Fremde Bilder - Stiftung Bildung und Entwicklung
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Völkerschauen: Einführungstext<br />
arabische „Souks“ <strong>und</strong> afrikanische „Krals“<br />
zeigten.<br />
Den kommerziellen Erfolg einer Zurschaustellung<br />
sicherten drei Elemente: die Aktivierung<br />
vorhandener Klischeebilder, die<br />
Berücksichtigung der Lebenswelt des Publikums<br />
<strong>und</strong> die Präsentation von etwas<br />
Neuem. Das Aufrufen bestehender <strong>Bilder</strong><br />
des <strong>Fremde</strong>n schuf den Rahmen, in dem<br />
sich der Besucher bestätigt fühlte, das Gesehene<br />
verarbeiten <strong>und</strong> vorhandene<br />
Fremdheitsmuster verlebendigen konnte.<br />
Die Verknüpfung mit der eigenen Lebenswelt,<br />
etwa durch die Inszenierung des Familienlebens<br />
der Ausgestellten, schuf einen<br />
Spielraum für das populäre Interesse an den<br />
ausgestellten <strong>Fremde</strong>n <strong>und</strong> trug dazu bei,<br />
dass diese als »authentische« <strong>Fremde</strong> wahrgenommen<br />
wurden. Als drittes Element<br />
musste das unerwartet Neue hinzukommen.<br />
Hier wurde entweder etwas Unbekanntes,<br />
Spektakuläres, etwa körperliche<br />
Abnormitäten oder die Einzigartigkeit der<br />
jeweiligen Show, beispielsweise durch den<br />
Hinweis, es handle sich um ein vom Aussterben<br />
bedrohtes Volk, unterstrichen bzw.<br />
inszeniert. Die drei Elemente finden sich in<br />
der Werbung für Zurschaustellungen fremder<br />
Menschen, <strong>und</strong> zwar unabhängig von<br />
der speziellen Strategie einzelner Werbekampagnen,<br />
ganz gleichgültig also, ob die<br />
Wildheit der Ausgestellten, Erotik oder<br />
Spektakuläres in den Vordergr<strong>und</strong> gestellt<br />
wurden. Sie finden sich in Zeitungsberichten<br />
über die Schaustellungen <strong>und</strong> schließlich<br />
auch in der Inszenierung der Ausstellungen.<br />
Der Aktivierung vorhandener Klischeebilder<br />
ist besondere Beachtung zu schenken,<br />
bildet sie doch den Dreh- <strong>und</strong> Angelpunkt<br />
der komplexen Inszenierung. Man kann<br />
geradezu von einem „Stereotypenkreislauf“<br />
sprechen: Bestimmte, bereits im Betrachter<br />
verankerte Klischees von fremden Kulturen<br />
wurden durch die Werbung für die Zur-<br />
schaustellung außereuropäischer Menschen<br />
aktiviert <strong>und</strong> in der Inszenierung derselben<br />
bestätigt. Die Berichte in der zeitgenössischen<br />
Presse zeigen, dass die Zurschaustellungen<br />
auch tatsächlich in dem so vorgegebenen<br />
Rahmen wahrgenommen wurden.<br />
Die Zurschaustellungen schufen keine neuen<br />
<strong>Bilder</strong> vom <strong>Fremde</strong>n, sie waren vielmehr<br />
äußerst wirksame Medien zur Formierung<br />
<strong>und</strong> Verfestigung stereotyper Vorstellungen<br />
über fremde Kulturen.<br />
Ausgestellt wurden „Naturvölker“ wie<br />
„Kulturvölker“, „Hottentotten“ wie „Japanesen“,<br />
es waren Menschen aus Europa,<br />
wie „Lappländer“, <strong>und</strong> von überall sonst<br />
aus der ganzen Welt. Doch wurden nicht<br />
Menschen aller Völker <strong>und</strong> aus allen Ländern<br />
ausgestellt, sondern nur diejenigen,<br />
die bestimmten Kriterien entsprachen. Sie<br />
mussten etwas an sich haben, das sie unverwechselbar<br />
machte, das den Mittelpunkt<br />
der Inszenierung der jeweiligen Schau bilden<br />
konnte, etwas, das pittoresk oder<br />
schauerlich genug war, um eine packende<br />
Inszenierung zu ermöglichen. Niemals<br />
durften die ausgestellten Menschen das<br />
Weltbild der Zuschauer erschüttern oder<br />
ihnen Furcht einjagen. Malerische nordafrikanische<br />
Dörfer, indische Gaukler <strong>und</strong><br />
Tempeltänzerinnen, wilde afrikanische<br />
Krieger, prachtvolle Maharadschas mit ihrem<br />
Gefolge ermöglichten den Zuschauern<br />
einen romantischen Ausflug in eine ferne<br />
Welt, der sie höchstens das eine oder andere<br />
Mal angenehm erschauern ließ. Es waren<br />
gezähmte „Wilde“, die vorgeführt wurden,<br />
sie waren dekorativ, interessant <strong>und</strong> unterhaltsam,<br />
ein Amüsement für wenige St<strong>und</strong>en.<br />
Sie brachten Exotik in den Alltag der<br />
Europäer, genauso wie orientalisch anmutende<br />
Opern- <strong>und</strong> Theateraufführungen,<br />
wie die Palmen, die die Kaffeehäuser<br />
schmückten, <strong>und</strong> die Türken, die dort den<br />
Mokka servierten, genauso wie die erotischen<br />
Figurengruppen in den großstädti-<br />
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