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Fremde Bilder - Stiftung Bildung und Entwicklung

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Sklaverei: Einführungstext<br />

Dort wurden die in der Schweiz produzierten<br />

Textilerzeugnisse gegen Sklaven eingetauscht.<br />

In Amerika oder auf den Antillen<br />

wurden die Sklaven dann ver- <strong>und</strong> Kolonialwaren<br />

gekauft. Zucker, Kaffee, Baumwolle<br />

<strong>und</strong> Tabak gelangten anschliessend<br />

zurück in die Schweiz, womit der Kreislauf<br />

geschlossen war. Ein zweites wichtiges Geschäftsfeld<br />

von Schweizern war der Einsatz<br />

von Risikokapital zur Finanzierung von<br />

Expeditionen <strong>und</strong> Schiffen. Der Dreieckshandel<br />

benötigte grosse Mengen an Geld<br />

zum Chartern <strong>und</strong> Versichern der Schiffe,<br />

zur Entlöhnung der Besatzung <strong>und</strong> zum<br />

Kauf der Waren, welche nach Afrika exportiert<br />

wurden. Vom Zeitpunkt der Abfahrt<br />

eines Schiffes bis zu seiner Rückkehr<br />

mit den Kolonialwaren an Bord, mit denen<br />

der Gewinn gemacht wurde, konnten gut<br />

<strong>und</strong> gerne zwei Jahre verstreichen. Schweizer<br />

Financiers <strong>und</strong> Bankiers waren daher<br />

sehr gefragt, weil sie als Geldgeber des<br />

transatlantischen Sklavenhandels auftraten.<br />

Die Schweizer Oberschicht, welche grossen<br />

Gewinn aus diesen Geschäften zog, war<br />

untereinander auch kantonsübergreifend<br />

gut vernetzt <strong>und</strong> oft durch Heiraten miteinander<br />

verwandt. Besonders trifft das auf<br />

die hugenottischen Religionsflüchtlinge aus<br />

Frankreich zu, welche auch in der Schweiz<br />

Zuflucht suchten. Da sie oft in der Herstellung<br />

von Indiennes tätig waren, welche in<br />

Frankreich 1686 verboten wurde, führten<br />

sie die Textilproduktion in ihrer neuen<br />

Heimat ein. Nach Aufhebung des Produktionsverbots<br />

1759 expandierten viele Textilhersteller<br />

<strong>und</strong> -händler, sogenannte Indienneure,<br />

in die Nähe der französischen<br />

Häfen an der Atlantikküste. Familienunternehmen<br />

aus Basel, Neuchâtel, Genf <strong>und</strong><br />

der Ostschweiz siedelten sich in Nantes,<br />

Lorient, Bordeaux, Lyon <strong>und</strong> Marseille an.<br />

Sie betrieben Indienne-Manufakturen,<br />

Zwischenhandel oder Kreditgeschäfte.<br />

Durch Zusammenlegung ihrer Handelsun-<br />

ternehmen <strong>und</strong> -netze schufen sie grenzüberschreitende<br />

Kartelle.<br />

Indiennes - Tauschwaren gegen Sklaven<br />

"Indiennes" genannte Textilien sind ursprünglich<br />

mit indisch-exotischen Motiven<br />

bedruckte leichte, aber dichte Baumwollstoffe,<br />

welche in Europa vom 17. bis zum<br />

19. Jahrh<strong>und</strong>ert produziert wurden. Im<br />

kulturell führenden Frankreich bekamen<br />

die aus Indien stammenden Stoffe - französisch<br />

"toiles indiennes" - ihren Namen. Sie<br />

wurden rasch zu begehrten Produkten für<br />

den Eintausch gegen Sklaven in Afrika.<br />

Das Bemalen von Baumwollstoffen wurde<br />

in Indien seit dem 2. Jahrtausend v. Chr.<br />

entwickelt <strong>und</strong> verlangte sowohl hohe<br />

künstlerische Fertigkeiten als auch ein sehr<br />

spezialisiertes technisches Wissen im Umgang<br />

mit den verwendeten Farben. Portugiesische<br />

Kaufleute führten die Ware als<br />

Alternative zur schweren Seide oder Wolle<br />

<strong>und</strong> zum rauen Leinen in Europa im 17.<br />

Jahrh<strong>und</strong>ert ein. Aufgr<strong>und</strong> von Farbenpracht<br />

<strong>und</strong> Tragkomfort entstand rasch eine<br />

grosse Nachfrage nach Indiennes, so dass<br />

sich bald eine eigene europäische Produktion<br />

entwickelte. Die erste Fabrikationsstätte<br />

eröffneten armenische Kaufleute 1640 in<br />

Marseille. England <strong>und</strong> Holland folgten in<br />

den 1670er Jahren.<br />

Mit der Zeit änderte sich die Herstellungstechnik,<br />

indem anstelle der individuellen<br />

Stoffmalerei auf den billigeren <strong>und</strong> schnelleren<br />

industriellen Stoffdruck umgestellt<br />

wurde. Diese Industrialisierung förderte die<br />

Textilproduktion in Europa <strong>und</strong> machte<br />

die immer beliebteren Indiennes nun auch<br />

für grössere Teile der Bevölkerung erschwinglich.<br />

Indiennes waren Teil eines<br />

globalisierten Handels: Indische Arbeiter<br />

stellten zuerst Massenware für den europäischen<br />

Markt her; europäisches <strong>und</strong> indisches<br />

Stoffdesign vermischten sich; europäische<br />

Produktionsmethoden fassten in In-<br />

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