Fremde Bilder - Stiftung Bildung und Entwicklung
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Afrikaner im Kanton Luzern: Einführungstext<br />
die Datierung des Kriegsausbruchs zeigt.<br />
Am 1. September 1939 begann der Krieg<br />
lediglich in Europa. Nicht nur in Asien war<br />
er seit dem japanischen Überfall auf China<br />
1937 längst im Gange <strong>und</strong> hatte schon Millionen<br />
Tote gefordert. Auch in Afrika<br />
herrschte seit dem italienischen Überfall auf<br />
Äthiopien im Oktober 1935 Krieg – ein<br />
Krieg, in dem bis zur italienischen Kapitulation<br />
im Jahre 1941 Soldaten aus 17 Ländern<br />
<strong>und</strong> drei Kontinenten teilnahmen, der<br />
aber wohl deshalb nicht als Weltkriegs gilt,<br />
weil er ausserhalb Europas stattfand.<br />
Vor dem Zweiten Weltkrieg waren praktisch<br />
ganz Afrika <strong>und</strong> weite Gebiete der<br />
Dritten Welt von europäischen Kolonialmächten<br />
beherrscht. Diese rekrutierten,<br />
auch unter Zwang, Millionen Soldaten, um<br />
die Welt von Naziterror <strong>und</strong> japanischem<br />
Grossmachtwahn zu befreien. Fotografien<br />
von afrikanischen Soldaten als Befreier<br />
kommen in europäischen Geschichtsbüchern<br />
aber praktisch nicht vor. Das Verdrängen<br />
von Kolonialsoldaten aus der Geschichte,<br />
die für Europa ihr Leben einsetzten,<br />
begann bereits im Krieg. Charles de<br />
Gaulle liess die meisten afrikanischen Soldaten<br />
vor den Siegerparaden in Paris <strong>und</strong><br />
anderswo durch junge Franzosen ersetzen.<br />
Während viele der Afrikaner, die bis 1944<br />
die Mehrheit der Truppen des Freien<br />
Frankreichs gestellt hatten, in erbärmlichen<br />
Lagern auf den Rücktransport in ihre Heimat<br />
warteten, wurden weisse Soldaten gefeiert<br />
<strong>und</strong> prägten das mediale Bild vom<br />
Kriegsende. 21<br />
Die neutrale Schweiz war während des<br />
Krieges mit schätzungsweise 3000 Soldaten<br />
aus der Dritten Welt konfrontiert. Es handelte<br />
sich hierbei u. a. um Männer aus Algerien,<br />
Haiti, Indien, Indochina, Kamerun,<br />
21 Rheinisches JournalistInnenbüro / Recherche<br />
International e.V (Hg.).: „Unsere Opfer zählen<br />
nicht“ – Die Dritte Welt im Zweiten Weltkrieg,<br />
Hamburg, Berlin 2005.<br />
Kongo, Madagascar, Marokko, Senegal,<br />
Südafrika, Syrien oder sogar Tahiti, deren<br />
militärische Einheiten teils aufgerieben oder<br />
bedrängt worden waren. Um sich der<br />
Kriegsgefangenschaft zu entziehen oder<br />
dem Tod im Gefecht zu entgehen, suchten<br />
sie Zuflucht in der Schweiz, wo sie nach<br />
ihrem Übertritt interniert wurden. Die<br />
völkerrechtliche Gr<strong>und</strong>lage für die Internierung<br />
fremder Soldaten bildeten die<br />
Konventionen der II. Haager Friedenskonferenz<br />
von 1907, welche der B<strong>und</strong>esrat am<br />
9. April 1910 ratifizierte. Die darin enthaltene<br />
V. Konvention betreffend Rechte <strong>und</strong><br />
Pflichten der neutralen Mächte <strong>und</strong> Personen<br />
im Fall des Landkrieges legt in den<br />
Artikeln 11 bis 13 die Bestimmungen bezüglich<br />
der bei Neutralen internierten Angehörigen<br />
einer Kriegsmacht fest. 22 In Artikel<br />
11 heisst es, dass ein neutraler Staat das<br />
Recht hat, flüchtende Truppen Krieg führender<br />
Mächte aufzunehmen. Die Soldaten<br />
sollten möglichst weit weg vom Kriegsgeschehen<br />
interniert <strong>und</strong> daran gehindert<br />
werden, wieder in den Krieg einzutreten.<br />
Artikel 12 schreibt vor, den untergebrachten<br />
Personen Nahrung, Kleidung <strong>und</strong><br />
durch die Menschlichkeit gebotene Hilfsmittel<br />
zu gewähren. Der Staat, dem die<br />
Internierten angehören, hat nach Kriegsende<br />
die Kosten zu tragen. 23<br />
22<br />
Strässle: Grenzbesetzung 1870/71, S. 32.<br />
23<br />
http://avalon.law.yale.edu/subject_menus/<br />
lawwar.asp (4. 3. 2011).<br />
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