of the World. In: Journal of Garden History 1/1 (Januar-März), S. 67-104; 1/2 (April-Juni), S. 179-200; Luke Morgan: Nature as model: Salomon de Caus and early seventeenth-century landscape design [Hortus Palatinus u. a.]. Philadelphia, PA 2007. - 16 -
VI. Interpretation of the Palace Gardens as a whole: Dr. Michael Niedermeier 8 Der Garten und das Schloss des mit der ältesten Tochter von James I./IV. (1566-1625), König von England, Schottland und Irland, verheirateten Friedrich V., der unglückliche „Winterkönig“, der versucht hatte, die Kurpfalz als führende protestantische Macht im Reich zu positionieren, und damit den für Europa verheerenden Krieg ausgelöst hatte, hätte für Carl Theodor Anknüpfungspunkt für die eigene Herrschaft sein können. 9 Protocollum commissionale (1795): „Tit herr V. Pigage für sich dermalen und bei seinem Hohen Alter allzu lästig gehalten, ganz nothwendig und dem herrsch[aftlichen] besten vorträglich, einmüthig geäußeret, und dieses nur noch zu erinnern nothwendig gefunden haben, daß der Lustgarten ohnedem von weitwendigem Umfang und als ein Churpfälz[isch]es Monument zu unterhalten schon einen Großen Kosten Verwand erfodere, allerdings unbillig seÿe, auf die erweiterung deselben bei gegenwärtig[en] betrübten Cassæ Umständen einen Antrag zu erstellen, gleichwohlen wenn Zeit und Umständen sich ändern, und die Cassen in besere Verhältnisen sich befinden würden…“ (Hervorhebung M.N.). 10 Vgl. insbesondere: Adrian von Buttlar: Der englische Landsitz 1715-1760. Symbol eines liberalen Weltentwurfs. Mittenwald 1982; Ders.: Der Landschaftsgarten. Gartenkunst des Klassizismus und der Romantik. München 1980. 2. Aufl. Köln 1989; Bernard Korzus: Neugotik im Alten Reich. Zum Architekturhistorismus in deutschen Landschaftsgärten des 18. Jahrhunderts (1996). In: Bagno – Neugotik – Le Rouge. Nachgelassene Beiträge zur europäischen Gartenforschung von Bernard Korzus. Mitteilungen der Pückler-Gesellschaft. Red. Sybille Backmann, Elfriede Korzus, Michael Niedermeier. 23. Heft. – Neue Folge – 2008, S. 27-62; John Harris, Bernard Korzus: Das Englische bei Jussow. In: Heinrich Christoph Jussow, 1754–1825. Ein hessischer Architekt des Klassizismus. [Ausstellungskatalog]. ed. von Hans Ottomeyer. Worms 1999, S. 53–65; Michael Niedermeier: „Die ganze Erde wird zu einem Garten”: Gedächtniskonstruktionen im frühen deutschen Landschaftsgarten zwischen Aufklärung und Geheimnis. In: Im Auftrage der Stiftung Weimarer Klassik hg. von Georg Bollenbeck (u.a.): Weimar. Archäologie eines Ortes. Weimar 2001, S. 120-175. Ders.: Germanen in Gärten. „Altdeutsche Heldengräber”, „gotische” Denkmäler und die patriotische Gedächtniskultur. In: Jost Hermand, Michael Niedermeier: Revolutio Germanica. Die Sehnsucht nach der alten Freiheit der Germanen 1750-1820. Frankfurt a. M. 2002, S. 21-116; Annette Dorgerloh, Michael Niedermeier: Pyramiden im frühen Landschaftsgarten. In: Pegasus. Berliner Beiträge zum Nachleben der Antike. Heft 7, 2005, S. 133-161. Michael Niedermeier: Im Gartenland der Göttin Venus. Dessau-Wörlitz zwischen Aufklärung, Politik und erotisch-kosmologischer Weltanschauung. In: „Schauplatz vernünftiger Menschen“ – Kultur und Geschichte in Anhalt-Dessau. Katalog, hg. von Hans Wilderotter. Dessau 2006, S. 157-192. Klassizismus – Gotik. Karl Friedrich Schinkel und die patriotische Baukunst. ed. von Annette Dorgerloh, Michael Niedermeier und Horst Bredekamp unter Mitwirkung von Axel Klausmeier. München 2007. Annette Dorgerloh, Michael Niedermeier: Helden, Hirten und gefälschte Götter – Anciennitätskonzepte in herrschaftlichen Gärten des 18. und 19. Jahrhunderts. In. Preußische Gärten in Europa. 