3. - Schlösser-Magazin
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V. Report on the Music Historical Importance: Dr. Bärbel Pelker<br />
Werkstattsituation bildete die Zusammensetzung des Hoforchesters, die oben beschriebene<br />
Doppelfunktion von Komponist und Musiker. Diese einzigartige Verbindung erklärt nach<br />
Ludwig Finscher die „doppelte Bedeutung der Hofkapelle Carl Theodors – für die Geschichte<br />
des Orchesters und für die Geschichte der Symphonie“ 21 . Die genannte Besonderheit des<br />
Hoforchesters brachte auch schon Charles Burney mit dem neuen Stil der kurpfäzischen<br />
Konzertsinfonie in Verbindung, im Schwetzinger Tagebucheintrag vom August 1772 heisst es<br />
weiter: „Es ist aber nicht allein in der grossen Oper des Churfürsten, daß die<br />
Instrumentalmusik so sehr ausgebildet und verfeinert worden ist, sondern in seinen<br />
Concerten, woselbst diese ausserordentliche Capelle Platz und Raum genug hat, ihre ganze<br />
Macht zu beweisen, und grosse Wirkungen hervorzubringen [...]. Hier eben wars, wo Stamitz<br />
zuerst über die Gränzen der gewöhnlichen Opernouvertüren hinwegschritt, die bis dahin bey<br />
dem Theater gleichsam nur als Rufer im Dienste standen, um durch ein Aufgeschaut für die<br />
auftretenden Sänger Stille und Aufmerksamkeit zu erhalten. Seit der Entdeckung, auf welche<br />
Stamitzens Genie zuerst verfiel, sind alle Wirkungen versucht worden, deren eine solche<br />
Zusammensezzung von inartikulirten Tönen fähig ist. Hier ist der Geburtsort des Crescendo<br />
und Diminuendo, und hier ist es, wo man bemerkte, daß das Piano, (welches vorher<br />
hauptsächlich als ein Echo gebraucht wurde, und gemeiniglich gleich bedeutend genommen<br />
wurde,) sowohl als das Forte musikalische Farben sind, die so gut ihre Schattirungen haben,<br />
als Roth oder Blau in der Mahlerey” 22 . Jahre später geht Burney in seiner General History of<br />
Music nochmals auf den neuen Sinfonientypus ein: „the band of the Elector Palatine was<br />
regarded as the most complete and best disciplined in Europe; and the symphonies that were<br />
produced by the maestro di capella, Holtzbaur, the elder Stamitz, Filtz, Cannabich, Toeski,<br />
and Fräntzel, became the favourite full-pieces of every concert, and supplanted concertos and<br />
opera overtures, being more spirited than the one, and more solid than the other. Though<br />
these symphonies seemed at first to be little more than an improvement of the opera overtures<br />
of Jomelli, yet, by the fire and genius of Stamitz, they were exalted into a new species of<br />
composition“ 23 .<br />
Burneys Urteil hat in seinen Grundzügen bis heute Bestand, auch wenn einige Details<br />
inzwischen korrigiert worden sind. Entscheidend für die Entwicklung einer neuartigen<br />
Orchestersprache bzw. sinfonischen Gattung waren für die Kurpfälzer nicht die technischen<br />
21 Ludwig Finscher, „Mannheimer Orchester- und Kammermusik“, in: Die Mannheimer Hofkapelle im<br />
Zeitalter Carl Theodors, hg. von dems., Mannheim 1992, S. 141–176, spez. S. 144.<br />
22 Burney, Tagebuch seiner musikalischen Reisen, S. 73f.; engl. Übers.: „But it has not been merely at the<br />
Elector’s great opera that instrumental music has been so much cultivated and refined, but at his concerts,<br />
where this extraordinary band has „ample room and verge enough“, to display all its powers [...]; it was here<br />
that Stamitz first surpassed the bounds of common opera overtures, which had hitherto only served in the<br />
theatre as a kind of court cryer, with an „O Yes!“ in order to awaken attention, and bespeak silence, at the<br />
entrance of the singers. Since the discovery which the genius of Stamitz first made, every effect has been<br />
tried shich such an aggregate of sound can produce; it was here that the Crescendo and Diminuendo had<br />
birth; and the Piano, which was before chiefly used as an echo, with which it was generally synonimous, as<br />
well as the Forte, were found to be musical colours which had their shades, as much as red or blue in<br />
painting.“ (Burney, The Present State, S. 93f.)<br />
23 Charles Burney, General History of Music from the Earliest Ages to the Present Period, 4. Bd., London<br />
1789, S. 582. Zur Sinfonie der Kurpfälzer s.a.: Joachim Veit, „Zur Entstehung des klassischen und<br />
romantischen Orchesters in Mannheim“, in: Die Mannheimer Hofkapelle im Zeitalter Carl Theodors, S. 177–<br />
195. Eugene K. Wolf, „On the Origins of the Mannheim Symphonic Style“, in: Studies in Musicology in<br />
Honor of Otto E. Albrecht, ed. J.W. Hill, Kassel 1980, S. 197–239. Ders., The Symphonies of Johann<br />
Stamitz: a Study in the Formation of the Classic Style, Utrecht 1981.<br />
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