300 Jahre Gartengeschichte. ed. von der Stiftung Preußische Schlösser und Gärten in Zusammenarbeit mit ICOMOS-IFLA. Leipzig 2007, S. 162-165. Michael Niedermeier: „So vermähle sich die germanische und slawische Welt“. Archäologie, Genealogie und Landschaftsgestaltung in Brandenburg und Mecklenburg. In: Die Gartenkunst 1/2009, S. 37-50. 11 Eigentlich zum geistlichen Stand erzogen, war er bereits mit 14 Jahren Domherr von Köln, ließ sich nach dem Tod seines älteren Bruders 1716 erst 1718 widerwillig in Heidelberg nieder, geriet in Konflikt mit der protestantischen Bevölkerung. Daraufhin verlegte er seine Residenz von Heidelberg nach Mannheim. 12 Vgl. zusammenfassend: Karl Otmar v. Aretin: Das Reich und der österreichisch-preußische Dualismus (1745-1806; Das Alte Reich 1648-1806, Bd. 3). 4. Aufl. München 1997, bes. S. 183-203, hier S. 183. 13 Ebd. 14 Vgl. Jörg Engelbrecht: Carl Theodor und die „Niederen Lande“. In: Lebenslust und Frömmigkeit, Kurfürst Carl Theodor (1724-1799) zwischen Barock und Aufklärung; Handbuch und Ausstellungskatalog, hg. von Alfried Wieczorek. 2 Bde. Regensburg 1999, Bd. 1, S. 195. 15 Günther Ebersold: Karl August Reichsfürst von Bretzenheim. Die politische Biographie eines Unpolitischen. Norderstedt 2004, S. 29. 16 Rudolf Haas: Das Palais Bretzenheim in Mannheim A2 und seine Geschichte. 2. Aufl. Mannheim 1975, S. 7ff. 17 Karl Weich SJ: Jesuiten am Hof Carl Theodors. In: Lebenslust und Frömmigkeit, Bd. 1, S. 153. 18 Günther Ebersold: Karl August Reichsfürst von Bretzenheim. Die politische Biographie eines Unpolitischen. Norderstedt 2004, S. 52. 19 Gartendirektor Zeyher und J.G. Rieger: Schwetzingen und seine Garten=Anlagen. Mannheim o.J. [um 1820], S. 169. 20 Beschreibung der Gartenanlagen zu Schwetzingen. Herausgegeben von Gartendirektor Zeyher und G. Roemer. Neue verb. Aufl. Mannheim o.J. [1809?], S. 2. 21 Ebd. S. 45. 22 Ebd. S. 123. 23 Casimir Häffelin: Dissertatio de Balneo Romano in agro Lupodunensi reperto. Acta Academiae Theodoro-Palatinae III. [Mannheim 1775], S. 213-227. 24 Ralf Richard Wagner, mündlich 25 Vgl. Claudia Braun: Kurfürst Carl Theodor als Denkmalpfleger. In: Lebenslust und Frömmigkeit, Bd. 1, S. 347-352, hier S. 347. 26 Vgl. Annette Dorgerloh, Michael Niedermeier: Helden, Hirten und gefälschte Götter – Anciennitätskonzepte in herrschaftlichen Gärten des 18. und 19. Jahrhunderts; Dies.: Wodan und Svantevit oder von Lethra bis Rethra. Germanische und slawische Vorzeit in herrschaftlich-patriotischen Gartenprogrammen Dänemarks, Mecklenburgs, Brandenburgs und Polens. In: Vom höfischen Garten zum öffentlichen Grün. Gartenkunstgeschichte und Gartendenkmalpflege in Deutschland und Polen. ed. von Gabriele Horn (im Erscheinen); Michael Niedermeier: Anthyrius – Odin – Radegast. Die gefälschten mecklenburgischen Bodendenkmäler und inszenierte Herrscherabstammungen im „englischen“ Garten. In: Vorwelten und Vorzeiten. Archäologie als Spiegel historischen Bewusstseins in der Frühen Neuzeit. ed. Dietrich Hakelberg, Ingo Wiwjorra. (Herzog-August-Bibliothek Wolfenbüttel) 2009 (im Druck). 27 Peter Fuchs: Palatinatus illustratus – Die Historische Forschung an der kurpfälzischen Akademie der Wissenschaften. Mannheim 1963, S. 156. - 17 - VI. 263
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Schwetzingen: A Prince Elector‘s
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